Das deutsche Wesen

 denkt tief, kommt trüb

wieder hoch und hat wichtige Mitteilungen zu machen: Biologie ist keine zweite Physik.

Übersät von feinen Nervenenden gehen wir in die Schule, um  uns über die Richtung zu  wundern: Masse krümmt den Raum und Spannungsschmerz den Menschen. Materie strebt zum Zerfall, der Knochen wächst wieder zusammen. Der Stein bröselt, Leben erhält sich aus Leben. Licht ist pünktlich, Leben braucht seine Zeit.
Physikalisch strebt Ordnung zur Unordnung, um Energie zu erhalten. Biologisch reguliert sich das Chaos zurück zur Homöostase, um Leben zu erhalten. Dazu nehmen wir pausenlos Stoffe auf und geben sie entwertet wieder ab. Das passiert uns mit jedem Sonnenschein, jeder Mahlzeit, jedem Atemzug und in jeder Beziehung, denn nichts beeindruckt uns mehr, als der, mit dem wir es gerade zu tun haben.
Geht es nach den Hirnforschern, bestehen wir, mit unseren ewigen Leiden und kurzen Freuden, den instinktiven Trieben, alten Erinnerungen und neuen Zielen, mit unserem Sinn für die eigene Identität und den Verstand zum freien Willen, unserem Abwehrverhalten bzw. Schwierigkeiten, damit umzugehen, erstaunlicherweise nur aus einem Haufen von Nervenzellen, den dazugehörigen Molekülen und dem leisen Zittern und Zappeln von ganz vielen, kleinen, gebundenen Atomen. Die sind allerdings viel zu schwach, um mit ihren Kollegen da draussen in Wrchselwirkung zu treten.

 

Das wird so sein, aber woher kommt Rückenschmerz? 
Von der Matratze, vom Tragen, von der Bandscheibe, von den Genen, vom Sitzen, vom Gewicht, vom Druck auf Nerven, vom Druck vom Chef, von Stress, von freier Energie, vom Schreck, von Hormonen, von Hemmungen, von Wirbelblockaden, von schwachen Muskeln, von zähen Faszien, von gereizten Bändern, von steriler Entzündung, von fremden Erregern, von Entzündungsaltern, von Arthrose, von Stenose, vom Sauerstoffmangel, von saurem Gewebe, vom Wetter? Von allein? Von wegen,    von nichts kann nichts kommen.

Rückenschmerz ist ein Signal und damit eine Wirkung schlechthin. Einerseits als unangenehmes Gefühl im Gehirn entstanden, andererseits durch einen materiell-energetischen Reiz im neuronalen Netzwerk des ganzen Organismus ausgelöst.
Für uns alle ist es relativ leicht, Muster in Ursache-Wirkung-Beziehungen zu erkennen. Allerdings nur, wenn eine  Ursache zeitnah eine Wirkung erzielt. Aber schon dann, wenn es sich um zeitverzögerte Wirkungen handelt, entdecken wir die wirkliche Ursache schlecht. Werden mehr als drei Ursachen nötig, um eine Wirkung zu entfalten, können wir diese kaum erfassen. Je mehr Ereignisse zusammentreffen müssen, damit etwas anderes geschieht, desto schwerer wird es für uns, die Ursachen festzulegen. Der Grund ist angewandte Statistik: wenn wir wie oben 25 plausible Gründe für den Rückenschmerz haben, dann gibt es auch 25 Möglichkeiten, dass genau einer davon der Auslöser ist. Wenn aber erst das Zusammentreffen von zwei Gründen sich zu dem besonders morgens einsetzenden stechenden Schmerz auswirkt, dann gibt es schon 300 verschiedene Paarungen, die man untersuchen müsste. Bei drei Gründen sind es schon über 3000 anzunehmende Verbindungen, die miteinander korrelieren. Je mehr Eigenschaften möglich sind, desto mehr nimmt die Menge explosionsartig zu.
Für die Wahrscheinlichkeitsrechnung haben wir jetzt Maschinen, die schlauer sind als wir, weil sie besser sortieren, mit statistischen Modellen arbeiten und mit vielen Daten lernen, wie stark Eigenschaften gewichtet werden müssen. Je mehr die Rechner mit Beispielen gefüttert wurden, um so mehr lernen die künstlich intelligenten Programe und umschlingen uns wie Kraken. Dabei sind alle Methoden zunächst darauf angelegt, Mengen zu finden, die sich ähnlich verhalten. Genauer heisst das, solche Ereignisse statistisch zu ermitteln, die häufig gleichzeitig oder zumindest so ähnlich auftreten und damit korrelieren. Die Frage nach der kausalen  Beziehung wird den Speicherchips gar nicht gestellt. Allerdings sind statistische Entscheidungen, die auf Eigenschaften für bestimmte Gruppen, hier Rücken-Patienten, basieren, auf den Einzelfall nicht nachprüfbar. Es kann nur für alle gemeinsam gemessen werden, ob und wie oft ein schädliches oder schmerzhaftes Ereignis eintritt. Bei klar festgelegten Fakten erwarten wir, dass alle Beteiligten und Unbeteiligten zum selben Ergebnis der Ursachen kommen. Bei Werturteilen erwarten wir das gerade nicht. Anerkannt ist durch rechtlichen Beschluß, dass es sich bei ärztlichen Diagnosen  grundsätzlich um Werturteile  handelt. Zwar werden in ärztlichen Befunden regelmäßig auch Tatsachen behauptet, etwa Beobachtungen bestimmter, der Diagnose zugrundeliegender Symptome. Der Schluss, den ein Arzt mit seiner Diagnose aus den vorliegenden Fakten zieht, ist jedoch eine aus seiner fachlichen Erfahrung gewonnene Bewertung und nicht die Behauptung einer Tatsache. Natürlich bleibt auch der Erfahrenste nicht mit seiner Diagnose allein auf dem Thron, weil sie im Einzelfall nicht durch künstiche Intelligenz auf Korrektheit überprüft werden kann. Solche Willkür wird durch den notwendigen Konsens von Experten verhindert, die sich mit dem gleichen Gebiet befassen, mindestens den gleichen Ausbildungsstand vorweisen und untereinander nur begrenzt uneinig sein dürfen.
Das ist schwer zu verstehen, denn wir sind greifbare Ursachen gewohnt, wollen Lösungen haben und nicht Teil des Problems sein. Das Denken in Wahrscheinlichkeiten ist uns nicht in die Wiege gelegt.

 

 

 

 

 

 

 

..... bals geht`s weiter...

.