Wenn es Neues gibt, muss man Anpassungen leisten. Manchmal passt es eben nicht so ganz. Oft entstehen schmerzhafte Fehlfunktionen als Ausdruck vergeblicher Bemühungen. Wirbelblockaden, Gelenksteife, Muskelstarre, Spannungsketten und entzündliche Gewebebarrieren, die sich in Ruhe einfach nicht gut anfühlen, sind unzertrennlich mit reizenden Lebensgeschichten verbunden. Davon gibt es so viele, wie es Augenblicke gibt.
Wenn kein frischer Schaden erkennbar ist, reichen einfache Ursache-Wirkung-Überlegungen nicht aus, um das typische, dumpf bohrende oder hell stechende Gefühl im Arm, Bein oder Kreuz sinnvoll zu erklären. Diese wiederholt aus dem Nichts auftauchende Nervensäge zieht gern um und tut nur so, als ob ein Nerv, ein Gelenk oder ein Organ geschädigt sei. Der Spannungsstau zeigt sein Schmerzgesicht morgens anders als abends, im Liegen mehr als beim Laufen, im Stehen weniger als im Sitzen und im Training anders als in Trance. Man kann nicht wissen, wo es zwischendurch war. Die schlechte örtliche Bestimmung, die starke Tendenz zur Übertragung und das reissende, krampfende oder drückende Temperament ist in Ruhe oft schwer zu ertragen. Gefangen in unserer zentralen Fähigkeit zu Erregung, Hemmung und Erstarrung führt das Muskelskelett gern ein sinnloses Eigenleben.
Sobald es chronisch wird, ist die Frage was man selbst tun oder geschehen lassen muss, mit der Antwort verknüpft, auf welchen Signalwegen Schmerz entsteht, wozu man sich selbst organisiert und weswegen meistens Fehlinformationen zu behandeln sind.
Organismen wie wir können nur dann gesund funktionieren, wenn sie ständig Informationen über den Zustand der Aussenwelt sammeln, mit den inneren Zuständen abgleichen und umgekehrt. Wir Kulturwesen können zudem auf die Umwelt einwirken und sie künstlich erstellen. Sobald sich drinnen oder draussen etwas tut, brauchen wir Mechanismen, welche die Signale entdecken und darauf flexibel und angemessen reflektieren. Tun sie das nicht, wird es knapp mit der Zukunft, meinen theoretisch denkende Biologen.
Besser mehrmals zuviel als einmal zuwenig allergisch oder schreckhaft reagiert, raten praktisch erfahrene Ärzte. Zum Schutz vor bedrohlichen Schäden sei ein wenig Übertreibung zweckmässig. Unsere Spezies ist nicht nur fähig, aus Erfahrung zu lernen, sondern sie kann sich auch Situationen vorstellen, die sie noch nie erlebt haben und sich darauf vorbereiten. Nur wir wissen von Anfang und Ende und das macht Falten.
Fürchtet Euch nicht, beruhigt das päbstliche Oberhaupt topdown und bottom up zugleich, die Gesprächsfront verläuft zwischen Naturwissenschaft und Philosphie, der Glaube bleibt außen vor.
Myofasciale Dysfunktionen sind schwer zu verstehen, denn wir sind Ursachen gewohnt, möchten Lösungen haben und nicht Teil des Problems sein.
Gefühlsbegabt, aufrecht und übersät von feinsten Nerven kommt der Mensch in seiner Geschichte daher. Zwar erwachsen geworden mit Energie gleich Stoff mal Information, aber zeitweise tiefenverspannt, sauer und entzündlich bis zum Kontrollverlust gereizt, " dem Ding da ", der entgleisten Maschine mit seinen Knochen und Gelenken, eine sinnvolle Bedeutung zu geben.
" Nimm' mich mit, ...ich geb' Dir doch die Form! " scheint das Skelett zu bitten. Nicht ganz, sagen Leute von heute, das Knochengerüst kommt und geht als stabiler Teil der Struktur zuletzt. Die Form an sich hat sich längst von den materiellen Eigenschaften emanizipiert: Störungen der Funktion können ohne erkennbare Veränderung der Struktur auftreten. Form folgt ebenso der Funktion.
Allerdings nicht künstlich, gewollt und planvoll geschaffen wie Architektur und in Gestalt von intelligentem Design, dessen Quelle außerhalb, nämlich im Kopf des Konstrukteurs liegt. Ein Kunstwerk ist einfacher zu verstehen, als das was in der Natur, die uns angeblich so nahe geht, von selbst passiert.
Es gibt nichts mechanisch Starres im Leben, das nach festen Regeln funktioniert. Es gibt auch keine feste Grenzlinie, die leblose Gegenstände von lebendigen Organismen trennt. Innerhalb lebendiger Organismen geht es nicht so direkt, zwangsläufig, messgetreu und mathematisch logisch zu. Unsere Wirkungen sind indirekt und wirklich mit Gefühlen verstrickt. Zwischen Menschen und ihren Organen, Geweben, Zellen und deren Molekülen gärt und kriselt es selbsttätig, verschlüsselt und ziemlich nachhaltig. Stets bereit, um wieder " in Form" zu kommen, zum bestmöglichen Überleben und über lange Zeiträume hinweg, komme was da wolle. Unterwegs bleibt niemand der, der er ist. Die natürliche Umwelt ist offen, alles ist möglich, vieles wahrscheinlich, nur wenig bleibt länger bestehen. Mit Umwelt ist nicht das tote Zeugs gemeint, das vor Ort in Massen herumliegt, sondern der Wahrnehmungsbereich zwischen der Horde im Klima da draussen und den empfindlichen Geweben hier drinnen, der uns direkt mit den mannigfaligen Vorgängen und Beweggründen um uns herum vernetzt. In diesem weiten Feld ist Form weniger statisch zu verstehen, sondern eher im Sinn eines dynamischen Prinzips, das ständig zwischen Struktur und Funktion vermittelt.
So organisiert sich alles, was im Lebendigen passiert, durch Informationen von Sinnesreizen und seinen Deutungen. Ständig nehmen wir etwas " in Formen " auf, und geben das entwertet wieder ab. Das passiert uns mit physikalischen Kräften, im biologischen Wandel, im erlebten Gefühl und in sinnvoller Bedeutung. Ob einsam in alle Richtungen irrend oder in der Menge gerichtet und gemeinsam vernetzt, wird das was wir wahrnehmen, tun oder unterlassen auf Zellformationen bestimmt, welche durch Umgebungsreize ausgebildet wurden. In Form von Genen bestimmen Informationen der Zelle ihre mögliche Funktion, während epigenetische Faktoren ihre konkrete Ausprägung beeinflussen. Ein Gen ist also nicht von vorherein, ein Gen wird gebildet.
Allerdings kann auch der gebildetste Mensch die einzelnen Signale nicht sehen, hören, schmecken, riechen oder ertasten. Unsere Sinnesorgane, Signalwege und Transportkanäle sind selbst aus unzähligen Atomen zusammengesetzt und darum viel zu plump, um durch den Aufprall oder Hauch eines Signales merklich beeindruckt zu werden. Diese Signale lösen jedoch biochemische Kaskaden in Zellen aus, welche zu einer Reaktion wie Bewegung, Stoffwechsel oder Zellteilung führen. Jede kleine Änderung des inneren oder äußeren Milieus gilt bereits als Stimulus, wenn diese irgendeine Reizantwort hervorruft. Das sind zweckmässige Verhaltensweisen, um in jeder Sekunde wieder eine gesunde Funktion zu schaffen. Weil so die Aussichten erhöht werden, den eigenen Fortbestand und den unserer Nachkommen zu sichern.
Aus dieser Einsicht findet alles, was Menschen sonst noch so in ihrer Einheit aus Nervenkostüm, Hormonorchester und Immunabwehr mit Selbstbewusstsein betreiben, seine Ausdrucksform im Bewegungssystem. Dort, wo der Zufall stark wirkt und empfindliche Gewebestörungen erscheinen, die von Sinnesleistungen in Gang gesetzt und durch autonome Nerven unterhalten werden. Man muss sich von sich so einiges von sich gefallen lassen.
Das Bild ist bunt und man darf geteilter Meinung darüber sein. Denn Schmerz ist dem Wissen nach eher ein Gefühl, als ein auf Ursache und Wirkung beruhender mechanistischer Vorgang. Dass wir fühlen, denken und empfinden ist nämlich das einzige von uns, was von überragendem Interesse ist. Schliesslich gehen wir zum Arzt, weil uns unerträglich zumute ist und nicht, weil uns ein materiell-energetischer Reiz auf die Nerven geht.
Dort kann man sich drehen und wenden wie man will: nur selten ist der unangenehm raumgreifende Schmerzreiz eindeutig auf eine bildtechnisch erkennbar defekte Struktur wie Bandscheibe, Stenose, Arthose oder Tumor zu reduzieren. Bei mehr als 80 % der Beschwerden am Muskelskelett finden sich einfach keine erkennbaren Auslöser. Obwohl wir mit dem heute jederzeit verfügbaren Arsenal medizinischer Geräte kaum noch jemanden finden, der völlig gesund ist.
Seriöse Studien zeigen, dass etwa die Hälfte der Bevölkerung signifikante Bandscheibenvorfälle und Verschleisserscheinungen an den Wirbelsegmenten zeigen, ohne Rückenschmerz oder andere Symptome zu haben. Schon bei den 30-Jährigen weist jeder Dritte auf Kernspin-Befunden Bandscheibenvorfälle auf, bei den 50-Jährigen sind es bereits 60 % und bei den 80-Jährigen nahezu 90 %. Was in jungen Jahren davon als krank gilt, hat später den Krankheitswert von grauen Haaren: ein funktionierender Umbau, der Altersschäden kompensiert. Die Gefahr, dass harmlose Befunde als ernsthafte Probleme interpretiert werden und zu unnötigen, risikoreichen und teuren Behandlungen führen, die keine nachhaltige Verbesserung der Beschwerden bewirken, ist evident. Es kann nicht gut für uns ausgehen, wenn versucht wird, den alten Zustand wieder herstellen zu wollen. Deshalb weist die Deutsche Gesellschaft für Wirbelsäulenchirurgie ausdrücklich darauf hin, dass 80 % der radiologischen Befunde nichts mit den Symptomen der Patienten zu tun haben. Offenbar hat die starke Tendenz, bildgebende Verfahren als diagnostische Grundlage zu nutzen, dazu geführt, dass diese leicht zugänglichen Verfahren als objektive und endgültige Beurteilung des Problems betrachtet werden.
Um den Nervenzellen bei der Arbeit zuzusehen, müssen Ströme und micrometergenaue Zellstrukturen und deren Funktionen gemessen werden. Die Messung von Nervenströmen erfolgt punktgenau und in Echtzeit mit feinen Elektroden direkt an den Nervenfasern. Neuropathische Schäden können im Verlauf der Nervenfasern damit eingegrenzt werden, die Gewebeschäden nicht.
Zur Suche oder Ausschluss von Schäden, Umbauten oder Neubildungen der Gewebe misst die übliche Kernspintomographie ( MRT ) die Zeit, mit der sich die Kern-Spins, die quantenmechanischen Eigendrehimpulse von Wasserstoff-Atomen, auf ein starkes Magnetfeld ausrichten und mit Radio-Impulsen verstärken lassen. Diese Zeit ist für verschiedene Gewebearten unterschiedlich und die Rechner können somit eine Struktur der Anatomie im Schnitt-Raster abbilden. Alledings nicht seine Funktion, denn dazu braucht es eine Form von lebhafter Bewegung der Stoffe, nicht leblose Energie der Struktur.
Unter Laborbedingungen wird manchmal ein invasives Verfahren benutzt ( PET, Positronen-Emissions-Tomographie ) und wie bei dem Kontrastmittel einer Röntgenaufnahme mit zugeführten Radionukliden die radioaktive Strahlung gemessen. Dabei entstehen zwar sehr genaue Bilder, aber aufgrund der Strahlenbelastung und hohen Kosten ist die Anwendung sehr begrenzt.
Für die Forschung der Gehirnzellen, also dort wo die Empfindungen stattfinden und Schmerzreize in das Bewusstsein eintauchen, ist eine Variante des MRT nützlich. Mit dem funktionellen MRT wird in Echtzeit der Blutfluss in den bestimmten Hirnarealen gemessen und bildet damit die Hirnfunktionen ab. Wie im PET wird sichtbar, wie stark die Gehirnzellen mit Sauerstoff versorgt werden. Es misst jedoch nicht die neuronale Aktivität selbst, sondern bestimmt, welche Hirnareale bei Schmerzreizen besonders viel Sauerstoff verbrauchen.
Obwohl beide MRT-Techniken im Detail vertvolle Hinweise liefern können, sind sie nicht in der Lage, die spezifischen Signalwege der Propriozeption, also der Stellung im Raum oder der Nozizeption, also der Schmerzentstehung in peripheren Geweben und chronisch anfälligen Weiterleitung über das Rückenmark bis zur Schmerzverarbeitung im Gehirn, direkt abzubilden.
Doch im Dschungel der Interpretationen gibt es eine Spur:
Um in der täglichen Praxis hinreichend von gleichartigen Eindrücken zu reden, braucht es den richtigen Augenblick. Zwei Denkrichtungen zeigen den Weg: die bottom up Wahrnehmung geht vom kleinen Detail aufwärts zum großen Ganzen und erlaubt uns von Geburt an, Schlüsselelemente und drohende Gefahren aus der Umwelt zu filtern. Nervenzellen im Gehirn ergänzen die unvollständigen Informationen aus der Umwelt, zum einen mit den ererbten Basisgefühlen und zum anderen mit den erworbenen Erfahrungen, zu einem Bild des Geschehens im Muskelskelett, das in die Wirklichkeit passt und bottom up Merkmale ergeben, wie
- Veränderungen in der elastischen Struktur der Muskelfaszien
- Mikroverletzungen in Muskelfasern und Fasziengewebe mit lokaler Azidose
- Störungen in der muskulären Kontrolle von Hemmung und Erregung einzelner Wirbelsegmente
- Örtliche feingewebliche Entzündungen und ihre zirkuläre Auswirkung auf weitere Noziception
Die Top down Wahrnehmung dagegen greift von oben herab tief in den Topf der Vorerfahrungen und holt zielsicher, augenblicklich, auf einen Schlag und aufmerksam all das bisher Erlernte, vielleicht Verdrängte, manch Gutes, aber vorsorglich mehr Böses, heraus und stellt damit ein zwar übertriebenes, aber persönlich produziertes Kopffilmchen her. So entstehen bei unterschiedlichen Menschen in unterschiedlichen Situationen auch unterschiedliche Bedeutungen des gleichen Sachverhalts.
Die Top down Betrachtung berücksichtigt
- Stress und psychische Belastungen als Auslöser für Muskelverspannungen
- Bewegungsmangel und sitzende Tätigkeiten für mangelnde Ausdauerleistung der Muskeln
- Ernährungsgewohnheiten und der Einfluss von Zucker auf das Entzündungsverhalten im Gewebe
- Schlafqualität und ihre Auswirkungen auf Regeneration und Schmerzwahrnehmung
Das Augenlicht ist bereits bis zum Sternenstaub hin materiell-energetisch erklärt, der Augenblick noch nicht. Zwar können wir mit den Augen sehen, aber nicht mit dem Gehirn denken. Ohne Bewusstsein kein Augenblick. Das, was wir fühlen, denken und empfinden, passiert im Geist. Erst mit der Bildung des Menschen, seinem " Ich " mit seinem Mitwissen von Freuden, Leiden, Erinnerungen, Wünschen und Zielen, entstand das schwierige Problem, wie Bewusstsein aus Materie hervorgeht.
Die Physik legt vor und die Biologie verhält sich danach. Wenn beim Urknall durch Zufall oder Notwendigkeit nicht nur die Funktion sich selbst organisierender Wesen schon vorhanden war, sondern auch die Idee des menschlichen Bewusstseins als Möglichkeit schon drin, dann bleibt es im System der Wissenschaften, die Ebenen jeweils zu lokalisieren und dort die passenden Worte für die Dynamik der Form zu erfinden.
- In aller Welt lernen bereits die Schüler, dass der Urknall vor 13, 7 Milliarden Jahren physikalisch die Grundbausteine des Weltalls hervorbrachte. In einem unfassbar heißen und dichten Milieu entstehen Raum, Zeit und Materie. Aus den grundlegenden Teilchen, wie Quarks und Elektronen, entstanden die ersten Atome Wasserstoff und Helium. Weitere Grundbausteine entstanden zum periodischen System der chemischen Elemente und mit physikalischen Vorgängen bildeten sich unzählige Sterne und Planeten. Woraus mit der Zeit Umgebungen entstanden, die Leben ermöglichten, in welcher Form auch immer. Diese kalte Heimat da draußen besteht aus Atomen, Molekülen, elektromagnetischen Wellen, mechanischen Schwingungen und Gewichten. Wir haben davon künstlich ein Standardmodell erdacht, wobei bestimmte Phänomene wie Licht oder Elektronen sowohl uns als Teilchen, als auch in Wellenform erscheinen. Diese Eigenschaften schließen sich gegenseitig aus, sind jedoch beide notwendig. Hab ich das eine, kann ich zwar das andere nicht haben, aber beide Sichtweisen ergänzen sich zu der umfassenden Beschreibung der physikalischen Tatsachen.
- Biologisch betrachtet bildeten sich vor ca. 4 Milliarden Jahren auf der Erde unter bestimmten Bedingungen die ersten chemischen Verbindungen, die sich selbst eine Kopie von sich herstellen können, was als Urform des Lebens angenommen wird. Nach und nach entstanden einfache Organismen wie Bakterien, Weitere Millarden Jahre brauchte es, bis sich komplexere Lebewesen entwickelten, wie Pflanzen, Tiere und schließlich die ersten Vorfahren des Menschen.
Damit hat die Biologie erklärt, wie sich aus einfachen chemischen Molekülen auf Gedeih und Verderb hin komplexes Leben entwickelt hat. Die Zelle wurde als das Atom der lebhaften Natur bezeichnet, denn es gibt kein selbstständiges Leben unterhalb der Zellebene. Chemische Reaktionen sind ihr Ausdruck von Lebensäußerung. Die Gesamtheit der ungeheuren Zahl von chemischen Reaktionen bezeichnen wir nun als Stoffwechsel mit molekularem Dogma.
Es war Zufall und Notwendigkeit welche einen völlig ungerichteten Prozess einleitete, der in unfassbar grosse Zeiträume eingebettet ist und bestimmte, wie die Evolution durch Mutation und natürliche Selektion neue Arten hervorbringt. An uns kann man ablesen, was unsere Ahnen durchgemacht haben. Denn alles Lebendige entsteht wieder aus Lebendigen. Die DNA der Gene funktioniert wie ein riesiges Buch mit Bauplänen und Anleitungen für alles, was in einem Lebewesen passiert. Ohne diese Informationen wüssten unsere Zellen nicht, wie sie wachsen, sich teilen oder arbeiten sollen. Genau diese präzise Weitergabe sichert die Kontinuität des Lebens. Trotzdem sind Gene nicht, Gene werden. Ohne die Fähigkeit, die eigene Konstruktion nach inneren Regeln anzupassen und auf äußere Stressoren kreativ zu reagieren, wäre das Projekt Leben wohl schon vor langer Zeit gescheitert. Trotzdem empfindet der moderne Mensch keine Atome, Moleküle, Schwingungen; Druck oder Gärungen, sondern Töne, Farben, Gerüche und Gefühle aller Schattierungen, die so in der objektiven Welt nicht existieren. Es braucht neugierige Gedanken, welche die Beziehungen zwischen messbaren Reizen und unseren Empfindungen und Wahrnehmungen interpretieren.
- Mit der Entstehung des homo sapiens vor ca. 200 000 Jahren beginnt auf der Erde eine neue Phase: unsere Vorfahren entwickelten ein immer höheres Bewusstsein. Das Mentale bezieht sich auf die Fähigkeit des Menschen, sich selbst und andere aufzuklären, künstliche Bauwerke zu planen, logische Intelligenz zu erschaffen und immer dran denken, aber nie drüber reden, wenn man etwas wirklich will. Man nennt das Psychologie.
Zur Aufklärung der Frage, was man selbst tun könne, unterdrückte der vernünftige Mensch seine Gefühle, um stets seine Handlungen nach eigenem Nutzen zu maximieren und den Aufwand zu minimieren. In der Funktion als homo oeconomicus schuf er sich umgehend harte Fakten wie Werkzeuge und Waffen, nahm Pferd und Rad, druckte Bücher und schrieb mit Tinte, hob Hammer und Sichel, probierte Dynamit und Erdöl, bewegte Autos und Bilder, erzeugte Pillen und Prothesen und bastelt jetzt an Sensoren und Genen, um seine Umwelt wie gefühlt zu ertasten und bei Bedarf zu ersetzen. Man nennt das Wissenschaft, Kultur und Fortschritt. Grund genug sich darüber aufzuregen und nachzudenken, ob das manchmal nicht zuviel des Mentalen ist. Der Funktionär im homo oecologicus besinnt sich dagegen auf die offene Welt der Natur, beachtet nicht nur den stetigen Austausch von Energien und Stoffen mit der Umgebung über natürliche Grenzen hinweg, sondern auch die durchgängige Informationen auf allen Strukturebenen, von den Personen zu den Organen, Geweben, Zellen bis zu den Molekülen. Er entnimmt der Erde nur soviel, wie auch in seiner Lebenszeit nachwachsen kann. Mit gemischten Gefühlen, denn in seiner Lebensspanne sind dreimal mehr Menschen auf der Erde nachgewachsen, auf nunmehr 8,16 Milliarden Leute von heute. Wenn die Gefühle nicht so eine immens bedeutsame Rolle für unser Überleben spielten, hätte sich die Evolution sich dieses lästigen Aufwandes schon längst entledigt, sagen alte weise Männer. Wahrheit gibt es nur zu Zweien, schrieb die kluge Frau ihrem Mann, nicht als isoliertes Konzept, sondern in tiefem Dialog mit einem selbstähnlichen Gegenüber.
- Wirklichkeit ist nicht identisch mit Wahrheit, sondern das, was man gerade denkt. Neugierige Menschen begannen vor über 50 000 Jahren über das Leben selbst nachzudenken: woher kommt das unangenehme Gefühl, was soll der Schmerz und wohin soll ich damit gehen? Daraus entstanden Mythen, Religionen und Philosophien mit Handlungsanweisungen aller Art und Güte: Gebote, Verfassungen, Leitlinien und andere Felder mit Sinn und Verstand. Heutzuge denken Forscher des Geistes berufsmäßig darüber nach, wie es entsteht wenn etwas ist wie es ist, also wie es sich anfühlt, betroffen zu sein und Rückenschmerz ohne Bandscheibe zu haben.
Diese Reihenfolge zeigt, wie alles mit Physik begann, sich durch die Biologie entwickelte und schließlich in den geistigen Bereich des Menschen führte. Alle Ebenen bauen aufeinander auf, aber jede bringt eine neue, eigene Dimension ins Spiel. Bis zu der ganz großen Dimension, mit der sich die neugierigen Leute von heute intensiv beschäftigen. Unklar ist, in welcher Dimension der Mensch bewusst über sich hinaus wachsen kann.
Das Funktionieren eines Organismus verlangt also exakte physikalische und chemische Gesetze, denn ein menschlicher Körper muss im Laufe der Zeit einen sehr hohen Organisationsgrad entwickelt haben, wenn aus enorm verdichteten Gehirnzellen Denkvermögen folgen soll, auch wenn wir weder Ort noch Bewegung beim Eintauchen in die Welt des Denkens und Fühlens kennen. Es hat nämlich noch nie jemand gesehen, wie ein physikalischer Impuls als chemischer Botenstoff verkleidet in das Seelenleben hüpft und von dort wieder zurückspringt. Wir haben jedoch in Experimenten schon genau gesehen, dass physikalische Gesetze nur in einer außerordentlich großen Zahl von atomaren Teilchen beginnen, als statistische Gesetze zu funktionieren und das Verhalten wie von selbst einigermassen genau lenken. Weil einzelne Atome ständig eine ungeordnete Wärmebewegung ausführen, kann sich keine zwangsläufige Ordnung formen. Die wirkliche Ordnung und Genauigkeit beruht auf der großen Anzahl der beteiligten Atome.
Im Kern betrachtet ist das Körperbild allerdings unbestimmt. Je genauer wir den Ort eines Teilchens im Raum festlegen, desto ungenauer wird die gemessene Zeit, mit der es dahinrast. Diese kleine, aber feine Beobachtung weist nicht auf einen technischen Mangel hin, sondern auf ein fundamentales Naturprinzip, dessen formale Beschreibung in 2025 nun 100 Jahre alt wird. Das bedeutet, dass selbst einfache Teilchen sich nicht wie kleine Maschinenteile verhalten, die nach vorhersagbaren Regeln funktionieren. In der klassischen Maschine war der Beobachter unbeteiligt, nun wissen wir, dass die Beobachtung selbst das beobachtete Objekt verändert. Im Großen und Ganzen sind Masse, Energie und Zeit relativ und hängen in der Beschreibung davon ab, wie sich der Beobachter in Bezug dazu bewegt. Um Masse und Energie im kleinsten Detail überhaupt wahrzunehmen, wird in jedem Messvorgang wieder Energie in Form von Licht auf die Teilchen geworfen, was dort weitere Teilchen anregt und den Zustand verändert, auch wenn es sich nur um unmerkliche Quantensprünge handelt. Die Eigenschaften werden also in der Theorie durch die Beobachtung bestimmt. Zudem können die kleinsten Einheiten der Materie sogar über beliebige Entfernungen irgendwie miteinander verschränkt sein. In einer Maschine gibt es so eine spukhafte Fernwirkung nicht. In jedem Apparat wirkt ein Teilchen nur lokal und zeigt keinerlei Vernetzung der Realität.
Nur im mathematischen Sinn betrachten wir das, was wir von draussen am Körper wissen als objektiv. Das, was wir darin denken sei subjektiv. Diese Trennung ist antik und wurde eingeführt durch die griechische Denkschule mit Aristoteles, der glaubte, die körperliche Welt sei das Wesen der Dinge und Alltagserfahrungen sind praktisch nach Kategorien und Begriffen zu sortieren. Sein Lehrer Platon war dagegen überzeugt, dass sich die Wirklichkeit in einer Gedankenwelt aus Ideen befindet und das, was wir mit unseren Sinnen erfahren, aus der Form erklärbar sei. Der Geist sei unsterblich und existiere getrennt vom vergänglichen Körper. Nachdem die Akropolis in Trümmern lag, wurde die duale Betrachtung vom französischen Mathematiker und Lebemann Descartes neu aufgelegt, der Körper und Geist einfach als zwei getrennte Substanzen bezeichnete, um seine Methode zur Aufklärung zu etablieren. Welche besagt, dass in der materiellen Welt gefälligst der Vorgang hinter dem Vorgang solange zu suchen sei, wie es angeht. Das Problem der Wechselwirkung zwischen materiellem Körper und immateriellen Geist prägte die Wissenschaft jahrhundertelang wie ein unsichtbares Korsett. In der Kritik der reinen Vernunft betonte Kant daraufhin, dass wir die Dinge nicht " an sich " erkennen können, sondern nur so, wie sie uns durch unsere Sinneswahrnehmungen erscheinen. In dieser Sichtweise sind Körper und Geist in der menschlichen Erfahrung untrennbar verbunden. Für alle westlichen Schüler war die Welt der Körper trotzdem ausgedehnt und messbar, demgegenüber blieb die Gedankenwelt in Innenansichten verlagert. Diese doppelte Weltsicht trennte wunderbar das Subjekt vom Objekt, die Qualität von Quantität, das Gefühl von Vernunft und die Freiheit vom Vorherbestimmten. Diese Kultur der Pole hat den medizinischen Fortschrift erst ermöglicht. Sie isolierte die Phänomene und entzauberte die Welt von Feen, Geistern, Seelen, Göttern, nackt oder in weiß, und leider allem, was Leben besitzt. Noch heute überweist der Orthopäde zum Psychologen, wenn er meint, das Problem liegt nicht an der Bandscheibe, sondern am Stress, den der Körper mit seinem Inhaber hat.
Diese Praxis leidet vielleicht nicht an Erkenntnis, sondern eher an Leitlinien und am Leistungskatalog, wenn unangenehme Gefühle, Stimmungen und unerträgliche Situationen, die wir nicht selbst hervorrufen, die uns am eigenen Leibe widerfahren, denen wir ausgeliefert sind und die einen bedeutenden Einfluss nehmen und die weder gebührend Raum noch Zeit erhielten. Obwohl uns nichts mehr beeindruckt, als der, mit dem wir es gerade zu tun haben und mit dem wir offenbar etwas teilen.
Erst als die Teilungsmethode letztendlich beim kleinsten Licht-Teilchen, dem Atom, dem Unteilbaren, angekommen war, wurde den Physikern noch vor allen anderen Forschern klar: Beobachter und Beobachtetes sind untrennbar und die strikte Trennung von Körper und Geist ist künstlich. Wir brauchen uns in Wirklichkeit der objektiven Körperwelt nicht unterwerfen ( = subjacere ), weil es den Körper vollständig isoliert gar nicht gibt. Alle Weltbilder seien falsch, wenn sie unterstellen, dass es einen Körper gibt, auf den wir von aussen blicken können. Es gibt bekanntlich keinen Blick von nirgendwo, genauso wie es in der Physik keinen Äther gibt. Unsere Erfahrung ist stets gleichzeitig körperlich und geistig, allerdings nicht von Anfang an, sondern mit der Zeit geformt. Wir schauen immer wieder neu auf den wirklichen Körper aus einem Augenblick heraus. Wenn wir Rückenschmerz spüren, ist das unerträglich Erlebte in jedem Moment sowohl körperlich als auch mental, aber zum Zeitpunkt t2 anders als zum Zeitpunkt t1. Die Trennung geschieht erst später, in unserem Denken darüber. Wir haben also nur Denkschwierigkeiten, diese Einheit in Worte zu fassen. Vielleicht sollen wir das gar nicht trennen, sondern diese Wechselwirkung zum Ausgangspunkt unserer Sinne und Gedanken machen.
Das ist die gute Nachricht für Dichter, Denker und Schamanen. Die neue Realität des lebendigen Körpers, in dem wir leben, zeige sich all denen, die Gefühle beschreiben können, als ein unendlicher Übergang von Schicht zu Schicht, vom Entstehen und Vergehen, von Gedeih und Verderb. Oder als gedankliche Orientierung von einem Bereich zum nächsten, von einem Sinnfeld zum anderen. Denn jeder Beobachter ist in einer Perspektive verortet und gibt uns dadurch einen anderen Sinn. Entscheidend für ein endgültiges Urteil sei, in welchem Bereich der Sinne wir uns befinden. Ohne diese Frage nach dem Sinnfeld, aus der wir den Körper betrachten, sei das Menschsein nicht denkbar, denn wir sind keine gedankenlos fressenden Tiere und Nutzen berechnende Wesen, die sich in der Weite sinnlos zwischen seinesgleichen verlieren. Wir bewegen uns stets im Geist, denn wir wissen vom Anfang und Ende und das macht Falten. Kaum hören wir auf, darüber zu denken, entschwindet alle Bedeutung und das macht keinen Sinn. Wirklichkeit ist etwas anderes als Wahrheit. Zur Wirklichkeit hätten wir nach neu-realistischer Auffassung nur einen indirekten Zugang über den Geist: ein Bild vielleicht, eine vage Vorstellung, ein kurzer Gedanke, ein vergangener Augenblick, der hartnäckig im Gedächtnis blieb. Deswegen ist die Wirklichkeit das, was man gerade denkt.
Im Sinn der klassischen Physik und in unserem Alltagsbild haben wir dagegen die Wirklichkeit zwangsläufig vor Augen, die Information darüber leiten wir daraus ab. Aber wahrscheinlicher ist es umgekehrt: alles was wir erkennen, ist die Information aus unseren Sinneseindrücken. Die Wirklichkeit kommt danach. Sogar das kleinste Teilchen ist in Wirklichkeit nur eine Idee: es kann nur ein einziges bit an Information tragen: ja oder nein, gemessen oder nicht. Geht es nach den Physikern, entspricht das elementarste System nicht mehr dem kleinsten Teil, sondern einem Bit an Information. Etwas Geistiges demnach und schnell weg wie die Zeit.
Das Zeitintervall, in dem sichtbares Licht durch die Augenzellen in elektrische Signale umgewandelt und im Gehirn hinten verarbeitet werden, ist heute physikalisch und chemisch gut erklärt. Wohingegen jedes reizende Erlebnis messbare Grenzen bewusst überschreitet. Hier und jetzt gegenwärtig am eigenen Leibe widerfahren, ist der Augenblick nicht nur ein winziger Moment in der Zeit, der einfach entsteht und vergeht, sondern eine Verdichtung, die den Reichtum vielschichtiger Information gefühlt auf einen Punkt geballter Energie bringt, wo Ursache und Wirkung fast zeitgleich zusammenfallen. Während das Intervall wiederholt getaktet wird, kommt es im entscheidenden Moment darauf an, was uns plötzlich und einmalig wahr erscheint. Im Augenblick eines spontanen, einschießenden Schmerzgefühls im Rücken kommt es für die weitere Schmerzverarbeitung nicht entscheidend darauf an, wie wir diese Zeiteinheit wahrnehmen, vielmehr ob der kurze Moment unwillkürlich oder unbewusst ist:
Unbewusst ist das Schmerzerlebnis, wenn es spontan einschießt, jedoch eine tiefere, verborgene Ursache hat, die nicht direkt mit der aktuellen Situation zusammenhängt. Dieser Schmerz kann Ausdruck von verdrängten oder verzerrten früheren eindrucksvollen Erlebnissen sein. Das schließt andere Personen aus und bezieht sich nur auf das Ich, die sog. 1. Person.
Unwillkürlich ist das Schmerzerlebnis, wenn es ebenfalls plötzlich, intensiv und direkt in den Körper einfährt, ohne dass es bewusst herbeigeführt wird. Es gibt allerdings keine tiefere Bedeutung oder bekannte Ursache. Es überkommt uns einfach als ein Teil der aktuellen gegenwärtigen Situation, beim Gehen, Sitzen, Stehen, Liegen oder bei einer ungünstigen banalen Alltagsbelastung dazwischen. Dieser Schmerz wird sofort erlebt und ergreift uns vollständig. Er gehört zum Hier und Jetzt und ist manchmal mehr als eine körperliche Empfindung, sondern durchzieht uns ganz als lebendiges Wesen. Auch andere, dritte Personen können diese Erlebnisse haben, vielleicht nach einem lauten Knall oder miterlebtem schrecklichem Ereignis.
Wird dieses Ich-Hier-Jetzt-Gefühl nicht recht kontrolliert, weil es uns tief berührt oder angeht, aber nicht verstanden wird, kann es verdrängt oder ignoriert werden, weil es eben unangenehm oder unerträglich ist.
Das kann einmal dazu führen, dass es ins Unbewusste wandert. Zum anderen könnte der Körper sich den Schmerz " merken " und auf Schutzreaktionen umstellen, was zu neuroplastischen Veränderungen führt. Diese Schmerzspur auf den Nervenbahnen kann die Schmerzempfindlichkeit erhöhen, indem Gehirnzellen im Verbund lernen, die Schmerzsignale schneller und intensiver wahrzunehmen und den Schmerz chronisch werden lassen. Bindegewebe, welches die Muskeln umgibt, können durch wiederholte Schmerzen oder Schonstellungen der Wirbelsegmente verspannen und verkleben, was zirkulär wieder zu spontanen Schmerzmomenten führen kann.
Das Verständnis von emotionaler Verarbeitung, die Rolle der Faszien, die versteckte Quelle des Bewusstseins und die umfassende Bedeutung der Plastizität ist von enormer Bedeutung, damit Schmerzreize, auch ohne offensichtliche Auslöser, von uns Selbst kontrolliert werden können, damit sich wieder ein gutes Gefühl einstellt.
Wer Lebendiges beurteilen will, muss sich also am Lebendigen beteiligen. Für uns geht morgens die Sonne auf und abends wieder unter, obwohl wir genau wissen, dass sich die Erde um die Sonne dreht und nicht umgekehrt. Bezogen auf Rückenschmerz unterscheiden Fachleute zwischen der messbar defekten Struktur von Gelenken, Muskeln oder Nerven und einer gestörten Funktion, die eher mit nachlässiger Benutzung, einer Überdosis Alltagserleben oder flacher Immunabwehr verbunden ist.
Bisher kann niemand sinnfrei in andere Leute hineinsehen, sondern nur Symptome, Sätze und die Situation mit eigenen Sinnen deuten. Es gibt bekanntlich keinen Blick von nirgendwo und es ist nicht alles gleich, bloß weil uns etwas zeitgleich erscheint.
Oft sieht man die Zelle vor lauter Molekülen, die Organe vor lauter Zellen und den Menschen vor lauter Organen nicht. Falls wir wirklich alles über jedes einzelne Molekül in der Nervenzelle wüssten, können wir nicht einfach erklären, wie eine Nervenzelle funktioniert. Ob sie schwingen, rotieren oder oszillieren, am Tanz ihrer Moleküle kann niemand ablesen, in welcher Form die Zellen verbunden werden. Zellen flüstern untereinander in eier geheimen Sprache. Sie organisieren sich, wenn es sein muss, spontan ohne zentrale Steuerung. Das Funktionieren eines Organs ergibt sich aus dem Zusammenspiel seiner Zellen, nicht aus deren Einzelverhalten. Manche sind stark im Netzwerk verknüpft, oft nahe am Kipppunkt zwischen Ordnung und Chaos, andere nur lose verbunden. Diese Signalwege sind nicht prinzipiell unverständlich. Molekulare Schalter, elektrische Signale, mechanische Kräfte und chemische Gradienten, die Anweisungen für Wundheilung, Entzündungen und Hemmungen erhalten, erteilen und weitergeben, sind bereits schrittweise entschlüsselt.
Die Vielfalt der energetischen Prozesse im Wechselspiel mit äusseren Reizen und Umweltbedingungen sind längst akzeptiert und als eine komplexe Funktion zu verstehen, welche den Organismus verfeinert mit seiner Umwelt anpasst. Das Ganze hat biologisches System: lebendige Organismen können nur dann effektiv als organisierte Systeme funktionieren, wenn sie ständig Informationen über ihre Außenwelt und ihre inneren Zustände sammeln. Auf jeder Ebene nehmen wir Informationen aus der Umwelt auf und geben sie bewertet zum Handeln wieder ab. Mit Umwelt ist nicht das Zeugs gemeint, das draußen in Massen tot herumliegt. Sondern der sensible Wahrnehmungsbereich zwischen unserer Horde da draussen und dem empfindlichen Gewebe hier drinnen. Wenn uns in diesem Raum der Sinnesreize etwas wandelt, brauchen wir Fühler, mit denen wir die Veränderungen entdecken und Mechanismen, die darauf reagieren können. Der Begriff der Information dient als semantische Brücke für das, was uns sowohl von Organen, Geweben, Zellen und deren Moleküle, als auch durch menschliche Erfahrungen, Bedeutungen und kulturelle Eigenarten der Leute in Reichweite um uns herum widerfährt. Und uns als biologischer Ursprung menschlicher Kultur nicht nur selbst betrifft, sondern auch spürbar betroffen macht. Der wesentliche Unterschied zur Maschine ist also die Bedeutung von Information. Vor diesem Begriff ist die Physik auf der Flucht.
Das tiefe Verständnis der Entstehung von schmerzbedingten Schutzreaktionen ( noziceptive Dysfunktion ), der feingeweblichen Entzündung ( nocigene Inflammation ) und der zentralnervösen Schmerzverarbeitung ( noziplastische Sensitivierung ) hat Diagnose und Therapie von muskuloskelettalen Beschwerden enorm verändert. Auch die Vielfalt der energetischen Prozesse im Wechselspiel mit äusseren Reizen und Umweltbedingungen sind akzeptiert und als eine komplexe Funktion zu verstehen, welche den Organismus mit seiner Umwelt, mehr oder weniger bewusst, verfeinert anpasst.
Aus dieser Einsicht findet alles, was Menschen sonst noch so in ihrer Einheit aus Nervenkostüm, Hormonorchester und Immunabwehr mit Selbstbewusstsein betreiben, seine Ausdrucksform im Muskelskelett. Dort, wo das Umfeld stark wirkt und entzündliche Gewebestörungen erscheinen, die von Schutzmechanismen in Gang gesetzt und durch autonome Nerven unterhalten werden. Man muss sich von sich so einiges von sich gefallen lassen.
Aber auch von anderen. Seit je ist es Brauchtum der Funktionäre, Leitlinien zu erfinden. Funktionsstörungen als diagnostisch krankhaft und symptomatisch klar abgrenzbare Einheit ( Entität ) zu erklären, ist nicht einfach. Aber funktionell sind Störungen immer dann, wenn sie räumlich nicht Ausdruck einer Schädigung von Gelenken, Segmenten, Organen, Muskeln oder Nerven, aber zeitlich irgendwo auf dem Weg dahin sind.
Der Begriff „ myofasciale Dysfunktion „ wurde von den Fachgesellschaften, welche sich mit den Beschwerden am Muskelskelett befassen ( Neurologen, Chirurgen, Orthopäden, Rheumatologen, Psychologen ), nun in den Leitlinien zur Behandlung spezifischer sowie unspezifischer Beschwerden an der Wirbelsäule eingeführt (www.register.awmf.org ), nachdem dort schon strukturelle Defekte, wie neurologische Nervenschäden, degenerative Gelenkschäden, verengende Wirbelsegment-Schäden, rheumatische Immunschäden und angeborene Fehlstellungen mit den jeweiligen Therapieoptionen rezeptiert wurden.
Und nachdem die amerikanische osteopathische Medizin die schmerzhaften Funktionsstörungen am Muskelskelett bereits traditionell als „somatic dysfunktion“ bezeichnet hatten, wenn kein Schaden erkennbar, aber das Gewebe fühlbar empfindlich, asymmetrisch verzogen, restrikt und entzündlich verändert erschien.
Und es auch hierzulande langsam dämmerte, dass die bindegewebigen Hüllen der Muskeln und Organe kein träges Gewebe, sondern das körpereigene Fasziennetz wahrscheinlich unser reichhaltigstes Sinnesorgan mit mehreren hundert Millionen feinster Nervenenden ist.
Und spürbar mit dem vegetativen Nervensystem und dessen Regulation von Muskelspannung und Blutstrom sowie mit dem Immunsystem und der Dosierung von Entzündungsreaktionen, im unentwegten Austausch von Informationen über den Zustand des Milieus steht.
Und weil die Idee, dass nicht nur das Gehirn, sondern auch der gesamte Organismus sich bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit umformen, im Einklang steht mit dem Konzept von Homöostase, Plastizität und Resilienz. Womit unser Vermögen, das innere Gleichgewicht trotz wechselnder äusserer Bedingungen aufrecht zu erhalten sowie die Fähigkeit, aus Erfahrung zu lernen und Muster zu speichern, gemeint ist.
Lautlos, zudem mit beiden Armen des vegetativen Nervensystems gut vernetzt, versucht der gesamte Organismus ständig, Störungen im Fliessgleichgewicht seiner Funktionen durch gegenläufige Reaktionen und Zusammenspiel vieler Faktoren, bestmöglich auszugleichen ( Homöostase ). Auch nervöse Netzwerke, die schädliche Reize verschalten, lernen schnell und speichern Muster, um stets bereit für ähnliche Situationen in einem veränderten Umfeld zu sein ( Plastizität ). Dass Verletzungen, Krankheiten und andere empfindlichen Störungen abprallen oder sich erholen können, weil Körpersysteme darauf ausgelegt sind, sich selbsttätig zu regulieren und in einen stabilen Zustand zurückzukehren, nennt man Resilienz.
Im Zuge der Forschung, was uns gesund und wiederstandsfähiger macht, was uns von Blessuren und anderen Gemeinheiten wieder erholen lässt, gehört die innere Überzeugung, dass die Welt nicht chaotisch ist. Wir können das, wir schaffen das und stehen einmal mehr auf, als wir hinfallen. Das Leben mit seinen alltäglichen Ereignissen und instinktiven Trieben ist durchaus zu begreifen, Wir habem tief sitzende Fähigkeiten, um mit den Schwierigkeiten daraus umzugehen und es macht Sinn, sich immer wieder anzustrengen und das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen. Daraus entsteht ein Gefühl, dass uns hilft, Krisen besser zu bewältigen und aufkommender Stress wird an uns abprallen. Dieses Kohärenzgefühl ist weniger eine kurzfristiger emotionaler Ausbruch von starken Gefühlen wie Freude, Angst, Wut oder Panik, sondern ein überdauerndes Grundgefühl, das mit unserer Sicht auf die Welt, uns selbst unserem Muskelskelett zur Fortbewegung zusammenhängt. Es ist eng mit Gefühlen wie Vertrauen, Zuversicht und innerer Sicherheit verwandt, wirkt aber langfristiger und ergibt sich aus Erfahrungen, die wir unterwegs gemacht haben.
Nichts ist praktischer als eine gute Theorie. Die Orientierung von Gefühlen zur Medizin ist eine philosophische Aufgabe. Die medizinische Sichtweise beruft sich vor allem auf objektive Tatsachen und interessiert sich meistens nur für die physiologischen Grundlagen von Krankheitsbildern. Der angehende Arzt soll gefälligst sein Physikum bestehen, bei seinen Organen bleiben und sich nicht in Gedanken verlieren. Gefühle, dass etwas passt oder stimmig ist, sind nach bisher herrschender Auffassung nicht der Fall, weil sie sich nicht in Sprache ausdrücken lassen, damit unsagbar sind und sich nicht vernünftig in ganze Sätze auflisten lassen. Unsere grundlegenden Formen der Anschauung, in denen wir alles wahrnehmen, ist nach wie vor der Raum und die Zeit. Wir denken, wir könnten die Sachverhalte, die Dinge in unserer Welt nicht so erkennen, wie sie an sich sind. Sondern nur so, wie sie uns durch unsere eigenen Erkenntnisstrukturen erscheinen. Dazu müssen wir uns unseres Verstandes bedienen. Das bedeutet, die Welt, wie wir sie erleben, wird maßgeblich durch unsere verstandesmäßige, vernünftige Ordnung geprägt. Gefühle haben da wenig Raum und keine Zeit. Verloren geht dadurch die Aufmerksamkeit für das Erleben, nämlich für all das, was uns nicht nur am eigenen Leibe betrifft, sondern betroffen macht und damit tatsächlich der medizinische Fall ist.
Biologie keine zweite Physik, denn Physik ist pünktlich, Biologie braucht ihre Zeit. Gene sind nicht, Gene werden. Die Welt an sich ist kein geschlossenes , verständlich geordnetes System, sondern ein nicht abschliessendes Gedeihen und Kombinieren von neuen Ereignissen und neue Erfahrungen, die wieder Sinn machen und sich für uns selbst als stimmig und bedeutsam anfühlen.
Moderne Ansätze berücksichtigen den Bobachter und das Feld, in dem ihm des Ereignis sinnvoll erscheint und gar nicht bemerkt wie das Beobachtete sich damit verändert. Dabei exisiert der Körper mit seinem entgleisten Muskelskelett tatsächlich, denn er ist ja da, verzogen wie er gerade ist. Der Barfußarzt beobachtet da drinnen den schrägen Tanz der humpelnden Bewegungen, der Unternehmer die passenden Therapieformen für seinen mulimodalen Ansatz und der Biochemiker ist auf Gedeih und Verderb der Moleküle aus. Jeder beobachtet in seinem Sinnfeld und nur wir müssen die Kontrolle zurückbekommen, uns selbst organisieren, damit alles wieder stimmig passt. Alle anderen Beobachter können nur Situationen schaffen, in denen die Dinge, die Vorgänge und Beweggründe, wie von selbst ablaufen.
Schmerz ist nicht gleich Schmerz und Gewebe nicht gleich Gewebe. Man muss schon genau sagen, was man meint, wenn es dumpf pocht oder hell sticht, zieht, drückt oder schwelt. Wenn es sich ödematös geschwollen oder rigide verzogen anfühlt. In täglicher Praxis sagen die Schichtaufnahmen mehr als tausend Worte, aber das was auf dem Monitor erscheint, ist nicht der Kranke, nur seine gepixelte Leiche.
Natürlich hat das Auftreten von Schmerz hat fast immer etwas mit diversen Vorgängen im Gewebe zu tun: Druck und Zug, Entzündungen, langsamer Heilprozess, Hitze und Kälte, Verhärtungen der bindegewebigen Hüllen, Sehnen, Bänder und Gelenkkapseln durch Krankheit oder Nichtgebrauch. Zwar ist die Anatomie, die Reduktion, das Zerschneiden der Körper in seine Stücke, die bisher erfolgreichste Methode, um den Vorgang hinter dem Vorgang bis auf das Feinste hin auf Größe, Gestalt, Zahl, Ruhe, Bewegung, Lage und Anordnung abzuschleifen und den materiell-energetischen Substanzen anzuhängen. Allerdings ist mit diesem sinnfreien Kunststück weder das weite Feld sinnvoll erklärt, worin und wozu sich seine Zellen unentwegt wie von selbst erhalten, reparieren, regulieren und vervielfältigen. Noch wird der Mensch in seiner lebhaften Geschichte verstanden, der sich mal so oder so erinnert, empfindet und verhält und den nichts mehr beeindruckt, als das, mit dem er es gerade zu tun hat.
Wir sind fähig, jeden Reiz, den wir wahrnehmen, zur höchsteigenen Bedeutung zu bewegen und in einen leidvollen Zustand einzubetten. Vorsichtshalber wird Bedrohung vermutet und die Abwesenheit von erwarteten Reizen als Anwesenheit von Mangel interpretiert und mit Abwehrmechanismen beantwortet. Man nennt das Psychologie. Dass damit auch Beweggründe erscheinen, die als ästhetische Tatsachen gelten und für eine massgeschneiderte Beurteilung wesentlich sind, wird traditionell gedanklich ausgegrenzt und in private Innenwelten verlegt. Damit wurde ausgeblendet, dass das objektiv Wahrgenommene immer das subjektiv Erfasste ist. Nur man selbst kann wissen, wie es ist, gesund zu sein oder Schäden oder Funktionsstörungen zu haben. Das macht den Schmerz so persönlich: was für den einen bereits unerträglich eng ist, beeindruckt den anderen weit entfernt davon nicht nennenswert. Auch vor diesem Dialog ist die Physik auf der Flucht.
Der Entstehung des gemeinen Rückenschmerzes entspricht dem Grunde nach dieser biologischen Erklärung über Sinnesleistungen. Das bohrende, stechende, ziehende oder dumpfe Leiden wird als nervöses Geschehen empfunden, bei dem das Gehirn die Reize aus dem Körper interpretiert. Das Ergebnis wird als eine zutiefst negative Erfahrung wahrgenommen, die je nach sozialem, kulturellem, existenziellem, spirituellem, kognitiven und affektiven Einfluss für manche noch als erträglich gilt, für andere bereits als unerträgliche Katastrophe ausgelegt ist. Ob Mann oder Frau spielt im Muskelskelett ebenfalls eine bedeutsame Rolle.
Die besondere Sinneserfahrung " Hexenschuss !" entsteht aus einer tatsächlichen oder vermeintlichen Schädigung von Körpergeweben, die zwar nicht von Rezeptoren, sondern von feinen Enden schnell und langsam leitender Nervenfasern, den sog. Nozizeptoren aufgenommen werden. Diese Schmerzfühler sind in nahezu allen Gewebeschichten auf mechanische, chemische oder thermale Reize spezialisiert, transduzieren, transformieren bis hin zu den Segmenten des Rückenmark, auf dessen Ebene die Impulse mit den eingehenden Signalen aus anderen Geweben verschaltet und aufsteigend weitergeleitet werden. Auf allen Schaltebenen wird pausenlos verstärkt und gebremst und schon dort können reflexartige Schutzreaktionen bis zur myofaszielen Dysfunktion ausgelöst werden, um das Segment, Gelenk oder Organ vorsorglich für die Dauer des Heilungsablaufs aus der Gefahrenzone zu holen.
Das natürliche Schmerzsystem hat die biologische Funktion, zum Überleben seiner Spezies beizutragen und ist insoweit spezifisch. Die spezifische Funktion besteht darin, durch das subjektive Erlebnis " Schmerz ", einen körperlichen Schaden zu vermeiden. Das phänomenale Bewusstsein von nozizeptiver Signalaktivität, also wie es ist stechenden Schmerz im Rücken, Bein oder Kopf zu haben, erlaubt uns vernünftigen Lebewesen, aus dem einfachen Reiz-Reaktionsschema auszubrechen, das eigene Verhalten auf der Grundlage sensorischer Information zu ändern und den Umständen entsprechend anzupassen. Denn chronischer Stress kann auch Entzündung auslösen und damit die Steifigkeit ( Fibrose ) der Faszien erhöhen
Die wissenschaftliche Methode, gedanklich jegliches Gefühl und jeden Gedanken, egal ob hier und jetzt gegenwärtig oder nicht, von körperlich ausgedehnter Masse zu trennen, war für den medizinischen Fortschritt höchst erfolgreich. Keine Prothese, keine Impfung, keine Krebsbehandlung und kein intelligent hergestelltes Medikament ohne diese duale Historie. Man konnte handeln und modern sein, indem die Technik verfeinert wird, ohne die mechanische Erklärung der Lebensvorgänge aufgeben zu müssen. Der Hinweis, ob womöglich die geschlossene Struktur einer Maschine mit einer starren Ordnung verwechselt wurde, die offen auf Reize reagiert, welche dem Beobachter verborgen sind, wurde lange übergangen. Die Zerlegung des Menschen in seine Einzelteile und das Verstehen des Vorgangs hinter dem Vorgang, kann inzwischen auch komplexe Netzwerke, kollektives Verhalten, chaotische Konnektionen, kritische Kipppunkte und coole Krisen auf höheren Ebenen systematisch und informatisch erklären. Auch die Zuweisung von Bedeutung, zum Beispiel eine drohende Gefahr durch Gewebeschaden, ist neben dem Lernen und der Mustererkennung ein wichtiger Akt verknüpfender Intelligenz, da sie die Fähigkeit umfasst, körperliche Informationen zu verstehen, zu interpretieren und ihnen einen Wert zu geben. Eigentlich ist das Leben simpel. Um den Bescherden einen Sinn zu geben, kommt es auf die Wirklichkeit an und das ist das, was wir gerade fühlen und denken. Das, was wir glauben ist das, was zählt. Alles spielt sich in unserer Gedankenwelt ab, gleichgültig ob es in den Knöpfen der Geräte oder in den Köpfen der Leute passiert.