Unbestritten hängt das Prinzip des gesunden Lebens mit körperlicher Bewegung zusammen. Wer dem widerspricht, ist keiner von uns.
Geht es nur darum, den Körper leistungsfähiger zu kriegen, hilft sicher das Training der motorischen Grundeigenschaften mit Übungen für Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination, um höher, schneller und weiter als der Nachbar zu kommen. Move ! schallt es dagegen umfassend aus dem pragmatischen Raum.
Denn Gesundheit ist kein Produkt eines perfekt progammierten Bewegungsapparates, sondern ein fortlaufendes Geschehen, das in jedem Augenblick durch Austausch mit der Umwelt neu geschaffen werden muss.
Kein Löwe kräftigt abends zwischen zwei Bäumen wiederholt seine Muskeln am Bauch und kein anderes Tier übt hechelnd seine Kondition, um den Fressfeinden besser zu entkommen. Die Tierwelt will nur so stark oder ausdauernd sein, wie es für ihr Überleben erforderlich ist. Wie jedes säugende Tier brauchen auch wir Menschen regelmäßige Belastung, um den Aufbau und Abbau von Knochen und Muskelzellen in der Waage zu halten. Als gelernte Ausdauerjäger können wir lange Strecken gehen oder laufen, was für das Jagen und Sammeln in der Frühzeit entscheidend war.
- Nun ist unser Lebensstil nicht mehr direkt an biologische Notwendigkeiten zur Nahrungssuche gebunden. Kaum jemand hockt sich nach längerer Belastung noch hin, um die Erholung aktiv zu gestalten. Moderne Menschen gehen ohnehin nicht mehr als 10 000 Schritte am Tag, nehmen Aufzüge statt Treppen, um pünktlich vor die Rechner hinter dem Bildschirm zu kommen. Wo die ehemals natürlichen Bewegungsformen einfach ausgesessen werden.
Hier bei uns sind mehr die Finger aktiv und halten Handy und Auto mobil. Die Nacht wird zum Tag erleuchtet und die Fenster bleiben zu. Was stressigen Lärm abhält, das Wissen über Thermoskannen verfeinert und Energiepunkte bringt. Auch das Essen ist luftdicht und keimfrei verpackt.
Die Nutzung moderner Medien aktiviert nicht die gleichen Nervenzellen und Hirnregionen, wie der Gebrauch von Büchern und Heften. Digitale Prozeduren steuern unsere Gedanken und den Bedarf. Die Technik ist in unseren Körpern eingewandert und unsere Kinder haben sich in der virtuellen Welt eingerichtet, ihnen sind durch das GPS alle Orte und durch das Netz das gesamte Wissen geöffnet. Die Macht daraus ist nicht weg, die haben nur andere. Nämlich die, die den Überfluss erkennen, verstehen und strategisch für sich nutzen. Die Zeichen der Zeit sind datenbasiert, zugänglich für den, der den Code kennt, verschlossen für alle anderen. Einer nennt sein Kind schon X AE A-12.
- Inmitten von Bergen und Tälern, Wäldern und Seen haben Menschen sich ihres Verstandes reichlich bedient und neue Lebensräume aus Glas, Metall, Beton, Plastik und seltenen Erden geschaffen. In der Funktion als homo oeconomicus schufen wir Werkzeuge und Waffen, bauten Schiffe und Räder für Handel und Wandel, verbreiten Wissen in gedruckten Büchern und Schriften, holen Brennstoffe von Rückständen der belebten Natur aus der Erde und spalten Atome der unbelebten Natur für Fortschritt und Zerstörung gleichermassen.
Wir feuern aus allen Rohren, geben ordentlich Gas in Fahrzeugen, informieren in Bildern, heilen mit Pillen und Prothesen und basteln jetzt an Sensoren und Genen, um unsere Umwelt wie gefühlt zu ertasten und nach Bedarf zu ersetzen. Man nennt das Wissenschaft, Fortschritt und Kultur.
Heute machen die von Menschen erdachten Materialien mehr Masse auf der Erde aus, als alle lebenden Organismen zusammen. Die reine Vernunft erwies sich erstaunlich gut darin, alles was sich sonst noch so selbsttätig bewegt zu verdrängen und dafür unreine Berge von Müll zu produzieren. Anstatt der Erde nur soviel zu entnehmen, wie mit der Zeit nachwachsen kann. Was schwer ist, denn in unserer Lebensspanne sind dreimal mehr Menschen nachgewachsen. Auf nunmehr 8,16 Milliarden Leute auf der Erde von heute.
- Leute wie wir wollen nicht nur in der künstlichen Lebenswelt, sondern auch im Alter gesund und attraktiv bleiben, Verletzungen und Verspannungen vermeiden und unser Wohlbefinden steigern. Gewisse Optimierer zeigen unsicheren Erwachsenen gern, wo es lang geht. Obwohl das Versprechen von glatter Göttin und starkem Held nicht mehr eingelöst werden kann.
Wer mehr sieht, weiss wie ein lebendiger Organismus sich reflexartig wehrt und gerade selbst im Wege steht.
Inzwischen werden dem gesamten Muskel-Faszien-Skelett wichtige Aufgaben, sowohl für die motorische Bewegung im Raum, als auch für die zeitlich sichernde Schonfunktion nach tatsächlichen, aber auch vermeintlichen Schadreizen zugeschrieben. Schon ein kurzer Nervenkitzel aktiviert Schutzreaktionen, während ständiger Reiz sogar zu anhaltender Fehlregulation führt. Jede Störung in einem Bereich wirkt sich früher oder später auf den ganzen Körper aus. Wer dann immer noch meint, Schmerz sei Bitten der Muskelzelle um pure Kraft, wird abgeholt.
Sicherlich hat die Natur des Menschen physikalische, chemische und biologische Eigenschaften und tauscht damit Information, Stoffe und Energie aus. Medizin ist jedoch keine Naturwissenschaft, sondern Wissen von der Natur des Menschen. Die Arbeit von Zellen und Molekülen muss anders erklärt werden, als die Bewegung der Glieder mit Sinn und Verstand.
Ein wesentlicher Irrtum besteht darin, dass Menschen die "mehr ist besser" Logik auf Bereiche anwenden, wo tatsächlich eine gewisse Dosis gesund reagiert, aber jenseits derer eine Wirkung schädlich ist. Viel ist eben nicht besser, bloss weil wenige Reize gut sind. Was kurzfristig dosiert ein Vorteil ist, wirkt sich langfristig in der Menge oft nachteilig aus. Pay later ! ist eine genetische Gemeinheit, die erfahrenen Leuten chronisch bekannt ist. Ihre Frage, was man selbst tun kann oder geschehen lassen muss, ist mit dem Zweifel verbunden, ob unser Drang nach Bewegung noch authentisch ist oder inzwischen ebenso künstlich verschoben wirkt, wie eine Nebenwirkung auf unser zunehmend artefizielles Habitat.
Jede Einwanderung von Technik, jedes Medikament und jedes schlechte Gefühl macht was mit einem und wird so oder so, je nach Situation verschieden wahrgenommen. Oft erscheint unser Schmerzsinn undosiert, manchmal angepasst auf starke, manchmal übertrieben auf harmlose Reize. Natürlich zieht uns nichts zurück zum Leben der Wilden, aber vieles drängt hin zu einer Ebene, wo die Dosis wieder Sinn macht.
- Sowohl Schmerz als auch Bewegung sind Muster, die im Gehirn beantwortet werden, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Bei jeder Bewegung werden motorische Befehle vom Cortex über absteigende Bahnen an die Muskeln weitergeleitet. Gleichzeitig werden über den Tiefensinn ständig Rückmeldungen über die Stellung der Gelenke gesendet.
Schmerz hingegen ist komplexer und beinhaltet nicht nur die reine Signalübertragung von Schmerzrezeptoren in den peripheren Geweben, sondern auch kognitive und emotionale Bewertungen, die zu einem Zeitpunkt T2 anders ausfallen, als zum Zeitpunkt T1. Der eine hält den Stich für gefährlich, der andere achtet auf jeden Druck, der nächste denkt es wird schon wieder, die meisten haben so ihre Erfahrungen damit.
Stress jat jeder, Zeit niemand, aber Angst vor Verschlimmerung treibt viele um. Das unangenehme Gefühl, die Kontrolle verloren zu haben, kann besonders belasten sein. Daher kann die Schmerzintensität unter verschiedenen Umständen anders ausfallen.
Ein verändertes Schmerzmuster mit chronischen Entzündungen und Gewebeschäden sind die Folgen einer gestörten Regulation der angeborenen Abwehrmechanismen. Auch Bewegungsmuster werden dadurch verändert. Umgekehrt kann Bewegung die Wahrnehmung von Schmerz modulieren, was ein Frage der Dosiserung ist. Es handelt sich allerdings im verschiedene Regelkreise, deshalb kann sich auch ein Bewegungstalent vom Kaliber eines Nurejew nicht einfach aus gestörter Regulation heraustanzen und kein Modellathlet wie Schwarzenegger drückt seine Dysfunktion auf einer Bank weg. Der Leistungssport kennt mehr Physio-Therapeuten als der Zuschauer.
- Oft sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Nach herrschender Auffassung folgen orthopädische Funktionen gern dem hölzernen Körperbild von einem mechanischen Bewegungsapparat, dessen Gelenke nach Kräften von willfähigen Muskeln geführt werden. Welche jedoch, neben altersbedingter Abnutzung durch mangelhafte oder monotone Bewegungen ziemlich schwach oder überlastet seien. Tatsächlich steuern Muskeln die Gelenke zum Teil langsam, logisch, bewusst, synchron, konzentriert, konzertiert und negativ rückkoppelnd, wenn man will und nicht gerade schläft, erschöpft, verwirrt oder verzogen ist.
Denn schnell verkörpert sich mancher Schrecken: selbsttätig, reflexartig, unkontrolliert und grobmotorisch meist unbeachtet. Viele Gelenke sind dann wirklich nicht mehr so frei beweglich wie zuvor, aber noch völlig intakt. Nur durch verstörte Nerven, verschreckte Muskeln, verzerrte Hüllen, feine Entzündungen, saures Milieu, gedrosselte Blutzufuhr und falsche Vorstellungen asymmetrisch verzogen, membranös verspannt, vielschichtig verklebt und letztlich fibrös versteift. Das ist bedrohlich, ungewiss und soll nicht sein.
- Unterwegs sind Muskeln ständig mit unseren Sinnen im Dialog. Wenn draussen Hindernisse im Weg liegen, prüfen drinnen Sensoren die Stellung der Gelenke, worauf wir mit passenden Bewegungen reagieren. Ganz oben erstellt unser Gehirn permanent Modelle davon, wie unsere Bewegungen aussehen sollten. Es vergleicht alte Vorhersagen mit den aktuellen Rückmeldungen auf Schritt und Tritt. Bei Abweichungen passt das Gehirn die Steuerung der Bewegung an. Dieses ständige Vergleichen, Sensomotorik genannt, hilft uns flüssige und stimmige Bewegungen zu schaffen, um heil durch den Tag kommen.
- Säuglinge bestehen zu 80 % aus Wasser, bewegen sich ständig daneben und winden sich fast aus unseren Händen. Nerven, Muskeln und Knochen erwachen, ja der gesamte Stoffwechsel für das Bindegewebsgerüst ist bei den egozentrischen Kleinen in rasanter Entwicklung. Die noch unkontrollierten Bewegungen sind wichtig für die Bildung neuer Nervenverbindungen, die passende Koordination und Wahrnehmung der Umwelt. Erst nach der Schulzeit sind die Fugen geschlossen, die Muskeln erwachsen und die Knochen dicht.
Die Besiedelung mit Microorganismen beginnt während der Geburt. Drei Jahre später tummeln sich mehr Microben im Darm und sonstwo, als Körperzellen zusammen und helfen dabei, gesund zu bleiben und Entzündungen zu vermeiden.
Etwa zwei Drittel des Wassers ist ausserhalb der Zellen des Bindegewebes an grosse Moleküle gebunden, welche die Räume füllen und wie ein Gel für die Elastizität sorgen. Bei einer Verletzung nehmen diese so viel Wasser auf, wie sie können und dehnen sich entsprechend übermäßig aus. Bei einer Vordehnung im Gitternetz der Faszien, wie es bei einer Knöchelverstauchung geschieht, wird die Schwellung gleich genutzt, um das Gelenk zu entlasten. Die Aufnahme der viskös wässerigen Flüssigkeit geschieht durch Sog aus der Grundsubstanz und nicht durch Wasserdruck von außen, sodass es nichts nützt, mehr zu trinken.
- Kaum sind die Kinder aus dem Haus, wird das Leben zur Aufgabe. Ältere Leute haben nur noch zu 50 % Wasser im bindegewebigen Speicher, sind dementsprechend zähflüssig, bleiben länger sitzen und bewegen sich gern in Erinnerungen, während ihr bisher so biegsames Bewegungsgerüst so etwas wie Dauerstress mit Druck, Zug, Blutarmut und Entzündungaltern erlebt. Bei älteren Menschen nimmt die lebenslange Fähigkeit sich anzupassen und zu verändern ab und viele Verknüpfungen sind bereits standardisiert. Da weniger neue motorische Fähigkeiten erlernt werden müssen, ist der Bewegungsdrang geringer. Auch die Vielfalt unserer nützlichen Begleiter, der Microben, nimmt ab, dafür bekommen die schädlichen Bakterien mehr Platz. Diese Veränderungen werden mit dem Entzündungen der Alterskrankheiten in Verbindung gebracht. Wozu auch Faktoren wie gewohnte Ernährung, allerlei Medikamente und gestresste Immunabwehr beitragen.
Wenn wir altern, verändert sich nicht nur die Muskelmasse, sondern auch die Balance unseres internen Ökosystems. Chronische Schmerzen entstehen oft nicht durch einfache mechanische Defekte, sondern durch vielfältige Rückkopplungen und Wechselwirkungen zwischen Bindegewebe, Nervensystem, Blutfluss und Microbiom.
Neben verminderter Bewegungskraft infolge von weniger Motoneuronen und Muskelfasern, überproportionaler Fettinfiltration, vermehrter Fibrosierung im durch feingewebliche Entzündung verklebten Gitternetz der Faszien, nimmt der Elastizitätsverlust und die Viskosität bei höherem Lebensalter noch zu. Zugleich verschlechtert sich die Wahrnehmung der meist verzogenen Gelenkpositionen und in der Summe wird das Gleichgewicht bis zum Kleinhirn weniger präzise reguliert, was das Sturzrisiko erhöht.
Knochen ist ein mineralisiertes Gewebe, abnehmend elastisch, wasserhaltig und bis zu eine gewissen Spannung auf Druck und Zug verformbar. Die Aktivität der aufbauenden Osteoblasten nimmt später ab, während abbauende Osteoklasten aktiver werden. Das führt zu einem Verlust an Masse und Dichte, wodurch die Knochen brüchiger werden. Ein Bruch des Hüftgelenks war früher für Ältere oft lebensbedrohlich. Längere Bettruhe führte zwangsläufig zu Muskelschwund, Knochenabbau, Entzündungen der Gewebe, Trägheit von Lungen, Darm und Herzkreislauf sowie vom Stoffwechsel des Zuckers im Blut. Die schnelle Mobilisierung durch Gelenkprothesen hat die Prognose der Krankheit revolutioniert.
- Aufgeklärte Leute betrachten Gelenke deshalb nicht mehr isoliert, sondern als Teil einer komplexen Nerven-Gefäß-Muskel-Faszien-Bänder-Kapsel-Organ-Funktion. In aller Welt lernen bereits die Schüler, dass Nerven die medizinische Biologie koordinieren. Nervenzellen sind mit Synapsen miteinander verbunden, über die sie Signale senden und empfangen. In den biologischen Netzen handelt es sich um chemische Reaktionen. Künstliche Netze werden dagegen nur durch elektrische Schaltkreise simuliert und können damit Muster schneller als wir erkennen. Unsere Nerven bilden mit Gefässen, Muskeln, Knochen, Bändern und Gelenken eine untrennbare Einheit und die braucht ihre Zeit bis sie was wird.
Zudem durchziehen Faszien den gesamten Organismus wie ein Gitternetz, binden zähe Flüssigkeiten und übertragen Kräfte nicht nur entlang der Muskeln, sondern auch quer zu benachbarten Strukturen. Faszien sind Teil des Bindegewebes, liegen einerseits wie ein Neopren-Anzug oberflächlich unter der Haut, bilden andererseits spannende Brücken zwischen den Regionen, wobei sie Muskeln und Organe durch feine Hüllen trennen und verbinden zugleich. Besonders zart an den Grenzen der Organe, besonders derb an den Übergängen zu Knochen. Größere Verbände werden auch in die Wahrnehmung und Wundheilung einbezogen.
Schon die normale Kraftübertragung passiert nicht nur über Muskeln und Sehnen an das Gelenk, sondern auch lückenlos zwischen bindegewebigen Segmenten sowie quer zu gegenläufig arbeitenden Muskelsträngen. Die tiefe Faszienspannung kann benachbarte Bänder und Gelenkkapseln verstärken, schädlichen Zug oder Druck auslösen und damit die feinen Nervenenden in äußeren Schichten aktivieren. Ihr seltsames Stellungsspiel ist noch ungeklärt.
Jedenfalls besteht die tiefe Faszie aus Schichten wellenförmiger Bündel aus kollagenen Fasern. Innerhalb jeder dieser Schichten sind diese Bündel untereinander parallel angeordnet, benachbarte Schichten zeigen jedoch verschiedene Richtungen. Jede dieser Schichten ist von den benachbarten durch eine dünne Schicht lockeren Bindegewebes getrennt, ähnlich dem Sperrholz.
Übersät von feinen Nervenenden, übernehmen Faszien an jeder schmerzlichen Entzündung teil. Bei anhaltender Entzündung nimmt die Dichte der feinen Schmerzfühler, der Noziceptoren, noch deutlich zu. Außerdem gibt es eine Menge elastischer Fasern, was eine Funktion der tiefen Faszie für unsere Tiefensensibilität wahrscheinlich macht. Die sehnigen Muskelinsertionen halten die Faszie in einer Grundspannung und schaffen eine Kontinuität zwischen den einzelnen Muskeln, jeweils der Beuge- und Streckgruppen. Dank der wellenförmigen und elastischen Faserbündel kann sich die Faszie an Dehnungen anpassen. Dies ist allerdings nur in Grenzen möglich, jenseits derer weitere Dehnung die feinen Nerven und damit Schutzreaktionen aktiviert.
Es ist nachgewiesen, dass die Faszie sowohl Kontraktionen der Muskulatur wahrnehmen kann, als auch an der Übertragungen dieser Energie auf Knochen und Gelenken beteiligt ist. Somit ist der Verdacht bestätigt, dass die tiefe Faszie bei jeder Bewegung mit dabei ist und sie wohl auch beeinflussen kann. Wenn wir aufrecht stehen, haben wir ständig feine Oszillationen, welche über die Fascie auch die Muskelspindeln dehnen. Die passive Dehnung der Muskelspindeln ermöglicht die Aktivierung der Kontraktion der betreffenden Muskelfasern. Dieser Mechanismus hilft dem Körper die Erhaltung der korrekten Körperhaltung ausschließlich aus peripherer Kontrolle, ohne Beteiligung höherer Zentren. Zur korrekten Funktion ist eine gesunde Faszie erforderlich, die in der Lage ist, die verschiedenen Spannungen wahrzunehmen und das Dehnen der Muskelspindeln ermöglicht.
Auch die Gleitfähigkeit der einzelnen Schichten gegeneinander kann sich durch Verdichtung oder Fibrosierung verändern. In solchen Fällen geht der elastische Mechanismus der Faszie für die Nerven-Endigungen verloren, was fälschlich zu einer Erregung der Schmerzfasern innerhalb der Faszie auch unter normaler Belastung führt. Da das Gewebe sogar zum größten Teil aus Wasser besteht, wird jede visköse Veränderung in diesem flüssigen Element erhebliche Auswirkung auf die elastische Funktion haben. Es besteht heute kein Zweifel mehr, dass die Muskel-Faszie eine wichtige Rolle in der Haltung und Bewegung, aber auch in der Entwicklung nicht-spezifischer Schmerzen, besonders des chronischen Rückenschmerzes spielt.
Man spricht nun von myofascialer Funktion, weil das eigene Gehirn keine Muskeln von Faszien trennt, sondern nur Bewegungen kennt. Die Kraftentwicklung entsteht aus dem spontanen Zusammenspiel vieler Muskelfasern, welche einzeln nur kleine, aber gemeinsam wirksame Bewegungen erzeugen. Die Kraftübertragung über myofasciale Ketten ist ebenfalls ein emergentes Phänomen, das sich ebenfalls nicht allein aus den Eigenschaften einzelner Muskeln erklären läßt.
Bis der Schmerz von dort aus irgendwie in das Bewusstsein eintaucht. Die Wege bis zur Wahrnehmung von Signalen sind gut erforscht und dienen als Blaupause für Roboter. Es hat aber noch nie jemand gesehen, wie ein physikalischer Reiz als Botenstoff verkleidet in das Seelenleben hüpft und von dort wieder zurückspringt.
- Wenn Muskelkraft oder Kontrolle nicht stimmt, können Schutzreaktionen vorliegen. Das Nervensystem bremst bestimmte Muskeln ab, etwa den Oberschenkelmuskel bei Knieschäden. Das ist zunächst ein sinnvoller Schutz, um Gelenke aus der Gefahrenzone zu holen, kann aber zu lange anhalten. Die Muskeln sind dann nicht schwach, sondern verstört und mit der Blutversorgung in ihren bindegewebigen Hüllen gedrosselt. Es ist, als würde der Organismus eine Sicherung herausdrehen. Das feine Gitternetz aus Bindegewebe, die Faszien, wird weniger geschmeidig. In der Rückmeldung arbeiten die tiefen Rückenmuskeln nicht mehr optimal gegenläufig zusammen, woraus zusätzlich asymmetrische Verspannungsketten von Kopf bis Fuß entstehen. Die feinen Nervenenden im Geweben setzen Schmerzchemie frei, was zu Schwellung und weiteren Entzündungsreaktionen führt. Das betroffenen Gewebe wird überempfindlich und schlecht durchblutet.
- Die Störung der myofascialen Funktion ist im autonomen Nervensystem verankert und mit Zellen der Immunabwehr im direkten Kontakt. Die nozizeptiven Signale lösen nicht nur Schmerz, sondern fordern unsere umfassende Fähigkeit zu Hemmung und Erregung heraus, die sich örtlich sowie zeitlich unterscheiden und der bewussten Kontrolle weitgehend entziehen. Wechselwirkend regulieren Nerven die Muskeln durch Signale, die entweder erregen oder hemmen. Ein fehlendes Gleichgewicht in diesem Reizverkehr, durch was auch immer, führt zu einer Fehlfunktion im Segment oder Gelenk.
Die segmentale Hemmung ist eine lokale, auf eine Rückenmarksebene begrenzte Reaktion. Dabei werden die autochtonen Muskeln im betroffenen Abschnitt reflexartig gehemmt, was den Gelenkpartner erregt. Das führt zu einer vorübergehen Schwächung der Muskelspannung. Zweck ist es, den schmerzenden Bereich zu entlasten und vor weiterer Belastung zu schützen.
Die arthrogene Hemmung ist eine Schutzreaktion, die speziell bei Gelenkschmerz oder Verletzung auftritt. Durch Schmerzrezeptoren, die im Gelenk selbst liegen, werden gelenkstabilisierende Muskeln reziprok gehemmt. Die Muskelkraft zum Gelenk nimmt ab, ohne dass der Muskel selbst verletzt ist.
Diese reflexartigen Reaktionen können zwar kurzfristig helfen, führen jedoch mittelfristig zu weiteren Schutzmechanismen des gesamten Organismus. Eine umfassende reflexartige Antwort, die asymmetrisch über mehrere Segmente der Wirbelsäule hinweg erfolgt und den gesamten Organismus beansprucht, nennt man jetzt in den Leitlinien für Rückenschmerz, in Anlehnung an osteopathische Diagnosen, myofasciale Dysfunktion. Der Körper reagiert auf anhaltenden Schmerz mit weitreichenden Anpassungen. Muskeln und Faszien in verschiedenen Körperbereichen verändern ihre Spannung. Es entstehen kompensatorische Bewegungsmuster und Haltungsveränderungen. Mit der Zeit können schmerzhafte Verdichtungen der bindegewebigen Hüllen entstehen, welche sich wie ein Flächenbrand entzündlich ausbreiten können und die gesamte Gelenkkette aus der Position ziehen. Diese Veränderungen können sensitivieren und chronisch werden und damit selbst neue Schmerzquellen eröffnen.
Die absteigende Schmerzhemmung ist ein natürlicher Lautstärkeregeler für Schmerzsignale. Es handelt sich um einen Mechanismus, bei dem das Gehirn die Schmerzreize auf ihrem Weg vom Entstehungsort in Muskelfaszien oder Gelenkkapseln zum Bewusstsein abschwächen oder verstärken kann. Dabei sendet das Gehirn die einlaufende Reizflut zurück über spezielle absteigende Nervenbahnen zum hinteren Teil der Rückenmarksegmente, wo sie neu reguliert werden: abgeschwächt, also gehemmt oder verstärkt, also erregt. Dazu werden die entsprechenden Botenstoffe ausgeschüttet. Besonders bei chronisch sensitivierten Schmerz im Muskelskelett ist dieser Schutzmechanismus gestört. Entweder ist die Hemmung auf den absteigenden Bahnen vermindert oder die Nerven werden nervös und überempfindlich: entweder werden harmlose Reize als schmerzhaft, allodyn, wahrgenommen oder normalerweise schmerzhafte Reize werden noch intensiver, hyperalgetisch, empfunden. In solchem Drehkreis lernt der Körper den Schmerz und die gesamte Noziception wird effizienter und reagiert schneller und stärker. Bereiche im Gehirn, die für die Schmerzverarbeitung zuständig sind, werden noziplastisch.
Das vegetative Nervensystem arbeitet dabei über seine sympathischen und parasympathischen Anteile synchron wie ein unsichbarer Regler und steuert automatisch Körperfunktionen wie Atmung, Herzschlag, Verdauung und Muskelspannung. Es reagiert drinnen auf Stress und Gefahr, auch wenn draussen nichts los ist. Es sorgt dafür, dass bei Verletzungen oder starkem Schmerz im Muskelskelett nicht nur der Schmerz abgeschwächt wird, sondern auch der Organismus in einen Schutzmodus wechselt, um bestmöglich zu reagieren. Sympathische Nerven verstärken diese Empfindlichkeit durch Ausschüttung erregender Substanzen, drosseln die Blutzufuhr im lokalen Gewebe und arbeiten mit den Immunzellen unmittelbar zusammen. Parasympathische Nerven aktivieren diese Hemmungsprozesse durch Ausschüttung hemmender Substanzen.
Kurzfristiger Stress aktiviert diese Schutzreaktionen, während chronischer Stress zu anhaltender Fehlregulation führt.
- Oft bleiben die Störungen der myofascialen Funktion in einer zirkulären Schleife bestehen, erhalten sich selbst bestätigend aufrecht und sind dann Ursache und Folge von chronischen Schmerzstörungen. Ein wichtiger Partner ist dabei der Lagesinn. Die Tiefensensibilität, Propriozeption genannt, teilt uns mit, wo und in welcher Position sich unsere Muskeln und Gelenke gerade befinden, wohin sich Arme und Beine gerade bewegen, wieviel Kraft aufzuwenden ist, um etwas zu heben oder drücken und hilft, das Gleichgewicht zu halten. Die meisten Bewegungen laufen unbewusst ab, weil das Gehirn ständig Rückmeldungen bekommt.
Bei myofascialen Störungen kommt es zu veränderter Gewebespannung und fascialer Struktur. Diese Veränderungen werden von den propriozeptiven Rezeptoren erfasst und zu neuen Bewegungsmustern verleitet. Langfristig bestehen biomechanische Anpassungen, die weitere Schadreize begünstigen, womit eine gesteigerte Empfindlichkeit eintritt, die zentrale Sensitivierung. Man muss sich von sich so einiges gefallen lassen.
- Die Entdeckung der neurogenen Entzündung hat das Verständnis von Schmerz enorm verändert, weil dieses Phänomen eine entscheidene Rolle bei chronischen Schmerzen, Arthrose, Arthritis und vielen anderen Erkrankungen spielt. Allmählich wurde klar, das Schmerzen nicht nur durch erkennbare Gelenkschäden entstehen, sondern meist durch die vielen kleinen Nervenfasern im Gewebe selbst beeinflusst werden.
Direkt nach einer Verletzung setzen feinste Nervenenden im Gewebe wichtige Botenstoffe frei, die eine örtliche Entzündungsreaktion auslösen, selbst wenn keine Infektion vorliegt. Dadurch erweitern sich die Blutgefäße, um mehr Immunzellen an die Stelle zu bringen. Das ist die erste Verteidigungslinie, in der bestimmte Zellen auf das Problem aufmerksam werden, weil sie auf ihrer Oberfläche Rezeptoren tragen, die Moleküle von geschädigten Zellen oder Viren, Bakterien, Pilzen erkennen. Es kommt zu Schwellung, Wärme, Rötung und Schmerz. Das ist normal und zeigt, dass der Organismus arbeitet. Die Immunzellen beseitigen beschädigtes Gewebe und setzen weitere Botenstoffe frei, die die Selbstregulation starten. Die beginnt gleich mit der Bildung neuer Gewebe. Zellen des Bindegewebes produzieren Kollagen, das als Kleber für das neue Gewebe dient. Neue Blutgefäße entstehen, um dafür Nährstoffe heranzuschaffen. So beginnt jede Heilung im Muskelskelett mit einer feingeweblichen Entzündung. Dabei ist jeder Nociceptor nicht nur ein passiver Sensor, sondern beeinflusst auch aktiv die Microzirkulation in seiner Umgebung.
Entzündungen muss man also nicht nur negativ sehen, sondern als erste Reaktion auf Meldung der Immunabwehr und Signal für notwendige Veränderungen.
- Umgekehrt kann der noziceptive Sensor durch die Ausschüttung von Schmerzchemie sensibel hocherregt werden. Dann benötigt diese Sensitivierung ihrerseits eine Heilung.
Wenn Muskeln oder Faszien verletzt oder überbelastet sind, schütten sie an der peripheren Stelle chemische Substanzen wie Prostaglandin, Bradykinin und Wachstumsfaktoren aus, welche Ionenkanäle in den Zellwänden öffnen. Dieser Entzündungscocktail senkt die Erregungsschwelle der Nerven und macht sie damit empfindlicher. Dadurch können selbst leichte Berührungen oder Bewegungen Schmerzen verursachen. Zusätzlich kann es zu spontanen Attacken kommen, weil die Noziceptoren auch ohne äusseren Reiz aktiv werden.
Bei dem Eintreffen im Rückenmark und Gehirn führt der anhaltende Schmerzreiz zu einer Übererregbarkeit der dort arbeitenden Nervenzellen. Diese werden aufmerksamer und reagieren stärker auf Schadreize oder senden sogar Schmerzsignale ohne eigentlichen Reiz. Das passiert durch Veränderungen an Synapsen, wo andere Botenstoffe die Signalübertragung verstärken. Diese zentrale Sensitivierung kann das Schmerzempfinden ausdehnen und auf andere Bereiche übertragen.
Für Muskeln und Faszien gehört die Acidose, eine reduzierte Durchblutung und Übersäuerung im Gewebe vor Ort, mit Freisetzung von Protonen, energiereichen Phospaten und Wachstumsfaktoren, zu den hauptsächlichen Schmerzreizen. Ihre Konzentration verstärkt dann die Empfindlichkeit der umliegenden Gewebe weiter. Das trägt zur Aufrechterhaltung von Schmerz bei und verstärkt wiederum die periphere Sensitivierung.
Produzieren die Nozizeptoren dauerhaft eine stärkere Antwort auf einen überschwelligen Reiz, spricht man von Hyperalgesie. Reagiert der Noziceptor dagegen chronisch auf einen Reiz, der normalerweise nichts sonderlich erregen würde und damit unterschwellig ist, wird dieser Zustand im Konsens der Fachleute als Allodynie bezeichnet.
Das ist der Beginn einer langen Alarmbereitschaft.
- Die Wechselwirkung mit Mirkroorganismen ist praktisch für alle höheren Lebensformen wesentlich, denn wir sind Kinder von Bakterien. Diese Microben, zu denen auch noch Viren und Pilze gehören, arbeiten eng mit ihrem Wirt zusammen und bilden eine funktionelle Einheit, die für die Verdauung, Vitaminbildung und die Immunabwehr des Wirtsorganismus wichtig ist. Dank des Durchblicks und Widerstands einer energischen Frau bezeichnen wir uns nun als Holobionten, weil Arten wie wir dadurch nicht mehr isoliert und individuell betrachtet werden können. Wir vererben und vervielfältigen demnach nicht die einzelnen Elemente, sondern in erster Linie die Beziehung zwischen den biologischen Akteuren drinnen und draussen.
Seit einiger Zeit wird aufmerksam beobachtet, dass viele chronische Beschwerden durch ein dysfunktionales Microbiom, der Dysbiose, unterhalten oder sogar mitverursacht werden. Es wird bereits von einer Darm-Muskel-Achse gesprochen, denn Patienten mit chronischen myofascialen Beschwerden zeigen häufiger Anzeichen einer Darmdysbiose als Kontrollgruppen. So kann eine Dysbiose aus Anlage, Alter, Antibiotika oder Fehlernährung auf immunologischem Signalwegen die Bildung von Entzündungschemie fördern und in den Kraftwerken der Zellen, den Mitochondrien, freie Radikale freisetzen, die wiederum den oxidativen Stress auslösen, der Gewebeschäden verursacht und sterile Entzündungsreaktionen verstärkt. Die Mitrochondrien waren früher sogar selbst Bakterien, die von einer Zelle aufgenommen wurden, ohne selbst verdaut zu werden. Daraus entwickelte sich eine lange symbiotische Beziehung: die Wirtszelle bot Schutz und Nährstoffe, während Bakterien Energie bereitstellten. Sogar Gene übernahmen Viren, Bazillen und Bakterien in ihr eigenes Genom.
Indem diese Symbiose als zentrale Triebkraft der Evolution betrachtet wird, " weil es so ist ", erfuhr das biologische Standardmodell, die Evolution, einen nachhaltigen Seitenhieb: weil die einfache Sicht auf evolutionäre Entwicklung nur die Konkurrenz, zufällige Variation und Selektion zulässt. Der Motor des menschlichen Lebens in seiner Vielfalt ist jedoch nicht mehr allein der Wettbewerb im Kampf ums Überleben, sondern startet durch die Energie der Kooperation. Vor allem die Symbiose mit gegenläufigen Tendenzen läßt neue Arten und Geschichten entstehen.
- Die Wahrnehmung von Körpersignalen ist für uns ebenso wenig auffällig, wie für Fische das Wasser. Die einfachsten und offensichtlichen Tatsachen sind wohl schwer zu vermitteln, auch wenn sie in jeder Beziehung eine wichtige Bedeutung haben.
So findet Schmerz immer und ausnahmlos im Kopf statt. Die meisten sensiblen Informationen bestehen aus einer Kette von drei Nervenzellen: die erste liegt in den peripheren Geweben und besitzt die verzweigten Rezeptoren, die einen Reiz registrieren, die zweite in den Segmenten des Rückenmarks oder im Hirnstamm, der Fasern der Hirnnerven und Kerne für Atmung und Kreislauf enthält. Die dritte liegt im Thalamus, dem Zentralorgan für biopsychosoziale Ereignisse, in der fast alle Sinnesbahnen umgeschaltet und an die Hirnrinde und in graue Zellen gesendet werden. Dorthin, wo der Inhalt der sensiblen Nachrichten bewusst wird.
Im Rückenmark fand bereits eine erste Vorprüfung statt. Bekommt das Gehirn ganz oben im Körperschema eine Alarmmeldung aus dem Rückenmark, werden diese Warnzeichen zunächst nicht als Schmerz wahrgenommen. Sie sind wie ein Feueralarm, der erst ausgewertet werden muss. Das Gehirn bewertet dann, ob und wie stark ein aufsteigender Schmerzreiz empfunden werden muss. Da jedes Gehirn zwar einmalig ist, aber dauernd mit dem Reichtum seiner Vorerfahrungen verknüpft wird, kann es die Stärke der Warnsignale so lassen, reduzieren, aufstoppen oder unnötig aufblasen. Auf dem absteigenden Weg zurück zum Rückenmark kann diese, inzwischen veränderte Signalstärke noch einmal gefiltert werden. Diese Zusammenarbeit schützt uns vor Gefahren und verhindert, dass wir von unwichtigen Schmerzreizen überwältigt und zur Not handlungsunfähig bleiben.
- Schmerz ist ein Gefühl, obwohl es physiologisch keins ist. Der alte aufklärende Leitgedanke, ich denke, also bin ich, bezieht sich auch auf die Wahrnehmung von Schmerzreizen. Aber war als Leitidee für das, was wir heute unter Bewusstsein verstehen, zu eng gefasst, weil damit nur die unmittelbare Gewissheit, dass man existiert wenn man denkt und fühlt, beschrieben ist. Außerdem wird durch diesen Grundsatz der Wahrheitsfindung, auf dem alle weiteren wissenschaftlichen Überlegungen aufbauten, die Rolle des Geistes übertrieben und der Körper auf einen Substanzbrocken reduziert. Die moderne Wissenschaft vom Geist fächert deswegen unser " Mitwissen " von dem, was drinnen und draussen so passiert, weiter auf: in Empfinden, direkt vermittelt durch die Sinneseindrücke, die durch Ohr, Auge, Nase oder Tasten hereinkommen. In Wahrnehmung, welche noch den Reichtum der Vorerfahrungen und Erinnerungen in die Bewertung von Sinnesreizen eindrucksvoll mit einschließt. In das bewusste Erleben, nämlich wie es ist und sich anfühlt, Rot zu sehen, Musik zu hören oder Schmerzen zu haben. In Kognition, was als unsere besondere Fähigkeit, über Anfang und Ende nachzudenken, verstanden wird. In Emotionen, denn körperlich spürbare Gefühle wie Suche, Angst, Panik, Wut oder Neid, die für unser Wohlbefinden bedeutsam sind ohne darüber nachdenken müssen, sind immer bewusst, sonst sind es keine Gefühle.
- Im Dschungel der Interpretationen zeigen zwei Denkrichtungen zeigen den Weg: die bottom up Wahrnehmung geht vom kleinen Detail aufwärts zum großen Ganzen und erlaubt uns von Geburt an, Schlüsselelemente und drohende Gefahren aus der Umwelt zu filtern. Nervenzellen im Gehirn ergänzen die unvollständigen Informationen aus der Umwelt, zum einen mit den ererbten Basisgefühlen und zum anderen mit den erworbenen Erfahrungen, zu einem Bild des Geschehens im Muskelskelett, das in die Wirklichkeit passt und Merkmale ergeben, wie Veränderungen in der elastischen Struktur der Muskelfaszien, Mikroverletzungen in Muskelfasern und Fasziengewebe mit lokaler Azidose. Störungen in der muskulären Kontrolle von Hemmung und Erregung einzelner Wirbelsegmente.
Örtliche feingewebliche Entzündungen und ihre zirkuläre Auswirkung auf weitere Noziception.
- Die Top down Wahrnehmung dagegen greift von oben herab tief in den Topf der Vorerfahrungen und holt zielsicher, augenblicklich, auf einen Schlag und aufmerksam all das bisher Erlernte, vielleicht Verdrängte, manch Gutes, aber vorsorglich mehr Böses, heraus und stellt damit ein zwar übertriebenes, aber persönlich produziertes Kopffilmchen her. So entstehen bei unterschiedlichen Menschen in unterschiedlichen Situationen auch unterschiedliche Bedeutungen des gleichen Sachverhalts.
Die Betrachtung berücksichtigt
Stress und psychische Belastungen als Auslöser für Muskelverspannungen
Bewegungsmangel und sitzende Tätigkeiten für mangelnde Ausdauerleistung der Muskeln.
Ernährungsgewohnheiten und der Einfluss von Zucker auf das Entzündungsverhalten im Gewebe.
Schlafqualität und ihre Auswirkungen auf Regeneration und bewusste Schmerzwahrnehmung
Auch neuronale Netzwerke, die Schmerzreize verschalten und verarbeiten, lernen schnell und passen sich an. Der Mechanismus der Anpassung, die Plastizität, ist sensibel für neue oder ähnliche Situationen, um bereit für ein verändertes Umfeld zu sein, komme was da wolle.
Sobald auch noch unsere Fähigkeit für Erholung und mit Stress, Belastungen oder Verletzungen umzugehen, die Resilienz , durch alltägliche, bedrohliche, fehlende oder falsche Sinnesreize gestört wird, kann es im Verlauf zu Schutzreaktionen kommen.
Unsere Grundfähigkeiten zur Selbstregulation, zum Lernen, zur Musterbildung, zur Anpassung und zur Erholung sind jedoch ureigene Eigenschaften, die nicht machbar oder willentlich herstellbar, sondern nutzbar sind. Weil sie sich indirekt, nur auf Anforderungen der Realität hin selbsttätig entwickeln. Homöostase ist nicht bewusst zugänglich, arbeitet negativ rückkoppelnd und braucht nur ihre Bedingungen. Plastizität reagiert nicht wie wir wollen, sondern positiv rückkoppelnd auf Reize der Umwelt. Resilienz ist das Ergebnis dieser Rückwirkungen und aus realer Bewährung entstanden. Und Kohärenz fühlt sich nur gut an, wenn es auf allen Ebenen unserer Biosphäre stimmig passt.
- In der Biologie ist der Gebrauch der Begriffe regulieren und steuern eine wichtiger Einstieg in das Thema Dysfunktion. Für den Lebensanfang ist die Aktivierungeng von Genen in wenigen Zellen entscheidend, während für das Lebensende das Erlöschen aller Hirnfunktionen kennzeichnend ist. Es handelt sich also um Frage der schrittweisen Entwicklungen, der vielschichtigen Ebenen und der verknüpften Systeme.
Wer oder was dazwischen steuert ist unklar, denn der Begriff ist eine Metapher aus den technischen Apparaten. Jedenfalls soll ein gewisser Zustand den Zielvorgaben des Benutzers angepasst werden. Wir reden von einer Maschine, sie steuere sich selbst, wenn sie die Anpassungen an die Zielvorgaben selbst vornehmen kann.
In der Biologie meint Steuern darüber hinaus einen gezielten, bewussten und willkürlichen Einfluss mit klarer Richtung. Wie das trainieren schwacher Muskeln. Aber Steuern bleibt eine Tätigkeit, die von den Vorstellungen, Zielen und der Zwecksetzung des Benutzers oder Erbauers der Maschine abhängt. Die Natur der Natur des Menschen kann jedoch nicht von oben oder von außen gesteuert werden, sondern ist lediglich innerhalb gewisser dynamischer Prinzipien wie Reiz und Reaktion, chaotisch oder emergent, kausal in wachem Zustand beeinflussbar.
Vielmehr ist es bei Homöostase, Plastizität und Resilienz treffender, von Regulation zu sprechen. Der Begriff Regulation beschreibt einen Vorgang, bei dem ein System innerhalb bestimmter Parameter, oft durch Rückkopplung, stabil gehalten wird. Dieser technische Begriff beschreibt zwar ebenfalls das Funktionieren der Regelkreise und Rückkopplung in Apparaten, wie durch Thermostaten, passt aber auch gut zu biologischen Vorgängen, die nicht willkürlich gesteuert werden, sondern auf molekularen, zellulären oder physiologischen Mechanismen beruhen. Die Biologie kennt viele Mechanismen, mit denen Lebewesen ihren inneren Zustand mit den äusseren Bedingungen abstimmen, indem gewisse Prozesse beschleunigt oder verlangsamt werden. Auch hier soll ein Zweck erfüllt werden, nämlich den Herzschlag oder die Atemfrequenz erhöhen oder vermindern, je nachdem wie stark die glatten Muskeln arbeiten. Im wachen Zustand unterliegen zwar die Skelettmuskeln auch einem gewissen Zweck, um aufrecht zu gehen, damit wir unser Ziel erreichen. Sobald wir bewusstlos sind und schlafen, kann dieser heimliche Zweck, dabei höher, weiter und schneller als der Nachbar zu sein, allerdings nicht erreicht werden.
Der Zweck, wie man sein Leben gestaltet, wird durch hormonelle Regulation im Schlaf abgeschaltet. Aber das teleologisches Motiv, dass man überlebt, bleibt auch in dunkler Nacht bestehen. Einer Pflanze oder den Tieren kann man darüber hinaus keine Absichten unterstellen. Die biologischen Funktionen, " um Blut zu Pumpen und Sauerstoff an die Muskeln zu bekommen" sind durch genetische Programme und evolutionäre Prozesse entstanden und nicht durch bewusste Zielsetzungen.
Im Gegensatz zum Prinzip der Steuerung kann der Begriff der biologischen Regulation also direkt und nicht bloß ersatzweise als Metapher verwendet werden. Das Prinzip ist in lebenden Wesen zwar allgegenwärtig, aber keine Leistung, die sich von einer zentralen Stelle aus organisieren läßt. Das Gehirn spielt in dem Konzert aller Mechanismen schon eine tragende Rolle, die alle Stoffwechselvorgänge integriert und es gibt dazu die Figur des humunculus, die alle sensomotorischen Signale koordiniert. Leider gibt es dort oben kein kleines Männchen, das gestörte Funktionen erkennt und dem man Haltungsübungen beibringen kann. Im Übrigen sind im Zustand der myofascialen Dysfunktion, der häufigsten Diagnose in der täglichen Praxis, die Muskeln nicht schwach, sondern in ihrem fascialen Gitternetz gehemmt. Damit fehlreguliert und nicht willkürlich steuerbar.
- Der Charakter von Schmerz am Muskelskelett wird von den beiden großen Erscheinungsbildern bestimmt. Zum einen der neuropathische Schmerz, hervorgerufen durch eine tatsächlich traumatische, entzündliche oder toxische Schädigung der Nervenstränge im peripheren Verlauf, im Geflecht, an der Wurzel oder innerhalb der zentralen Nerven von Rückenmark und Gehirn. Mit Auswirkung im jeweiligen Versorgungsgebiet. Dieser Nervenschmerz macht sich, neben sensiblen Ausfällen und Informationsverlust, vor allem durch gut lokalisierbare Schmerzattacken, zwischen dem unangenehm bohrend empfundenen Dauergefühl, bemerkbar. Eine Abnahme der Konzentration von schmerzauslösenden Substanzen mit herabgesetzer Empfindlichkeit an einer Stelle, kann zu Übererregbarkeit mit unkontrollierter Feuerrate und brennenden Schmerz an anderen Orten führen. Verantwortlich sind neben Giften, Schadstoffen, Medikamenten, Alkohol, Zuckerkrankheit, Autoimmundefekten, Chemotherapie, Zoster und Erkrankungen von Magen, Darm und Zähnen auch Kompressionen und andere Engpässe nach Knochenbrüchen, Quetschungen, Verstauchungen und bindegewebigen Fibrosen. Also dann, wenn kein unmittelbarer Bezug zu einer ungeschickten Bewegung, verstelltem Gelenk, fremden Eindringlingen, gepresster Atmung, entgleister Verdauung, beschleunigtem Kreislauf, belastenden Strapaze oder unseligen Hiobsbotschaft besteht.
Dann haben wir es mit einer Störung oder Defekt im Gewebe zu tun und reden von nociceptivem Schmerz., welcher nicht nur durch die tatsächliche, sondern auch durch eine vermeintliche mechanische, thermische oder chemische Schädigung von Körpergewebe entsteht und reflexartige Abwehrreaktionen im Muskelskelett bewirkt. Auslöser sind oft irritierte Wirbelsegmente und ihre folgenreiche Verkettung mit entfernteren Muskeln, deren saurer Umgebung sowie Freisetzung von Schmerzchemie. Die schlechte örtliche Bestimmung, die starke Tendenz zur selbstgesetzten Übertragung und das reißende, krampfende oder drückende Temperament ist in Ruhe oft schwer zu ertragen. Bei jeder Bewegung schwindet die übermäßige Mißempfindung häufig. Im Gegensatz zum Nervenschmerz sind hier die Nervensysteme weitgehend intakt, jedoch auf ihren feinen Übermittlungspfaden hocherregt
Macht uns die Verarbeitung und Bewertung einer andauernden Reizflut im Gehirn zu schaffen, reden wir von nociplastischem Schmerz, einer Überempfindlichkeit der Schmerzverarbeitung im zentralen Nervensystem. Diese Schmerzen sind oft weit verbreitet, nicht klar lokalisierbar, manchmal intensiver als durch die sichbare Schädigung. Häufig begleitet durch Müdigkeit und Schlafstörungen. Berührung, Lärm oder Licht wirken sehr störend.
Davon zu trennen ist der typische Schmerz bei aktivierter Arthrose, der Arthritis, welcher örtlich auf das die Gewebe eines Gelenks begrenzt ist und vor allem bei Bewegung und Belastung, besonders bei Bewegungsbeginn auftritt. Aber auch nachts wird is schwer erträglich und nach Ruhephasen sind die Gelenke steif. In entzündlichen Phasen stellt sich Schwellung, Rörung und Überwärmung ein.
Es spricht viel für einen kombinierten Mechanismus von lokalen schmerzbedingten Einflüssen auf die motorische Muskelsteuerung, veränderter Eigenwahrnehmung durch gestörte Faszienspannung und segmentaler Fehlregulation der tiefen paravertebralen unwillkürlichen Muskulatur.
- Myofgascialer Schmerz ist schwer zu verstehen, denn wir sind Ursachen gewohnt, möchten Übungen haben und nicht Teil des Problems sein. Ärzte und Patienten suchen oft nach einer klaren Ursache für Beschwerden, etwa einem Riß, Bruch oder einer Entzündung. Diese Denkweise ist geprägt vom Prinzip: Ein Defekt wie Bandscheibenvorfall oder Meniscusriß verursacht ein Symptom, wie Rückenschmerz oder Knieschwellung. Das Ziel ist, das defekte Teil zu finden und zu reparieren. Myofasciale Dysfunktionen sind meist keine sichtbaren Strukturdefekte, sondern Störungen im Zusammenspiel zwischen Muskel, Faszien, Nerven und Immunsystemen. Die Symptome, wie Bewegungseinschränkung, Gewebeempfindlichkeit, entstehen durch zahlreiche stressige Faktoren, ohne dass ein eindeutiger Schaden im Gewebe nachweisbar ist. Oft liegt der Ort des Schmerzes nicht direkt am Ort der Störung. Die Symptome sind das Ergebnis vieler kleiner Faktoren, die sich summieren
Dazwischen Orientierung zu finden ist eher eine philosophische Aufgabe. Im Medizinstudium werden Funktionsstörungen nicht ausreichend gedanklich behandelt. Der Student solle gefälligst sein Physikum machen, bei seinen Organen bleiben und sich nicht in Gedanken verlieren. Daher haben viele Ärzte selbst kein tiefes Verständnis von myofascialen Dysfunktionen und ihren systemischen Auswirkungen. Zudem lassen sich myofasciale Störungen nicht in technischen Verfahren wie Röntgen, Labor und MRT darstellen, was ihre Legitimität im Auge mancher Ärzte und Patienten mindert. Eine ausführliche Erklärung funktioneller Zusammenhänge braucht Zeit, die im klinischen Alltag oft fehlt. Während in Medien und Werbung über spektakuläre Operationen oder neue Medikamente viel berichtet wird, finden komplexe funktionelle Störungen weniger Aufmerksamkeit.
Die offensichtlichen und allgegenwärtigen Bewegungskonflikte sind in Messbildern nicht zu erkennen und deshalb schwer zu vermitteln. Angedockt an die Erfahrung eines ganzen Beruflebens erhält der ärztliche Tastsinn seine Urteilskraft zurück.
- Seit je ist es Brauchtum der Funktionäre, Leitlinien zu erfinden. Funktionsstörungen als diagnostisch krankhaft und symptomatisch klar abgrenzbare Einheit, als eine Entität zu erklären, ist nicht einfach. Aber funktionell sind Störungen immer dann, wenn sie räumlich nicht Ausdruck einer Schädigung von Gelenken, Segmenten, Organen, Muskeln oder Nerven, aber zeitlich irgendwo auf dem Weg dahin sind.
Der Begriff „ myofasciale Dysfunktion „ wurde von den Fachgesellschaften, welche sich mit den Beschwerden am Muskelskelett befassen, vor allem Orthopäden, Neurologen, Chirurgen, Rheumatologen und Psychologen, nun in den Leitlinien zur Behandlung spezifischer sowie unspezifischer Beschwerden an der Wirbelsäule eingeführt. im Internet unter "register.awmf.org " schnell erreichbar.
Und stehen auf gleicher Ebene neben den strukturellen Defekten, wie neurologische Nervenschäden, degenerative Gelenkschäden, verengende Wirbelsegment-Schäden, rheumatische Immunschäden und angeborene Fehlstellungen mit den jeweiligen Therapieoptionen rezeptiert wurden.
Und nachdem die amerikanische osteopathische Medizin die schmerzhaften Funktionsstörungen am Muskelskelett bereits traditionell als „somatic dysfunktion“ bezeichnet hatten, wenn kein Schaden erkennbar, aber das Gewebe fühlbar empfindlich, asymmetrisch verzogen, restrikt und entzündlich verändert erschien.
Und es auch hierzulande langsam dämmerte, dass die bindegewebigen Hüllen der Muskeln und Organe kein träges Gewebe, sondern das körpereigene Fasziennetz wahrscheinlich unser reichhaltigstes Sinnesorgan mit mehreren hundert Millionen feinster Nervenenden ist.
Und spürbar mit dem vegetativen Nervensystem und dessen Regulation von Muskelspannung und Blutstrom sowie mit dem Immunsystem und der Dosierung von Entzündungsreaktionen, im unentwegten Austausch von Informationen über den Zustand des Milieus steht.
Und weil die Idee, dass nicht nur das Gehirn, sondern auch der gesamte Organismus sich bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit umformt, im Einklang steht mit dem Konzept von Homöostase, Plastizität und Resilienz. Womit unser Vermögen, das innere Gleichgewicht trotz wechselnder äusserer Bedingungen aufrecht zu erhalten sowie die Fähigkeit, aus Erfahrung zu lernen und Muster zu speichern, gemeint ist.
- Für die Behandlung der myofascialen Funktionsstörungen sind nicht nur Hemmung und Erregung der Muskeln wichtig, sondern das therapeutische Interesse umfasst auch die Faszien als mechanische Informationsträger, die Grundsubstanz mit ihrer Sol-Gel Charakteristik, das vegetative Nervensystem als dynamisches Regulationssystem, die Immunabwehr als mobile Komponente, das Hormonorchester als chemischer Informationsträger und die arterielle und venöse Mikrozirkulation als Transport und Versorgungssystem. Vieles deutet darauf hin, dass hier verschiedene neurophysiologische Mechanismen parallel ablaufen, die weder im Blutbild, noch in elektrochemischen Messungen oder gar im bildgebenden Verfahren gezeigt werden können.
- Störungen in dem Wechselspiel von Muskel und Faszien können lokale Beschwerden verursachen und das freie Gelenkspiel begrenzen. Während früher Rückenschmerz als anatomisches Problem betrachtet wurde und der Focus auf Schmerzbeseitigung durch medikamentöse oder operative Eingriffe lag, ist heute ist heute anerkannt, dass psychologische und soziale Faktoren ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Die Kombination aus körperlichem Training, Verhaltensänderung und Aufklärung der Entstehungsgeschichte wird angestrebt und verdrängt die passive Rolle zugunsten aktiver Teilnahme an dem Desensitivierungsverlauf.
Da das Nervensystem die Schmerzsignale auf verschiedenen Ebenen hemmen kann, ist bei chronischen Beschwerden die Verlängerung der Beugeketten gestört und manche Bereiche im Muskelskelett sind überempfindlich geworden. Dadurch zeigt sich für die Behandlung mit Bewegungen an dieser Stelle die entscheidende Pointe :
selbst eine exzellente und stets geübte Muskelintelligenz eines Modellathleten vom Kaliber eines Nurejew könnte die Fehlfunktionen im Muskelskelett durch willkürliche Muskelkontrolle nicht direkt durchbrechen und sich nicht aus der Dysfunktion heraustanzen, da diese auf anderen Nervenbahnen, Transportwegen und Signalkanälen rückkoppelt. Es wäre vergleichbar mit dem untauglichen Therapie-Versuch, durch bewusstes Atmen den eigenen Herzrhythmus direkt zu stabilisieren. Auch dort funktionieren die Systeme auf unterschiedlichen Regelkreisen.
- Bereits in der antiken Denkschule war die Erziehung mit geistigen Künsten neben gymnastischen Übungen die führende Idee, damit gesundes Leben mit moralischer Güte in schönen Körpern gelingt. Diese Form der Persönlichkeitsbildung hat leider nicht nachhaltig gewirkt, wenn später der römische Satiriker Juvenal das gierige Streben nach Reichtum, Macht und Ruhm um ihn herum so kommentierte: Man sollte darum beten, dass ein gesunder Geist in einem gesunden Körper sei.
Zwar liegt die Akropolis in Trümmern, doch ihr Weltkulturerbe wirkt noch im deutschen Idealismus nach. So wies Johann Gottlieb Fichte seine Studenten an, die Gesundheit der Seele wie die Gesundheit des Körpers wären ausschliessliche Bedingungen aller geistigen Entwicklung. Diese Anlage müsse allerdings durch "Selbstthätigkeit" gebraucht werden, sonst bliebe es bei der Bedingung.
Wenn Denker von heute das selbsttätige Leben beobachten, fällt ihnen eine eher passive Naturdynamik auf: die Rückwirkung aller Bewegungen auf den Beweger, sogar aller Handlungen auf den Handler.
Im übrigen verläuft die Gesprächsfront zwischen Naturwissenschaft und Philosophie. Der Glaube bleibt außen vor.-
Der Mutterwitz jeder Therapie ist, alte Geschichten neu zu erzählen und darin ein idealisiertes Selbstbild aufgeben, das unerreichbar ist.
Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte Pehr Ling eine schwedische Heilgymnastik, weil durch aktiv, passiv und gegen Widerstand geführte Übungen bei Soldaten eine Verbesserung der allgemeinen Gesundheit, bessere Körperhaltung und mehr Muskelkraft und Durchblutung zu beobachten war. Die Behandlung durch Heilgymnastik mit freien Übungen war für den Therapeuten sehr anstrengend, deshalb wurden in Schweden die Offiziere zur zweijährigen Ausbildung geschickt. Die meisten deutschen Ärzte forderten zwar, dass die Gymnastik gegen Widerstand eine rein ärztliche Maßnahme sei, aber nur für begabte Ärzte zu empfehlen, die " mit rüstigem Geiste und völlig gesundem, an Tätigkeit und Anstrengung gewohnten Körper ausgestattet " waren. Das begrenzte das Angebot erheblich.
Deshalb kam damals der Vorschlag von Gustav Zander, Gesundheit durch maschinell dosiert geführte Bewegung herzustellen und gleichzeitig Heilgymnasten und Patienten durch medicomechanische Geräte zu entlasten, sehr gelegen. Parallel trafen die philosophischen Auffassungen Charles Darwins in den Köpfen der mechanistischen Orthopäden ein, wonach die an herrschende Umstände angepassten Körper die größten Fortpflanzungschancen hätten. Der Chirurg Julius Wolff zeigte dazu in Berlin die Anpassung der inneren Struktur und äusseren Form des Knochens an mechanische Belastung. Hohe Belastung führt zu dichten Aufbau des Knochens und wenig Belastung zu Abbau von Knochensubstanz. Dieses dynamische Prinzip der Transformation des Knochens überzeugte und wurde sogar auf Muskeln, Blutgefäße und Nerven übertragen. Conrad Röntgen bestätigte später strahlend diese Befunde auf seinen Schwarzweiss-Bildern.
Es war zeitlich eine Jahrhundertwende auf allen Ebenen des kulturellen Lebens in Wachstum, Wissenschaft und Fortschritt. Im wirtschaftlichen Umfeld wurde die bis dahin typische Arbeit auf dem Feld abgelöst durch einseitige Arbeiten in der industriellen Fertigung. Eine zunehmende Anzahl von Angestellten, Beamten, Bürodienern, Lehrern und anderen aufsichtsführenden Kräften in der Verwaltung waren körperlich kaum noch gefordert. Die physische Anspannung wurde durch die psychische ersetzt. Ausgleichende Bewegungen, sportliche Beanspruchung und verbesserte Leistungsbereitschaft durch Fitness waren schon Themen, die auch dem Bewegungsmangel bei Schulkindern, älter und gebrechlicher werdenden Menschen entgegenwirken konnten. Mit der Einführung der Unfallversicherung kam das staatliche Interesse an der bestmöglichen Wiederherstellung von Unfallverletzten und sogar die AOK leistete sich einen eigenen Gerätepark. Somit wurden die Zander-Institute europaweit die Wegbereiter moderner Trainingstherapie.
Zum Groll und erbitterten Widerstand der manuellen Zünfte und traditionellen Bewegungstherapeuten, die darauf bestanden, dass man vieles erzählen und mit den Händen zu fertigen vermöge, was Maschinen nicht zustande bringen. Es war nur noch nicht klar, was, wo, wie, von wem und wozu genau. Immerhin gab es idealistische Vorbilder: um eine Verbindung zur Heimat zu schaffen, setzte der als Turnvater bekannte Friedrich Ludwig Jahn die Körperertüchtigung in "freier Natur" ein und entwickelte Übungen an Barren, Pferd und Ringen, um die Jugend körperlich und geistig wehrhaft auf nationale Kämpfe vorzubereiten und die Bevölkerung insgesamt kriegstüchtig zu machen. In weiter östlich gelegenen Kulturen war die "Faust des höchsten Prinzips", wie chinesische Kampfkunst Tai Chi Chuan dort genannt wird, ursprünglich auf Selbstverteidigung ausgelegt, und eignet sich durch langsame und fließende Bewegung auch für gesunde und meditative Zwecke, wie auch Qigong aus überlieferten schamanischen Praktiken und buddhistischen Motiven entstand. Ursprünglich als Mittel zur spirituellen Erleuchtung und Selbsterkenntnis in Indien entwickelt, umfasst Yoga vor allem körperliche Haltungen, Atemübungen und Meditation, die auch für Kampfkünste in militärischer Ausbildung genutzt wurden.
Während seiner Internierung in England formte der Düsseldorfer Brauereigehilfe und Hobbyartist Joseph Pilates ein ganzheitliches Körpertraining für Rumpf und Becken, dass zunächst für internierte Soldaten, dann für die Hamburger Polizei und später in New York für die obere Gesellschaftsschicht zu einer guten Kondition und Haltung beitragen sollte, wobei auch Geräte mit leichtem Widerstand unter Seilzug eingesetzt wurden. Auch der israelische Ingenieur und Kampfsportler mit schwarzem Gürtel Moshe Feldenkrais versuchte durch bewusste Wahrnehmung die Bewegungsmuster zu verbessern und dadurch das allgemeine Wohlbefinden zu steigern. Im Gegensatz zu Methoden, die auf Muskelaufbau oder Ausdauer abzielen, soll die Achtsamkeit für lang so same Bewegungen geschärft werden, um neue, effizientere Bewegungsabläufe zu erlernen und eingefahrene Muster durchbrechen.
Seit Beginn des ersten Weltkrieges standen allerdings Infektionen und Prothesen nach Kriegsverletzungen im medizinschen Vordergrund und das Interesse an individueller Vervollkommnung und Turnen als Gebot nationaler Gesundung nahm nicht nur aus Geldmangel oder Inflation dramatisch ab. Man hatte andere Sorgen bis weit nach dem 2. Weltkrieg.
Im wissenschaftlichen Untergrund legte der Engländer Sir Charles Scott Sherrington den Grundstein für das Verständnis der Steuerung von Muskeln durch Nerven und die reflexartige Verschaltung von Nervenzellen und die unbewusste Steuerung von Bewegung und Muskelaktivität. Er prägte nicht nur den Begriff der Propriozeption für die Wahrnehmung der Körperstellung im Raum, sondern zeigte, wie Informationen aus Muskeln, Gelenken und der Haut für die Koordinierung der Bewegung genutzt werden. Zudem wies er nach, dass bei der Aktivierung eines Muskels der Gegenspieler gehemmt wird. Aus der Integration dieser Sensomotorik entstanden schon damals zahlreiche Konzepte der Bewegungstherapie, die bei funktionellen Störungen angewendet wurden.
Mit dem Wirtschaftswunder nahm die Zurückhaltung ab und der Vorwärtsdrang über Trimm-Dich-Pfade und gleichzeitig die Häufigkeit chronischer Rückenschmerzen zu. Die tchechischen Ärzte Vladimir Janda und Karl Lewitt sowie der Schweizer Neurologe Alois Brügger überlegten, wie unter den neurophysiologischen Grundlagen manuelle Techniken und gezielte Übungen eingesetzt werden konnten, um die schmerzhaften Funktionsstörungen am Muskelskelett schulmedizinisch zu beheben. Sie verließen sich auf Beobachtungen anderer namhafter Fachärzte in Europa, dass es die isolierte Aktion eines Muskels nicht gibt ( Duchenne ), das Gehirn gar keine Muskeln kenne, sondern nur Bewegungen ( Jackson ) und die Gelenke allesamt in Wechselbeziehungen miteinander stehen ( Haglund ).
Das Muskelsklett wurde erstmals ernsthaft als Erfolgsorgan des Nervensystems betrachtet und bildet ein Gefüge von Bewegungsabschnitten, die vom Rumpf aus mit der Halswirbelsäule und dem Becken mit den Extremitäten und deren Komponenten zusammenwirken. Übernommen wurde das alte biologische Prinzip der Franzosen Lamarck und Saint-Hilaire, von dem man glaubte, dass es wahr ist: nämlich dass die Morphologie, als die sichtbare Struktur eines Organs, sich nach der Funktion ausrichte, die es zu übernehmen hat.
Für Brügger war dazu die Einnahme einer aufrechten Körperhaltung ökonomisch wesentlich, weil die Wirkungen der Schwerkraft bei einer gekrümmten Körperhaltung die Strukturen überfordern und Biegespannungen auftreten würden. Diese würden im zentralen Nervensystem einen Gegenzug der Muskulatur auslösen, der die Biegespannungen in Druckspannung umwandelt, welche zu schmerzhaften motorischen Behinderungen führen, den Tendomyosen. Die Schmerzhaftigkeit entstehe durch die noziceptive Aktivierung der neuronalen Matrix für Bewusstsein. Nozizeption ist ebenfalls ein Begriff von Sherrington, der aus dem lateinischen "nocere" ( schaden ) abgeleitet ist und in der Medizin das Frühwarnsystem beschreibt, wie Wahrnehmung von potentiell schädlichen Reizen durch spezialisierte Zellen überall im Gewebe in das Bewusstsein eintaucht. Diese Entdeckung Sherringtons war bahnbrechend, da sie einerseits die körperliche Entstehung von schädlichen Reizen beschreibt und andererseits von der bewussten Verarbeitung dieses Reizes durch das Gehirn trennt. Da nach Brügger der Bewegungsapparat die Rolle des Ausführungsorgans spielt, schmerzhafte Bewegungsverluste ihren Ursprung im Nervensystem haben und in Schonprogrammen münden, könne die zugrundlegende Fehlhaltung durch Lernprogramme geändert werden.
Inzwischen dämmerte in vielen ärztlichen Köpfen die Erkenntnis, dass Medizin keine Naturwissenschaft, sondern Wissenschaft von der Natur des Menschen ist. Durch zunehmend ärztliche Fallberichte über Fehlfunktionen wurde evident, dass degenerative, entzündliche oder traumatische Veränderungen im Muskelskelett sehr häufig nicht massgebend sind, um schmerzhafte Bewegungseinschränkungen zu erklären.
Diese Beobachtung schliesst die gleichzeitige Hinzunahme von psychologischen, sozialen und kulturellen Einflüssen auf Gesundheit und Krankheit ein. Die Naturwissenschaften hatten bereits ihr Standardmodell der Teilchenphysik und den vier wechselwirkenden Kräften, während die Biologie die Evolution und das molekulare Dogma in Zellen als Rahmentheorie, um das Verständnis ihrer ihrer physikochemischen Vorgänge biomedizinisch zu umreissen. Das plausibelste Modell eines theoretischen Rahmens für die Medizin kommt aus der allgemeinen Systemtheorie für den Austausch von Informationen auf jeder Ebene, von der Zelle bis zur Gruppendynamik nach dem Prinzip einer parallelen Verschaltung, nur mittels emergenter Kaskaden. Emergenz bedeutet, dass das Ergebnis mehr ist, als die Summe der einzelnen Vorgänge.
Die erste Konzeption geht auf den amerikanischen Psychologen G. Engel zurück, der vorschlug, den Weg von der Biomedizin zur biopsychosozialen Medizin in die praktische und klinische Tätigkeit der Ärzte zu integrieren. Die Schwierigkeit, die der Normalmediziner damit hat, hängt mit dem nicht vollzogenen Wechsel unserer Denkmuster durch neue Erkenntnisse zusammen. Wer bisher meinte, alles im Körper sei entsprechend der zwangsläufig deterministischen Vorgänge vorbestimmt, kann durch neue Erfahrungen zu einer offen Weltsicht gelangen und nun meinen: "Ich habe Einfluss auf mein Leben".
So schrieb der Freiburger Weinkenner, Internist und Psychosomatiker Thure von Üxküll an seinen Schweizer Kollegen Rolf Adler, den weiteren Protagonisten der Theorie der Einheit von Körper und Geist, man habe die Bedeutung der Entdeckung der Beobachters noch nicht begriffen. Wir wollen nicht akzeptieren, dass wir keinerlei Zugang zu einer objektiven Realität haben. Alles, was wir wissen, beruht auf menschlichen Konstruktionen. Ich versuche, von einer Einheit des Überlebens von Organismus und Umwelt auszugehen. Für den Begriff Umwelt greife ich auf die Arbeiten meines Vaters, dem estländischen Biologen Jacob von Üxküll zurück. Auf die einfachste Formel gebracht, handelt es sich um die Feststellung, dass jedes Lebewesen ein beobachtendes System ist, das seine Umgebung für seine Bedürfnisse und sein Verhalten interpretieren und dementsprechend in Form bringen muss, wenn es überleben will. Daher muss der menschliche Beobachter, der das Verhalten eines anderen Menschen verstehen will, wiederum dessen Interpretation der Umwelt verstehen. Wenn man demnach zu fragen hat, wie denn die Umwelt aussieht, nach dem das Selbst eines Kranken sich und seine Umgebung deuten muss, kann eine strikte Unterscheidung zwischen krank und gesund nicht mehr aufrecht erhalten werden.
Die Kostenträger entdeckten in den 1990er Jahren diesen therapeutischen Ansatz, der sich zudem sportmedizinische Prinzipien zunutze macht und sich nicht nur besonders wirksam für die Behandlung von chronischen Rückenschmerz erwiesen hat, sondern auch nach amerikanischem Vorbild die Krankenakten abgebaut und die Arbeitsfähigkeit aufgebaut hat. Mit dem gerätegeführten Krafttraining zur Wiederherstellung der körperlichen Funktion werde nicht nur Schmerz gelindert, sondern auch die Verringerung der Arztbesuche mit unnötigen oder langwierigen Behandlungen erreicht. Flankierend führten pyschologische Strategien zur Bewertung und Bewältigung biopsychosoial bedingter Fähigkeitsstörungen.
Technische Innovationen und biomechanische Erkenntnisse hatten inzwischen zur Verfeinerung der Methoden von Zander und Ling geführt, um mit wechselnden Widerstanden die Muskeln automatisch anzupassen oder spezifische Muskelgruppen anzusprechen.
Besonders die amerikanischen Gerätehersteller betonten mit gesteigertem Interesse die Notwendigkeit, nicht nur strukturelle Defekte nach Verletzungen oder Operationen, sondern auch chronisch funktionelle Störungen zu behandeln. Die Formel " ein starker Rücken kenne keinen Schmerz ", war zwar erkennbar falsch und biomechanisch gequirlter Unsinn, aber die griffige Propaganda und das maschinelle Trainingsprogramm sollte die Bewegungssteuerung wiederherstellen, die Belastbarkeit durch kontrollierte Bewegungen erhöhen und die Chronifizierung durch Reaktivierung von Muskeln vermeiden oder unterbrechen. Obwohl niemals nachgewiesen wurde, dass ein schwacher Muskel Beschwerden verursacht. Die Kostenträger sahen in diesem einfachen Ursache-Wirkung-Konzept die Möglichkeit zum Handeln und übernahmen grosszügig Krankengymnastik am Gerät. Psychologen entwickelten zusammen mit Schmerztherapeuten multimodale Strategien: die Kombination von biomedizinischer Behandlung der erkennbar körperlichen Defekte mit Medikamenten oder Operationen, physiotherapeutischer Bewegungsableitung, psychotherapeutischer Hilfe zur Vermeidung der Bewegungsvermeidung, Nachhilfe in ergonomischen Alltagsbewegungen und Achtsamkeit auf den Körper und Umwelt zur Vermeidung von Stress. Besonders das Göttinger Intensivprogramm ( GRIP ) hat hierzulande an der Verbreitung beigetragen, wobei anzumerken ist, dass der Göttinger Anästhesist und Schmerztherapeut Hildebrandt als Initiator dem Gerätetraining mehr als kritisch gegenüberstand: " Hilfe! Wir werden von der Kraftmeierei angesteckt!".
Damit steht die übermäßige Spezialisierung auf Geräte in der Kritik. Die isolierten Bewegungen an Geräten spiegeln weder alltags-, noch sporttypische Bewegungsmuster wider. Warum soll man sich an die Geräteführung anpassen, wenn diese im alltäglichen Zusammenspiel mehrerer Muskelgruppen und deren Bewegungskontrolle keine Relevanz hat. Weil die Übertragung der an Geräten entwickelten Kraft auf vielseitige Bewegungen wie Treppensteigen und Heben ziemlich eingeschränkt ist. Zudem nehmen Geräte die wichtige Aufgabe der Stabilisation ab, sodass intermuskuläre Koordination und propriozeptive Fähigkeiten unzureichend geübt werden. Die quere Rolle der Kraftübertragung der Faszien wird gar nicht berücksichtigt. Aber positive Effekte wie die Ausschüttung von Belohnungshormonen und Rückkehr der Körperkontrolle sind dagegen ein therapeutischer Gewinn, allerdings nur dort, wo der Kontrollverluste die chronische Beschwerden beherrscht.
Freie gymnastische Übungen fördern dagegen vielseitige Bewegunsmuster unter gleichzeitiger Eigenwahrnehmung, die direkt auf den Alltag übertragbar sind, wie Heben, Drehen, Aufstehen oder Balancieren. Funktionelle Kraft und Koordination werden gleichzeitig trainiert. Zudem erfordern freie Übungen die Stabilsierung von Kopf bis Fuß durch das gesamte Muskelskelett. Die Eigenwahrnehmung des Körpers, die Propriozeption ist wichtig für die Fähigkeit, auf instabile oder unerwartete Belastungen zu reagieren. Dieses ist besonders wichtig in der Rehabilitation, um Rückfälle zu vermeiden. Allerdings ist die exakte Dosierung von Widerständen schwieriger. Was in frühen Reha-Phasen problematisch sein kann, wenn das geschädigte Gewebe nur geringe Belastungen toleriert. Da freie Übungen eine korrekte Technik und ein gewisses Maß an motorischer Kontrolle erfordern, eignen sich entsprechende Übungen erst in späteren Reha-Phasen.
In der Rehabilitation ist die Kraftausdauer, also die Föhigkeit über längere Zeit eine ordentliche Kraftleistung zu erbringen, wichtiger als die Maximalkraft. Denn der Alltag erfordert beim Gehen, Heben und Treppensteigen viele wiederholte Bewegungen mit moderaten Kräften und keine maximalen Anstrengungen bis zur Verausgabung. Funktionelle Bewegungen sind oft eine Kombination aus Kraft, Ausdauer und Koordination, die nicht durch Pumpen im Maximalkrafttraining erreicht wird. Damit ist die Kraftausdauer die Grundlage für eine nachhaltige Wiederherstellung der Belastbarkeit des Muskelskeletts, gleichgültig ob die Störung der muskulären Ansteuerung durch einen Gewebedefekt oder durch Fehlanpassung ausgelöst wurde. Zudem birgt ein Krafttraining mit hohen Lasten und wenigen Wiederholungen ein hohes Risiko für lokale Überlast und Verletzungen, insbesondere bei geschwächtem Gewebe im Kokontraktions- oder Hemmungs-Erregungs-Zustand. In der Rehabilitation sind beide Methoden individuell einsetzbar und können je nach Phase und Ziel individuell kombiniert werden.
Wenn Muskelkraft oder Kontrolle eingeschränkt ist, können Schutzreaktionen vorliegen. Das Nervensystem bremst bestimmte Muskeln ab, etwa den Oberschenkelmuskel bei Knieschäden. Dies ist zunächst ein sinnvoller Schutz, kann aber zu lange anhalten. Es ist, als würde der Organismus eine Sicherung herausdrehen. Das feine Gitternetz aus Bindegewebe, die Faszien, wird weniger geschmeidig. In der Rückmeldung arbeiten die tiefen Rückenmuskeln nicht mehr optimal gegenläufig zusammen, woraus zusätzlich asymmetrische Verspannungsketten von Kopf bis Fuß entstehen. Daraus entwickelt sich eine besondere Art der Reizflut: die feinen Nervenenden im Geweben setzen Schmerzchemie frei, was zu Schwellung und weiteren Entzündungsreaktionen führt. Das Gewebe wird überempfindlich und schlecht durchblutet.
- Eine feingewebliche Entzündung durch myofasziale Dysfunktion muss ganzheitlich behandelt werden, während eine aktivierte Arthrose oft gut durch örtliche begrenzte Behandlung der Entzündung entlastet wird. Die Therapie der rheumatoiden Arthritis ist wegen der immunologischen Natur der Entzündung nicht lokal begrenzt, deshalb wirkt die systemische Medikation nicht sofort für ein Gelenk entlastent. Frauen sind im Vergleich zur Bevolkerung frühzeitig zu 2,5 %, Männer zu 1% von dieser Immunkrankheit betroffen, ab den Wechseljahren kommt so ein Schub 4 bis 5 mal häufiger als Männer.
Die Geschlechtsverteilung der aktivierten Arthrose in der täglichen Versorgung ist dagegen anders auffällig: Frauen sind 2-3 mal häufiger als Männer und besonders deutlich bei Knie- und Fingergelenken ab dem 60ten Lebensjahr betroffen. Bei Hüftgelenken ist im gleichen Jahrgang der Unterschied geringer, während der Umbau der Wirbelgelenke an den Übergängen zum Becken und zum Hals annähernd gleich verläuft, aber schon ab dem 30. Lebensjahr zu 30 % beobachtbar ist.
Bei der aktivierten Arthrose entsteht die Entzündung primär durch mechanische Überlastung des bereits umgebauten Gelenks. Der Umbau selbst ist tatsächlich zunächst eine gutgemeinter Anpassungsversuch des gesamten Organismus für die lokale Ebene. Dies kann anfangs funktional sein, denn über Alarmsignale in der Propriozeption, also der Eigenwahrnehmung über die Gelenkpositionen in jeder Situation, versucht das System Mensch die Instabilitäten auszugleichen, was im Laufe der Zeit über Auf- und Abbau von Knorpelzellen zur strukturell Verbreiterung der Gelenkflächen führt und morphologisch erkenn bar ist. Solange das Muskelskelett die tägliche Belastung bei Arbeit, Sport und Spiel ausgleichen kann, bleibt die Situation stabil. Problematisch wird es erst, wenn der Umbau zu stark wird und die Beweglichkeit einschränkt.
Die Aktivierung tritt oft erst ein, wenn die Fähigkeit zur Kompensation überfordert wird und zusätzliche Faktoren wie hormoneller Stress, überzuckerte Ernährung oder Unfälle die neuromuskuläre Steuerung stören. Dann schütten die Gewebe der Innenseite der Gelenkkapsel reichlich Entzündungschemie aus, während die Produkte des Knorpelabbaus den Prozess noch triggern
- Wie alle Zellen, wird mit der Zeit auch die Zelle des Bindegewebes alt. Das heisst, der Fibroblast hört auf sich zu teilen. Da nur die Krebszellen unsterblich sind, muss in dem Mechanismus des Zellalterns das biochemische Geheimnis der Alterssteife verborgen sein. Eingeweihte Kreise sprechen von replikativer Seneszenz., wobei die Anzahl der alternden Zellen im Gewebe während der normalen Alterung ansteigt. Da diese Zellen noch ihren Stoffwechsel beibehalten, wirken sie immunreaktiv und entzündungsfördernd.
Bei jedem Zellzyklus, der mit Fibroblasten bis zu 50mal stattfinden kann, verkürzen sich beide Endstücke unserer Chromosome, die Telomere, stückchenweise, wodurch die Anzahl der Zellteilungen begrenzt wird. Diese Verkürzung der Telomere trägt zur Dysfunktion des Gewebes und damit zu chronischen Krankheiten und Zelltod bei.
- Es ist jedoch, Evolution sei Dank, nicht alles in den Genen festgelegt und nicht alles gleich, bloß weil es so ähnlich erscheint. Preisgekrönte Forscher zeigen auf ein Enzym, Telomerase genannt, dass gar nicht vorzeigbar ist, aber die Länge der Endstücken an unseren Genen kontinuierlich wieder herstellt und damit die Erbinformation bei Verdopplung der DNA während der Zellteilung erhält. Tatsächlich geht chronischer Stress mit kürzeren Telomeren einher, während regelmäßige körperliche Aktivität mit längere Telomeren korreliert. Auch ruhiger Schlaf und Mittelmehrkost zeigen parallele Zusammenhänge. Allerdings variieren die Messmethoden, die Informationen in den Genen selbst spielen ein wichtige Rolle und die Ursache-Wirkung- Logik ist in der Biologie zweifelhaft.
Während die Funktion der Telomerase gut belegt ist, bleibt unklar, womit wir wirksam unser Leben ändern sollen, um die Telomete bei Länge zu halten. Bis dahin helfe eine alte Glücksbotschaft erstmal weiter: Laute Menschen in grossen Dieseln meiden, denn die machen nur Verdruss. Frieden mit dem Nachbarn schliessen. Viel vornehmen aber wenig machen und das Wenige bis zum Ende erledigen. Zügig und kontinuierlich in frischer Luft bewegen. Zwei Tüten Gemüse amTag ist Pflicht, aber tolerant sein, wenn man uns Hühnchenfleisch auf den Teller legt. Der Wein kommt nicht weg, den trinken jetzt andere. Falls noch jemand kommt.
Unter den Hundertjährigen gibt es mehr Philosophen als Zehnkämpfer.
" Zehnkampf formt den Zehnkämpfer " bestätigt der Zehnkämpfer wohlmeinend mit Blick auf den nach Luft ringenden rennradelnden Denker:
" Sie radeln sicher zum Ausgleich. "
" Was denken Sie denn?! " schimpft der vorschnell und intuitiv, " Denken Sie wirklich, Sie würden gesünder, wenn Sie zum Ausgleich denken? Sport ist kein dynamisches Prinzip des Lebens, sondern ein Eigenwert. Sport ist Beschleunigung und muss Spass machen.
" Ich denke wie Schiller im Wallenstein: Es ist der Geist, der sich den Körper baut."
" Niemand ist zweigeteilt, wir haben nur Denkschwierigkeiten, die Einheit von Körper, Geist und Seele in Worte zu fassen. Training ist Simulation des Ernstfalls. Wer trainiert, setzt damit den Simulanten in die Welt und drückt ihm den Stempel seines eigenen, willkürlichen Tuns auf. Keine Bewegung entgeht dem Prinzip der rückwirkenden Prägung. Und was zurückwirkt, wirkt auch voraus, wie der Zeitgeist Peter Sloterdijk treffend bemerkte. Demnach erzeugt jede Tat den Tätigen, jedes Gefühl den Mitfühlenden, alle Reize den Gereizten und das Funktionieren den Funktionär. Es sind die Gewohnheiten, die unsere Kultur verkörpern."
" Denken Sie, ich trainiere nur wegen meiner Gewohnheiten ?"
" Je nach Talent ist jeder Tätige, Mitfühlende, Gereizte oder Funktionär bereits in der Lauge seiner Gewohnheiten livide verfärbt. Aber jeder Vernünftige kann seine Fähigkeiten selbst in die Hand nehmen und seine Lebensweise ändern. Indem er alte Geschichten neu erzählt und in seine Wirklichkeit einübt, die dann besser zur Realität passt. Man kann allerdings nicht blind nach vorn stürzen und mit einer einfachen Willenserklärung das ändern, was längst verwöhnt ist." verspricht nun der Denker verschmitzt.
"Man lernt nur durch Wiederholungen. Ich trainiere für meine Gesundheit, um den Rücken zu kräftigen, damit meine Bandscheiben nicht herausrutschen, den Nerv quetschen und ich operiert werden muss. Das sagen alle, auch Ärzte, vor allem Physiotherapeuten und Sportlehrer."
" Die Krankenkassen auch. Vielleicht liegt hier ein versteckter Bestätigungsfehler vor. Die menschliche Tendenz, nur das zu sehen, wovon man überzeugt ist und alles andere auszublenden, ist hartnäckig."
" Jeder sieht nur das, was er weiss. "
" Die Frage, was man tun oder geschehen lassen muss, hängt nämlich mit den Körperbild zusammen, das man von sich hat. Was willentlich getan und wie es gestaltet werden muss, hängt sehr davon ab, in welcher Wirklichkeit wir die Körperwelt verstehen. Das klassische Denkmuster schwacher Muskel-Verschleiss-Schmerz und Gerätetraining als Lösung für einen gesunden und schönen, weil durchtrainierten Bewegungsapparat, setzt ein mechanistisches Körperbild voraus. Es isoliert einzelne Muskelgruppen wie Einzelteile einer Maschine, reduziert die Bewegung auf künstliche Abläufe und unterstellt eine einfache Beziehung zwischen Schmerz und Kraft.
Oft üben wir auf etwas hin, das wir uns vorstellen, aber diese Vorstellung ist selbst eine Konstruktion. Nicht jede Übungskultur ist automatisch sinnvoll und gern üben wir uns in eine Scheinwelt hinein. So ist Übung immer ein Dialog mit dem Körper im Rahmen des Möglichen. Also bitte keine Gewalt gegen ihn, um unbedingt das Ideal eines starken Helden oder glatter Göttin zu erreichen. Gesundheit kann niemand trainieren, nur ermöglichen."
" Kann ich nicht üben, was ich will?"
" Der Wille ist frei. Aber es hilft, wenn der Wille in ein umfassendes Sinnfeld passt. Ein Körpergefühl macht was mit einem. Jede Rückkehr zur Körperkontrolle belohnt aktives Handeln statt passives Vermeiden. Negativer Stress macht reizbar auf allen Ebenen, sei es nun biologisch, psychisch oder sozial. Der positive Stress eigenen Tuns sorgt für mehr Durchblutung und Stoffwechsel zur Immunabwehr. Die Flut von Glückshormonen durch jede Art der Bewegung überspült die Schmerzwahrnehmung. Auch ein Lob nützt nichts ohne die Ausschüttung von Hormonen. Enorme Belastungen führen sogar zu einem Kraftreservoir, das über dem vorherigen Fitnessstatus liegt. Vorausgesetzt, es war keine Überlast und genügend Pause zur aktiven Erholung dabei.
" Das erlebe ich im Zehnkampf. Das Erhöhen unserer Leistungsfähigkeit ist in dem Geheimnis der Verausgabung verborgen. Bei sehr feinen Bewegungen kommt noch hinzu, dass sich in Nerven, Muskeln und Geweben durch regelmäßige Stimulation eine Art vorauseilender Bereitschaft einstellt. Der Könner steigert seine Empfindlichkeit durch täglichen Gebrauch. " Der Zehnkämpfer gibt nicht auf.
" Die Wirkung von Bewegung gegen Widerstand geht weit über das Maschinenmodell hinaus. Denn der Mensch keine Maschine, sondern Teil der irdischen Biosphäre. "
" Mit dieser zu weit gehenden Ansicht stehen Sie aber draussen vor der Tür!"
"Nein, nur mit einem Blick von aussen auf die Erde. " fährt der Denker nun langsam und abwägend fort, " Jeder ist zwar in seiner Perspektive verortet, denn es gibt bekanntlich keinen Blick von nirgendwo. Aber wir alle sind Kinder der Natur. Und die ist vernunftfrei und hat Geschichte, egal ob unbelebt oder belebt. Mutter Erde ist ein selbstregulierendes lebendiges System, indem Organismen und ihre Umwelt sich gegenseitig beeinflussen, wobei Zusammenarbeit bis zur Verschmelzung die Regel ist. Die Erde ist nicht passiv und die Lebewesen passen sich nicht einfach darauf an, sondern sie verändern sich gegenseitig. Alle geologischen, atmosphärischen und biologischen Vorgänge sind aktiv vernetzt und regulieren gemeinsam die Bedingungen, die das Leben erhalten. "
" Wenn das man nicht die ökologische Weltsicht von Lynn Margulis und James Lovelock ist!"
" Das ist keine ideologische Weltsicht, sondern ein umfassender Blick auf die Erde, der alles was sich dort bewegt oder wie tot in der Gegend herumliegt, nicht trennt sondern verbindet. Die beiden Wissenschaftler entwickelten mit der Gaia-Hypthese ein Modell, das lebende Systeme als vernetzte, selbst regulierende Ökosysteme versteht."
" Es ist zu einfach gedacht, die komplexen und unfassbar vielen Wechselwirkungen auf eine These zu reduzieren. Die Erde hat keinen Plan, sie reagiert nur auf Veränderungen. In der Evolution überleben alle Arten ohne Auswahl."
" Sicherlich ist die Annahme, die Erde genauso wie unseren Organismus als vernetztes System zu betrachten, schwer zu beweisen oder zu widerlegen. Die Idee, dass die Erde wie Mutter Natur ein Lebewesen ist, ist mehr Poesie als Wissenschaft. Der Glaube an eine sich selbst heilende Erde kann ebenso wie der Galube an Selbstregulation bei Krankheiten zu Untätigkeit führen. Dadurch kann eine rechtzeitig wirksame aktive Behandlung fahrlässig verhindert werden.
" Aber es fällt doch auf, dass Erde und Mensch ihre konstante Sauerstoffkonzentration erhalten, trotz Umweltveränderungen. Dass die Temperatur der Meere ebenso über lange Zeiträume stabil bleibt, wie unsere Körpertemperatur, trotz unterschiedlicher Sonneneinstrahlung. Dass der pH-Wert zur Messung des Säurezustand der Weltmeere erstaunlich konstant bleibt, was als Hinweis für funktionierende Regulation ist. Die bahnbrechende Beobachtung, dass aus Bakterien, die zu unseren Zellorganellen wurden, komplexe Lebensformen einstehen, kann durchaus auf den ganzen Planeten übertragen werden. Ebenso die Erkenntnis, dass Lebewesen aktiv wichtige Kohlen- und Stickstoffwechsel beeinflussen und nicht nur passiv darauf reagieren. Beobachtungen, wie die Verwitterung von Gestein durch Flechten und Moose zeigten, dass Leben auch geologische Fussabdrücke hinterläßt. Schließlich ist unsere gemeinsame Atmosphäre chemisch instabil und kann ohne biologische Aktivität in ihrer jetzigen Form nicht bestehen.
Also sind auf der Erde lebendige Wesen wie wir mehr als die Summe von deterministischen Kausalfäden: offen für Neues durch Zufall, Symbiose und Notwendigkeit bauen wir uns selber ununterbrochen um, reparieren, regulieren und vervielfältigen uns selbst und erhalten ständig unsere innere Ordnung aufrecht gegen zerstörerische Kräfte der Umwelt, durch Austausch von Information, Stoffen und Energie."
" Da blüht doch wieder die blaue Blume der Romantik zwischen den Steinen! "
" Traditionell sehen Leute wie Sie unseren Körper noch als mechanischen Bewegungsapparat, mit Knochen als Hebel, Muskeln als Motoren und das Gehirn als Steuerzentrale. Dieses Bild ist nicht nur vereinfacht, sondern falsch. Dieser Perspektivwechsel hat tiefgreifende Folgen für das Verständnis und die Behandlung von Beschwerden."
" Sie meinen ernsthaft, wir wandern von der Maschine zur lebendigen Gemeinschaft? ""
" Bezüglich des Muskelskeletts und seinen Bewegungen: natürlich! Die Tatsache, dass Sie mehr Microorganismen als Körperzellen haben, wirkt sich auf Entzündungen im Gitternetz der Faszien aus. Statt nur auf Muskelkraft und Mechanik zu achten, müssen wir auf die Gesundheit des Bindegewebes, des Nervenkostüms und des Microbioms achten. "
" Gibt es in diesem eklatanten Sichtwechsel eine Parallele zur Physik ? "
" Das ist zumindest interessant zu betrachten. Allerdings stark gebremst durch die erstaunliche Nachricht von Biologen, dass wir, mit all unseren Freuden und Leiden, unseren Erinnerungen, unserer Identität und Freiheit des Willens, nichts anderes seien, als ein Haufen von Zellen mit ihren dazugehörigen Molekülen. Womit das Bewusstsein in den Begriffen der Physik und Chemie zu erklären wäre. Leider wurde uns nicht verraten, welche neue Physik das denn sei. Begriffe wie Organisation, Information oder Funktion kommen in der Physik, die uns heute vorliegt, nicht vor.
Einstein erweiterte das herrschende mechanische Weltbild von Newton, indem er zeigte, dass Raum und Zeit keine absoluten Grössen sind, sondern von Bezugsgrößen des Beobachters abhängen. Deswegen der Name Relativitätstheorie. Es gibt in der Physik keinen absoluten Raum, keinen Äther, indem nichts wechselwirkt. Er integrierte die klassische Mechanik in ein umfassendes Verständnis, ohne diese vollständig zu verwerfen.
Ähnlich revolutionierten Margulis und Lovelock unser Verständnis biologischer Systeme. Nachdem sie lange Jahre sehr stark von den herrschenden Meinung angegriffen wurden, ist ihre Weltsicht heute für viele Bereiche als Earth System Science akzepiert. Es ist die Aufgabe aller Ärzte, das Verständnis unter die Leute zu bringen, weil chronische Beschwerden im Alter nicht nur mechanisch als Muskelschwäche betrachtet werden darf, sondern mit dem Ungleichgewicht in dem Ökosystem älter werdender Mensch zusammenhängen. Das gilt für die Entwicklung von Arthrose, Krebs, Diabetes; Alzheimer und myofasziale Dysfunktionen am Muskelskelett."
" Daraus entnehme ich zunächst, dass Biologie keine zweite Physik ist. Gibt es ein prägnantes Beispiel?"
" Ja. aber das ist böse."
" Machts nichts, denn der zweite Fehler, den wir machen ist, dass die Natur gut ist und der Mensch böse!"
" Dann treten Sie mal gegen einen Stein und gegen einen Hund. An der Reaktion merken Sie den Unterschied von Physik zu Biologie."
"Das ist Tierquälerei und keine Sachbeschädigung mehr! "
" Da sehen Sie es! Erst ab 1990 wurde die Rechtsstellung der Tiere im bürgerlichen Recht verbessert. Inwischen wurde im Grundgesetz aufgenommen, dass Tiere als fühlende Wesen Schutz vor Leiden und Misshandlung verdienen. Offenbar wurde anerkannt, dass Tiere Bewusstsein haben und Mitgeschöpfe einer gemeinsamen Welt sind."
" Trotzdem, was hat der arme Hund mit Kräftigung von Muskeln zu tun?"
"Das Beispiel zeigt zunächst den Unterschied zwischen belebter und unbelebter Materie. Biologie ist keine zweite Physik. Während der Stein mit physikalischen Gesetzen der Mechanik auf den Tritt reagiert, zeigt der Hund eine biologische Reaktion. Meistens rennt er weg, indem er biologische Prozesse wie Muskelkontraktion und neuronale Steuerung einbezieht, die wir nicht messen können. Manchmal beisst er jedoch zu, je nach Vorerfahrungen mit Herrchen. Wir können also weder die mentale, noch die biologische Reaktion vorhersagen, nur durch alltägliche Erfahrung einschätzen. Belebte Materie reagiert eben nicht vorhersagbar. Nur in der klassischen Physik folgen Bewegungen deterministischen Gesetzen. " " Wenn man alle Anfangsbedingungen vom Tritt bis zum Stein wie Startposition, Winkel, Geschwindigkeit und Luftwiderstand perfekt kennen würde, könnte man theoretisch die exakte Endlage des Steins bestimmen. Mit gesundem Menschenverstand ist allerdings nicht verständlich, wie ein Teilchen an zwei Orten gleichzeitig sein kann, dass jede Beobachtung das Verhalten des Objekts verändert, warum zwei Teilchen über weite Entfernungen miteinander kommunizieren und Teilchen solange nicht an einem Ort existieren, bis die gemessen werden. Das bedeutet aber nicht, dass Quantenphysik irrational ist - im Gegenteil. Die neue Physik ist extrem wahrscheinlich, mathematisch hochelegant und hat den Zufall eine andere Bedeutung gestellt. Mathematik ist die Sprache der Physik, wobei neben den subatomaren Teilchen die Schwerkraft, die elektromagnetische Kraft, schwache sowie starke Atomkraft ihr Standardmodell bilden."
" Ich ahne es: die Biologie hat noch keine Sprache, wie Physik die Mathematik! "
" Genau.
"Nein, nur mit einem Blick von aussen auf die Erde. Es gibt bekanntlich keinen Blick von nirgendwo. Der Mensch sieht nur das, was er weiss. " fährt der Denker nun langsam und abwägend fort, " Der Mensch sieht nur das, was er weiss. Wir sind zwar in unserer Perspektive verortet, aber Kinder der Natur. Die ist vernunftfrei und hat Geschichte, egal ob unbelebt oder belebt. Mutter Erde ist ein selbstregulierendes lebendiges System, indem Organismen und ihre Umwelt sich gegenseitig beeinflussen, wobei Zusammenarbeit bis zur Verschmelzung die Regel ist.
Treten Sie mal gegen einen Stein und dann gegen einen Hund, merken Sie den Unterschied von Physik zu Biologie."
"Das ist Tierquälerei und keine Sachbeschädigung mehr! "
" Da sehen Sie es! Erst ab 1990 wurde die Rechtsstellung der Tiere im bürgerlichen Recht verbessert. Inwischen wurde im Grundgesetz aufgenommen, dass Tiere als fühlende Wesen Schutz vor Leiden und Misshandlung verdienen. Offenbar wurde anerkannt, dass Tiere Bewusstsein haben und Mitgeschöpfe einer gemeinsamen Welt sind."
" Trotzdem, was hat der arme Hund mit Kräftigung von Muskeln zu tun?"
"Das Beispiel zeigt zunächst den Unterschied zwischen belebter und unbelebter Materie. Biologie ist keine zweite Physik. Während der Stein mit physikalischen Gesetzen der Mechanik auf den Tritt reagiert, zeigt der Hund eine biologische Reaktion. Meistens rennt er weg, indem er biologische Prozesse wie Muskelkontraktion und neuronale Steuerung einbezieht, die wir nicht messen können. Manchmal beisst er jedoch zu, je nach Vorerfahrungen mit Herrchen. Wir können also weder die mentale, noch die biologische Reaktion vorhersagen, nur durch alltägliche Erfahrung einschätzen. Belebte Materie reagiert eben nicht vorhersagbar. Nur in der klassischen Physik folgen Bewegungen deterministischen Gesetzen. " " Wenn man alle Anfangsbedingungen vom Tritt bis zum Stein wie Startposition, Winkel, Geschwindigkeit und Luftwiderstand perfekt kennen würde, könnte man theoretisch die exakte Endlage des Steins bestimmen. Mit gesundem Menschenverstand ist allerdings nicht verständlich, wie ein Teilchen an zwei Orten gleichzeitig sein kann, dass jede Beobachtung das Verhalten des Objekts verändert, warum zwei Teilchen über weite Entfernungen miteinander kommunizieren und Teilchen solang nicht an einem Ort existieren, bis die gemessen werden. Das bedeutet aber nicht, dass Quantenphysik irrational ist - im Gegenteil. Die neue Physik ist extrem wahrscheinlich, mathematisch hochelegant und hat den Zufall eine andere Bedeutung gestellt. Mathematik ist die Sprache der Physik, wobei neben den subatomaren Teilchen die Schwerkraft, die elektromagnetische Kraft, schwache sowie starke Atomkraft ihr Standardmodell bilden."
" In der Biologie haben wir die Sprache der Mathematik nicht. Da wo nichts ist sondern wird, herrscht Staunen und Evolution. Die übliche analytische oder synthetische Methode der Naturwissenschaft ist auf das Beissverhalten von Säugetieren wie uns, nicht anwendbar. " " Noch nicht, denn im Dschungel der Interpretationen gibt es eine Spur: sowohl der Physiker Erwin Schrödinger, als auch der Biologe haben jeweils in ihren gleichnamigen Schriften Was ist Leben dargelegt, wo der Weg zur Antwort hinführt."
.....wird fortgesetzt und noch geordnet....
© Dr. Knud Heinert 2024