Mehr bewusst sein wagen


Unbestritten hängt das Prinzip des gesunden Lebens mit körperlicher Bewegung zusammen. Wer dem widerspricht, ist keiner von uns.
Geht es nur darum, den Körper leistungsfähiger zu kriegen, hilft sicher das Training der motorischen Grundeigenschaften mit Übungen für Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination, um höher, schneller und weiter als der Nachbar zu kommen. Aber Gesundheit ist kein Produkt eines perfekt progammierten Bewegungsapparates, sondern ein fortlaufendes Geschehen, das in jedem Augenblick durch passende Reize neu geschaffen werden muss.
Kein Löwe macht abends zwischen zwei Bäumen sein Krafttraining und kein anderes Tier übt dazu seine Kondition, um den Fressfeinden besser zu entkommen. Die Tierwelt will nur so stark oder ausdauernd sein, wie es für ihr Überleben erforderlich ist. Wie jedes säugende Tier brauchen auch wir Menschen regelmäßige Belastung, um den Aufbau und Abbau von Knochen und Muskelzellen in der Waage zu halten. Als gelernte Ausdauerjäger können wir lange Strecken gehen oder laufen, was für das Jagen und Sammeln in der Frühzeit entscheidend war.

- Nun ist unser Lebensstil nicht mehr direkt an biologische Notwendigkeiten zur Nahrungssuche gebunden. Kaum jemand hockt sich nach längerer Belastung noch hin, um die Erholung aktiv zu gestalten. Moderne Menschen gehen ohnehin nicht mehr als 10 000 Schritte am Tag, nehmen Aufzüge statt Treppen, um pünktlich vor die Rechner hinter dem Bildschirm zu kommen. Wo die ehemals natürlichen Bewegungsformen einfach ausgesessen werden.
Hier bei uns sind mehr die Finger aktiv und halten Handy und Auto mobil. Die Nacht wird zum Tag erleuchtet und die Fenster bleiben zu. Was stressigen Lärm abhält, das Wissen über sterile Raumkapseln verfeinert und Energiepunkte bringt. Auch das Essen ist luftdicht und keimfrei verpackt. Digitale Prozeduren steuern unsere Gedanken und Handlungen. Die Nutzung moderner Medien aktiviert nicht die gleichen Nervenzellen und Hirnregionen, wie der Gebrauch von Büchern und Heften. Unsere Kinder haben sich in der vituell technischen Welt eingerichtet. Sie leben inzwischen in einem anderen Körper mit einen anderen Kopf, der Informationen anders verarbeitet und bewertet als wir, die Eltern. Führer von Welt nutzen die Algorithmen der Zeit für sich und einer nennt sein Kind schon X AE A-12. Zugänglich für den, der den Code kennt, verschlossen für alle anderen.

- Leute wie wir wollen nicht nur in der künstlichen Lebenswelt, sondern auch im Alter gesund und attraktiv bleiben, Verletzungen und Verspannungen vermeiden und unser Wohlbefinden steigern. Inmitten von Bergen und Tälern, Wäldern und Seen haben Menschen sich ihres Verstandes reichlich bedient und für sich aus Glas, Metall, Beton und Plastik neue Wohnräume geschaffen. In der Funktion als homo oeconomicus schufen wir harte Fakten wie Werkzeuge und Waffen, nahmen Schiffe und Räder, druckten Bücher und schrieben mit Tinte, hoben Hammer und Sichel, probierten Dynamit und Erdöl, bewegten Autos und Bilder, erzeugten Pillen und Prothesen und basteln jetzt an Sensoren und Genen, um unsere Umwelt wie gefühlt zu ertasten und bei Bedarf zu ersetzen. Man nennt das Wissenschaft, Fortschritt und Kultur.
Heute machen die von Menschen erdachten Materialien mehr Masse auf der Erde aus, als alle lebenden Organismen zusammen. Die reine Vernunft erwies sich erstaunlich gut darin, alles was sich sonst noch so selbsttätig bewegt zu verdrängen und dafür unreine Berge von Müll zu produzieren.

- Man wird daraus lernen. Gewisse Performer zeigen unsicheren Erwachsenen bereits, wo es lang geht. Noch ohne zu beachten, wie sich ein lebendiger Organismus gerade selbst im Wege steht. Ein wesentlicher Irrtum besteht darin, dass Menschen die "mehr ist besser" Logik auf Bereiche anwenden, wo tatsächlich eine Dosis fein abgestimmt reagiert, aber jenseits derer eine Wirkung schädlich ist. Viel ist eben nicht besser, bloss weil wenige Reize gut sind.
Es zieht uns nicht zurück zum Leben der Wilden, sondern hin zu einer Ebene, wo die Dosis wieder Sinn macht. Deshalb darf man mal nachfragen, ob unser Verständnis von Bewegung inzwischen ebenso künstlich verschoben oder schon der Zeit angepasst ist.

- Nach herrschender Auffassung folgen orthopädische Funktionen gern dem mechanischen Körperbild  von einem Bewegungsapparat, dessen Gelenke nach Kräften von willfähigen Muskeln geführt werden. Welche jedoch, neben altersbedingter Abnutzung durch mangelhafte oder monotone Bewegungen ziemlich schwach oder überlastet seien. Tatsächlich steuern Muskeln die Gelenke zum Teil langsam, logisch, bewusst, synchron, konzentriert, konzertiert und negativ rückkoppelnd, wenn man will und nicht gerade schläft, erschöpft, verwirrt oder verzogen ist.
Denn schnell verkörpert sich mancher Schrecken: selbsttätig, reflexartig, unkontrolliert und grobmotorisch meist unbeachtet. Viele Gelenke sind dann wirklich nicht mehr so frei beweglich wie zuvor, aber noch völlig intakt. Nur durch verschreckte Muskeln, verzerrte Hüllen, feine Entzündungen, saures Milieu, gedrosselte Blutzufuhr und falsche Vorstellungen asymmetrisch verzogen, membranös verspannt, vielschichtig verklebt und letztlich fibrös versteift. Das ist bedrohlich, ungewiss und soll nicht sein.

- Unterwegs sind Muskeln ständig mit unseren Sinnen im Dialog. Wenn draussen Hindernisse im Weg liegen, prüfen drinnen Sensoren die Stellung der Gelenke, worauf wir mit passenden Bewegungen reagieren. Ganz oben erstellt unser Gehirn permanent Modelle davon, wie unsere Bewegungen aussehen sollten. Es vergleicht alte Vorhersagen mit den aktuellen Rückmeldungen auf Schritt und Tritt. Bei Abweichungen passt das Gehirn die Steuerung der Bewegung an. Dieses ständige Vergleichen, Sensomotorik genannt, hilft uns flüssige und stimmige Bewegungen zu schaffen, um heil durch den Tag kommen. 
 

-  Säuglinge bestehen zu 80 % aus Wasser, bewegen sich ständig daneben und winden sich fast aus unseren Händen. Nerven, Muskeln und Knochen erwachen, ja der gesamte Stoffwechsel für das Bindegewebsgerüst ist bei den egozentrischen Kleinen in rasanter Entwicklung. Die noch unkontrollierten Bewegungen sind wichtig für die Bildung neuer Nervenverbindungen, die passende Koordination und Wahrnehmung der Umwelt. Erst nach der Schulzeit sind die Fugen geschlossen, die Muskeln erwachsen und die Knochen dicht. 
Die Besiedelung mit Microorganismen beginnt während der Geburt. Nach etwa drei Jahren tummeln sich mehr Microben im Darm und sonstwo, als Körperzellen zusammen und helfen dabei, gesund zu bleiben und Entzündungen zu vermeiden.
Etwa zwei Drittel des Wassers ist ausserhalb der Zellen des Bindegewebes an grosse Moleküle gebunden, welche die Räume füllen und wie ein Gel für die Elastizität sorgen. Bei einer Verletzung nehmen diese so viel Wasser auf, wie sie können und dehnen sich entsprechend übermäßig aus. Bei einer Vordehnung im Gitternetz der Faszien, wie es bei einer Knöchelverstauchung geschieht, wird die Schwellung gleich genutzt, um das Gelenk zu entlasten. Die Aufnahme der viskös wässerigen Flüssigkeit geschieht durch Sog aus der Grundsubstanz und nicht durch Wasserdruck von außen, sodass es nichts nützt, mehr zu trinken.

- Kaum sind die Kinder aus dem Haus, wird das Leben zur Aufgabe. Ältere Leute haben nur noch zu 50 % Wasser im bindegewebigen Speicher, sind dementsprechend zähflüssig, bleiben länger sitzen und bewegen sich gern in Erinnerungen, während ihr bisher so biegsames Bewegungsgerüst so etwas wie Dauerstress mit Druck, Zug, Blutarmut und Entzündungaltern erlebt. Bei älteren Menschen nimmt die lebenslange Fähigkeit sich anzupassen und zu verändern ab und viele Verknüpfungen sind bereits standardisiert. Da weniger neue motorische Fähigkeiten erlernt werden müssen, ist der Bewegungsdrang geringer. Auch die Vielfalt unserer nützlichen Begleiter, der Microben, nimmt ab, dafür bekommen die schädlichen Bakterien mehr Platz. Diese Veränderungen werden mit dem Entzündungen der Alterskrankheiten in Verbindung gebracht. Wozu auch Faktoren wie gewohnte Ernährung, viele Medikamente und Immunverhalten beitragen. Wenn wir altern, verändert sich nicht nur die Muskelmasse, sondern auch die Balance unseres internen Ökosystems. Chronische Schmerzen entstehen oft nicht durch einfache mechanische Defekte, sondern durch vielfältige Wechselwirkungen zwischen Bindegewebe, Nervensystem, Blutfluss und Microbiom.
Neben verminderter Bewegungskraft infolge von weniger Motoneuronen und Muskelfasern, überproportionaler Fettinfiltration, vermehrter Fibrosierung im durch feingewebliche Entzündung verklebten Gitternetz der Faszien, nimmt der Elastizitätsverlust und die Viskosität bei höherem Lebensalter noch zu. Zugleich verschlechtert sich die Wahrnehmung der meist verzogenen Gelenkpositionen und in der Summe wird das Gleichgewicht bis zum Kleinhirn weniger präzise reguliert, was das Sturzrisiko erhöht.
Knochen ist ein biomineralisiertes Gewebe, abnehmend elastisch, wasserhaltig und bis zu eine gewissen Spannung auf Druck und Zug verformbar. Die Aktivität der aufbauenden Osteoblasten nimmt später ab, während abbauende Osteoklasten aktiver werden. Das führt zu einem Verlust an Masse und Dichte, wodurch die Knochen brüchiger werden. Ein Bruch des Hüftgelenks war früher für Ältere oft lebensbedrohlich. Längere Bettruhe führte zwangsläufig zu Muskelschwund, Knochenabbau, Entzündungen der Gewebe, Trägheit von Lungen, Darm und Herzkreislauf sowie vom Stoffwechsel des Zuckers im Blut. Die schnelle Mobilisierung durch Gelenkprothesen hat die Prognose der Krankheit revolutioniert.

 

-  In aller Welt lernen bereits die Schüler, dass Nerven  die medizinische Biologie koordinieren. Nervenzellen sind mit Synapsen miteinander verbunden, über die sie Signale senden und empfangen. In den biologischen Netzen handelt es sich um chemische Reaktionen. Künstliche Netze werden dagegen nur durch elektrische Schaltkreise simuliert und können damit Muster schneller als wir erkennen. Unsere Nerven bilden noch mit Gefässen, Muskeln, Knochen, Bändern und Gelenken eine untrennbare Einheit und die braucht ihre Zeit bis sie was wird.
Zudem durchziehen Faszien  den gesamten Organismus wie ein Gitternetz, binden zähe Flüssigkeiten und übertragen Kräfte nicht nur entlang der Muskeln, sondern auch quer zu benachbarten Strukturen. Anatomisch bilden die bindegewebigen Schichten unter der Haut die Hüllen, um Muskeln oder innere Organe einzuschließen oder voneinander zu trennen.
Größere Verbände werden auch in die Wahrnehmung und Wundheilung einbezogen. Übersät von feinen Nervenenden, übernehmen Faszien an jeder schmerzlichen Entzündung den chronischen Teil. Tiefe Schichten haben Kontakt mit Knochen, Gelenken und Sehnen und sind damit in jeder Bewegung dabei.
Das Gewebe besteht zum größten Teil aus Wasser, dadurch wird jede Veränderung in diesem Element erhebliche Auswirkung auf die elastische Funktion haben. Man spricht nun von myofascialer Funktion, weil das Gehirn keine Muskeln von Faszien trennt, sondern nur Bewegungen kennt.
Inzwischen werden dem gesamten Muskel-Faszien-Skelett wichtige Aufgaben, sowohl für die motorische Bewegung im Raum, als auch für die zeitlich sichernde Schonfunktion nach tatsächlichen, aber auch vermeintlichen Schadreizen zugeschrieben. Das Immunsystem ist permanent mit Umweltreizen beschäftigt und der Körper mit dem subjektiven Erleben untrennbar verbunden. Kurzfristiger Stress aktiviert diese Schutzreaktionen, während chronischer Stress zu anhaltender Fehlregulation führt. Jede Störung in einem Bereich wirkt sich auf den ganzen Körper aus.

 

- Die meisten Störungen der Funktion, jetzt myofasciale Dysfunktionen  genannt, sind schmerzhaft. Alle Vorgänge, die etwas mit der Leitung und Verarbeitung von Schadreizen aus den myofascialen Geweben zu tun haben und unterhalb der Großhirnrinde im zentralen Nervensystem liegen, gehören zum Gebiet der Noziception. Damit ist eine Kette von Verschaltungen potentiell schädlicher Reize gemeint, die aus mechanischen Druck oder Zug, aus übermäßiger Temperatur oder aus chemischen Einflüssen infolge Gewebestress entstammen. Die Sensoren dafür, die Noziceptoren, sind freie Nervenendigungen, die überall im peripheren Gewebe verteilt stecken. Diese Schmerzfühler registrieren das Vorliegen eines Schadreizes, leiten diese Information dann physicochemisch in das Rückenmark, dort verschalten weit aufgestellte Nerven die einlaufenden Signale und senden sie aufsteigend über weitere Schaltzentren von Stammhirn und Thalamus zur Hirnrinde, bis der Schmerz von dort aus irgendwie in das Bewusstsein eintaucht.
Die Wege bis zur Wahrnehmung von Signalen sind gut erforscht und dienen als Blaupause für Roboter. Es hat aber noch nie jemand gesehen, wie ein physikalischer Reiz als Botenstoff verkleidet in das Seelenleben hüpft und von dort wieder zurückspringt.

- Die Entdeckung der neurogenen Entzündung  dagegen hat das Verständnis von Schmerz enorm verändert, weil dieses Phänomen eine entscheidene Rolle bei chronischen Schmerzen, Arthrose, Arthritis und vielen anderen Erkrankungen spielt. Allmählich wurde klar, das Schmerzen nicht nur durch Gelenkschäden entstehen, sondern meist durch die vielen kleinen Nerven im Gewebe selbst beeinflusst werden.
Direkt nach einer Verletzung setzen feinste Nervenenden im Gewebe wichtige Botenstoffe frei, die eine örtliche Entzündungsreaktion auslösen, selbst wenn keine Infektion vorliegt. Dadurch erweitern sich die Blutgefäße, um mehr Immunzellen an die Stelle zu bringen. Das ist die erste Verteidigungslinie, in der bestimmte Zellen auf das Problem aufmerksam werden, weil sie auf ihrer Oberfläche Rezeptoren tragen, die Moleküle von Viren, Bakterien, Pilzen oder beschädigten Zellen erkennen. Es kommt zu Schwellung, Wärme, Rötung und Schmerz. Das ist normal und zeigt, dass der Organismus arbeitet. Die Immunzellen beseitigen beschädigtes Gewebe und setzen weitere Botenstoffe frei, die die Selbstregulation  starten. Die beginnt gleich mit der Bildung neuer Gewebe. Zellen des Bindegewebes produzieren Kollagen, das als Kleber für das neue Gewebe dient. Neue Blutgefäße entstehen, um dafür Nährstoffe heranzuschaffen. So beginnt jede Heilung im Muskelskelett mit einer feingeweblichen Entzündung. Dabei ist jeder Nociceptor nicht nur ein passiver Sensor, sondern beeinflusst auch aktiv die Microzirkulation in seiner Umgebung.
Entzündungen muss man also nicht nur negativ sehen, sondern als erste Reaktion auf Meldung der Immunabwehr und Signal für notwendige Veränderungen.
 

- Allerdings kann umgekehrt der noziceptive Sensor durch die Ausschüttung von Schmerzchemie sensibel hocherregt werden. Dann benötigt diese Sensitivierung  ihrerseits eine Heilung.
Wenn Muskeln oder Faszien verletzt oder überbelastet sind, schütten sie an der peripheren Stelle chemische Substanzen wie Prostaglandin, Bradykinin und Wachstumsfaktoren, welche Ionenkanäle in den Zellwänden öffnen. Dieser Entzündungscocktail senkt die Erregungsschwelle der Nerven und macht sie damit empfindlicher. Dadurch können selbst leichte Berührungen oder Bewegungen Schmerzen verursachen. Zusätzlich kann es zu spontanen Attacken kommen, weil die Noziceptoren auch ohne äusseren Reiz aktiv werden.
Bei dem Eintreffen im Rückenmark und Gehirn führt der anhaltende Schmerzreiz zu einer Übererregbarkeit der dort arbeitenden Nervenzellen. Diese werden aufmerksamer und reagieren stärker auf Schadreize oder senden sogar Schmerzsignale ohne eigentlichen Reiz. Das passiert durch Veränderungen an Synapsen, wo andere Botenstoffe die Signalübertragung verstärken. Diese zentrale Sensitivierung kann das Schmerzempfinden ausdehnen und auf andere Bereiche übertragen.

Für Muskeln und Faszien gehört die reduzierte Durchblutung und Übersäuerung vor Ort mit Freisetzung von Protonen, energiereichen Phospaten und Wachstumsfaktoren zu den hauptsächlichen Schmerzreizen. Ihre Konzentration verstärkt dann die Empfindlichkeit der umliegenden Gewebe weiter. Das trägt zur Aufrechterhaltung von Schmerz bei und verstärkt wiederum die periphere Sensitivierung. Das ist der Beginn einer langen Alarmbereitschaft aller Beteiligten. Produzieren die Nozizeptoren chronisch eine stärkere Antwort auf einen überschwelligen Reiz, spricht man von Hyperalgesie. Reagiert der Noziceptor dagegen chronisch auf einen Reiz, der normalerweise nichts sonderlich erregen würde und damit unterschwellig ist, wird dieser Zustand im Konsens der Fachleute als Allodynie  bezeichnet.

- Die Wechselwirkung mit Mirkroorganismen ist praktisch für alle höheren Lebensformen wesentlich, denn wir sind Kinder von Bakterien. Viele chronische Beschwerden werden durch ein dysfunktionales Microbiom, der Dysbiose, verursacht. Es wird bereits von einer Darm-Muskel-Achse gesprochen. So kann eine Dysbiose aus Anlage, Alter, Antibiotika oder Fehlernährung auf immunologischem Signalwegen die Bildung von Entzündungschemie fördern und in den Kraftwerken der Zellen, den Mitochondrien, freie Radikale freisetzen, die wiederum den oxidativen Stress auslösen, der Gewebeschäden verursacht und sterile Entzündungsreaktionen verstärkt. Die Mitrochondrien waren früher sogar selbst Bakterien, die von einer Zelle aufgenommen wurden, ohne selbst verdaut zu werden. Daraus entwickelte sich eine lange symbiotische Beziehung: die Wirtszelle bot Schutz und Nährstoffe, während Bakterien Energie bereitstellten. Sogar Gene übernahmen Viren, Bazillen und Bakterien in ihr eigenes Genom.

Indem diese Symbiose  als zentrale Triebkraft der Evolution betrachtet wird, " weil es so ist ", erfuhr das biologische Standardmodell, die Evolution, einen nachhaltigen Seitenhieb: weil diese Sicht auf Entwicklung gedanklich nur die Konkurrenz, zufällige Variation und Selektion zulässt. Der Motor des menschlichen Lebens in seiner Vielfalt ist nicht mehr allein der Wettbewerb im Kampf ums Überleben, sondern startet durch die Energie der Kooperation. Vor allem die Symbiose mit gegenläufigen Tendenzen läßt neue Arten und Geschichten entstehen.

 

- Die Wahrnehmung  von Körpersignalen ist für uns ebenso wenig ein Problem, wie für Fische das Wasser. Die einfachsten und offensichtlichen Tatsachen sind allerdings schwer zu vermitteln, auch wenn sie in jeder Beziehung eine wichtige Bedeutung haben.
So findet Schmerz immer und ausnahmlos im Kopf statt. Die meisten sensiblen Informationen bestehen aus einer Kette von drei Nervenzellen: die erste liegt in den peripheren Geweben und besitzt die verzweigten Rezeptoren, die einen Reiz registrieren, die zweite in den Segmenten des Rückenmarks oder im Hirnstamm, der Fasern der Hirnnerven und Kerne für Atmung und Kreislauf enthält. Die dritte liegt im Thalamus, dem Zentralorgan für biopsychosoziale Ereignisse, in der fast alle Sinnesbahnen umgeschaltet und an die Hirnrinde und in graue Zellen gesendet werden. Dorthin, wo der Inhalt der sensiblen Nachrichten bewusst  wird.
Im Rückenmark fand bereits eine erste Vorprüfung statt. Bekommt das Gehirn ganz oben im Körperschema eine Alarmmeldung aus dem Rückenmark, werden diese Warnzeichen zunächst nicht als Schmerz wahrgenommen. Sie sind wie ein Feueralarm, der erst ausgewertet werden muss. Das Gehirn bewertet dann, ob und wie stark ein aufsteigender Schmerzreiz empfunden werden muss. Da jedes Gehirn zwar einmalig ist, aber dauernd mit dem Reichtum seiner Vorerfahrungen verknüpft wird, kann es die Stärke der Warnsignale so lassen, reduzieren, aufstoppen oder unnötig aufblasen. Auf dem absteigenden Weg zurück zum Rückenmark kann diese, inzwischen veränderte Signalstärke noch einmal gefiltert werden. Diese Zusammenarbeit schützt uns vor Gefahren und verhindert, dass wir von unwichtigen Schmerzreizen überwältigt und zur Not handlungsunfähig bleiben.

- Schmerz ist immer ein Gefühl.  Der alte aufklärende Leitgedanke, ich denke, also bin ich, bezieht sich auch auf die Wahrnehmung von Schmerzreizen. Aber war für das, was wir heute unter Bewusstsein  verstehen, zu eng gefasst, weil damit nur die unmittelbare Gewissheit, das man existiert, weil man denkt, zweifelt oder fühlt, beschrieben ist. Außerdem wird durch diese Formel die Rolle des Geistes übertrieben. Die moderne Wissenschaft vom Geist fächert deswegen unser " Mitwissen " weiter auf:  in Empfinden, eindrucksvoll vermittelt durch die Sinneseindrücke, die durch Ohr, Auge, Nase oder Tasten hereinkommen. In Wahrnehmung, welche noch den Reichtum der Vorerfahrungen und Erinnerungen in die Bewertung von Sinnesreizen mit einschließt. In das bewusste Erleben, nämlich wie es ist und sich anfühlt, Rot zu sehen, Musik zu hören oder Schmerz zu fühlen. In Kognition, was als unser eigenes Wissen von Anfang und Ende sowie die Fähigkeit darüber nachzudenken, verstanden wird. In Emotionen, denn körperlich spürbare Gefühle wie Suche, Angst, Panik, Wut oder Neid, die für unser Wohlbefinden bedeutsam sind ohne darüber nachdenken müssen, sind immer bewusst, sonst sind es keine Gefühle.

 - Lautlos, zudem mit beiden Armen des vegetativen Nervensystems  gut vernetzt, versucht der gesamte Organismus ständig, trotz wechselnder äusserer Bedingungen, das Fliessgleichgewicht seiner Funktionen durch gegenläufige Reaktionen bestmöglich auszugleichen. Diese selbsregulative Kompetenz, die Homöostase, nutzt ausschließlich bordeigene Mittel für einen gesunden Zweck. Dabei gibt es keine Hierarchie und das Gehirn ist nicht der Chef, sondern als Teil einer symbiotischen  Beziehung um Ausgleich zwischen Zellen und Microben bemüht, die überall in der Biosphäre darauf aus sind, gemeinsam Neues zu schaffen.
Auch neuronale Netzwerke, die Schmerzreize verschalten und verarbeiten, lernen schnell und passen sich an. Der Mechanismus der Anpassung,  die Plastizität, ist sensibel für neue oder ähnliche Situationen, um bereit für ein verändertes Umfeld zu sein, komme, was da wolle.
Sobald auch noch unsere Fähigkeit für Erholung und mit Stress, Belastungen oder Verletzungen umzugehen, die Resilienz , durch alltägliche, bedrohliche, fehlende oder falsche Sinnesreize gestört wird, kann es im Verlauf zu Schutzreaktionen kommen.
Unsere Grundfähigkeiten zur Selbstregulation, zum Lernen, zur Musterbildung, zur Anpassung und zur Erholung sind jedoch ureigene Eigenschaften, die nicht machbar oder willentlich herstellbar, sondern nutzbar sind. Weil sie sich indirekt, nur auf Anforderungen der Realität hin selbsttätig entwickeln. Homöostase  ist nicht bewusst zugänglich, arbeitet negativ rückkoppelnd und braucht nur Bedingungen. Plastizität reagiert nicht wie wir wollen, sondern positiv rückkoppelnd auf Reize der Umwelt. Resilienz  ist das Ergebnis dieser Rückwirkungen und aus realer Bewährung entstanden. Und Kohärenz  fühlt sich nur gut an, wenn es auf allen Ebenen unserer Biosphäre stimmig passt. 
 

- Wenn etwas nicht stimmt, sind Muskeln nicht schwach, sondern verstört und arbeiten nicht mehr ganz freiwillig in ihrem Fasziennetz mit der Blutversorgung zusammen. Die Störung der myofascialen Funktion ist im autonomen Nervensystem  verankert und mit Zellen der Immunabwehr im direkten Kontakt. Die nozizeptiven Signale lösen nicht nur Schmerz, sondern fordern unsere umfassende Fähigkeit zu schützender Hemmung  und Erregung  heraus, die sich örtlich sowie zeitlich unterscheiden und der bewussten Kontrolle weitgehend entziehen. Wechselwirkend steuern Nerven die Muskeln durch Signale, die entweder und erregen oder hemmen. Ein fehlendes Gleichgewicht in diesem Reizverkehr, durch was auch immer, führt zu einer Fehlfunktion im Segment oder Gelenk.
Die segmentale Hemmung  ist eine lokale, auf eine Rückenmarksebene begrenzte Reaktion. Dabei werden die autochtonen Muskeln im betroffenen Abschnitt reflexartig gehemmt, was den Gelenkpartner erregt. Das führt zu einer vorübergehen Schwächung der Muskelspannung. Zweck ist es, den schmerzenden Bereich zu entlasten und vor weiterer Belastung zu schützen.
Die arthrogene Hemmung  ist eine Schutzreaktion, die speziell bei Gelenkschmerz oder Verletzung auftritt. Durch Schmerzrezeptoren, die im Gelenk selbst liegen, werden gelenkstabilisierende Muskeln reziprok gehemmt. Die Muskelkraft zum Gelenk nimmt ab, ohne dass der Muskel selbst verletzt ist.
Diese reflexartigen Reaktionen können zwar kurzfristig helfen, führen jedoch mittelfristig zu weiteren Schutzmechanismen des gesamten Organismus. Eine umfassende reflexartige Antwort, die asymmetrisch über mehrere Segmente der Wirbelsäule hinweg erfolgt und den gesamten Organismus beansprucht, nennt man jetzt in den Leitlinien für Rückenschmerz, in Anlehnung an osteopathische Diagnosen, myofasciale Dysfunktion. Der Körper reagiert auf anhaltenden Schmerz mit weitreichenden Anpassungen. Muskeln und Faszien in verschiedenen Körperbereichen verändern ihre Spannung. Es entstehen kompensatorische Bewegungsmuster und Haltungsveränderungen. Mit der Zeit können schmerzhafte Verdichtungen der bindegewebigen Hüllen entstehen, welche sich wie ein Flächenbrand entzündlich ausbreiten können und die gesamte Gelenkkette aus der Position ziehen. Diese Veränderungen können sensitivieren und chronisch werden und damit selbst neue Schmerzquellen eröffnen.
Die absteigende Schmerzhemmung  ist ein natürlicher Lautstärkeregeler für Schmerzsignale. Es handelt sich um einen Mechanismus, bei dem das Gehirn die Schmerzreize auf ihrem Weg vom Entstehungsort in Muskelfaszien oder Gelenkkapseln zum Bewusstsein abschwächen oder verstärken kann. Dabei sendet das Gehirn die einlaufende Reizflut zurück über spezielle absteigende Nervenbahnen zum hinteren Teil der Rückenmarksegmente, wo sie neu reguliert werden: abgeschwächt, also gehemmt oder verstärkt, also erregt. Dazu werden die entsprechenden Botenstoffe ausgeschüttet. Besonders bei chronisch sensitivierten Schmerz im Muskelskelett ist dieser Schutzmechanismus gestört. Entweder ist die Hemmung auf den absteigenden Bahnen vermindert oder die Nerven werden nervös und überempfindlich: entweder werden harmlose Reize als schmerzhaft, allodyn, wahrgenommen oder normalerweise schmerzhafte Reize werden noch intensiver, hyperalgetisch, empfunden. In solchem Drehkreis lernt der Körper den Schmerz und die gesamte Noziception wird effizienter und reagiert schneller und stärker. Bereiche im Gehirn, die für die Schmerzverarbeitung zuständig sind, werden noziplastisch.
Das vegetative Nervensystem  arbeitet dabei über seine sympathischen und parasympathischen Anteile synchron wie ein unsichbarer Regler und steuert automatisch Körperfunktionen wie Atmung, Herzschlag, Verdauung und Muskelspannung. Es reagiert drinnen auf Stress und Gefahr, auch wenn draussen nichts los ist. Es sorgt dafür, dass bei Verletzungen oder starkem Schmerz im Muskelskelett nicht nur der Schmerz abgeschwächt wird, sondern auch der Organismus in einen Schutzmodus wechselt, um bestmöglich zu reagieren. Sympathische Nerven verstärken diese Empfindlichkeit durch Ausschüttung erregender Substanzen, drosseln die Blutzufuhr im lokalen Gewebe und arbeiten mit den Immunzellen unmittelbar zusammen. Parasympathische Nerven aktivieren diese Hemmungsprozesse durch Ausschüttung hemmender Substanzen. Ein zentrales Thema ist die Rolle der Acidose, einem Ge von lokalem Sauerstoffmangel bei der Entstehung von schmerzhaften Dysfunktionen. 
 

- Oft bleiben die Störungen der myofascialen Funktion in einer zirkulären Schleife bestehen, erhalten sich selbst bestätigend aufrecht und sind dann Ursache und Folge von chronischen Schmerzstörungen. Ein wichtiger Partner ist dabei der Lagesinn. Die Tiefensensibilität, Propriozeption genannt, teilt uns mit, wo und in welcher Position sich unsere Muskeln und Gelenke gerade befinden. Bei myofascialen Störungen kommt es zu veränderter Gewebespannung und fascialer Struktur. Diese Veränderungen werden von den propriozeptiven Rezeptoren erfasst und zu neuen Bewegungsmustern verleitet. Langfristig bestehen biomechanische Anpassungen, die weitere Schadreize begünstigen, womit eine gesteigerte Empfindlichkeit eintritt, die zentrale Sensitivierung. Man muss sich von sich so einiges gefallen lassen. 

 

- Diese offensichtlichen und allgegenwärtigen Bewegungskonflikte sind im Messbild nicht zu erkennen und deshalb schwer zu vermitteln. Der ärztliche Tastsinn erhält hier seine Urteilskraft zurück.
Ist tatsächlich ein Defekt im Nerven selbst oder seinem Verlauf nachweisbar, ist ein neuropathischer Schmerz  zu behandeln, der in Diagnose und Therapie zum Fachgebiet der Neurologie gehört. Haben wir es dagegen mit einer Störung im Gewebe zu tun, reden wir von nocicepticen Schmerz. Dann ist jeder manuell geschulte Facharzt mit Rat und Tat auf den Ebenen der Schmerzentstehung gefragt.
Macht uns die Verarbeitung und Bewertung einer andauernden Reizflut im Gehirn zu schaffen, reden wir von neuroplastischem Schmerz, der ein multimodales Konzept aus mehreren Fachgebieten zur Verhaltensänderung benötigt. Während eine aktivierte Arthrose oft gut durch örtliche begrenzte Behandlung der Entzündung entlastet wird. Die Therapie der rheumatoiden Arthritis ist wegen der immunologischen Natur der Entzündung nicht lokal begrenzt.
Es spricht viel für einen kombinierten Mechanismus von lokalen schmerzbedingten Einflüssen auf die motorische Muskelsteuerung, veränderter Eigenwahrnehmung durch gestörte Faszienspannung und segmentaler Fehlregulation der tiefen paravertebralen unwillkürlichen Muskulatur. Für das Verständnis der myofascialen Funktionsstörungen  sind nicht nur Hemmung und Erregung der Muskeln wichtig, sondern das therapeutische Interesse umfasst auch die Faszien als mechanische Informationsträger, die Grundsubstanz mit ihrer Sol-Gel Charakteristik, das vegetative Nervensystem als dynamisches Regulationssystem, die Immunabwehr als mobile Komponente, das Hormonorchester als chemischer Informationsträger und die arterielle und venöse Mikrozirkulation als Transport und Versorgungssystem.
Vieles deutet darauf hin, dass hier verschiedene neurophysiologische Mechanismen parallel ablaufen, die weder im Blutbild, noch in elektrochemischen Messungen oder gar im bildgebenden Verfahren gezeigt werden können. Für die fragwürdige Behandlung mit Kraftübungen zeigt sich hier die entscheidende Kluft:
selbst eine exzellente und stets geübte Muskelintelligenz eines Modellathleten vom Kaliber eines Nurejew  könnte die Fehlfunktionen im Muskelskelett nicht durch willkürliche Muskelkontrolle direkt durchbrechen und sich aus der Dysfunktion heraustanzen, da diese auf anderen Nervenbahnen, Transportwegen und Signalkanälen rückkoppelt. Es wäre vergleichbar mit dem untauglichen Therapie-Versuch, durch bewusstes Atmen den eigenen Herzrhythmus direkt zu stabilisieren. Auch dort funktionieren die Systeme auf unterschiedlichen Regelkreisen.

  - Ich benutze das Fahrrad nicht, das mir mein Leibarzt dort hingestellt hat -, verriet Joseph Ratzinger  seinem Biographen in Rom, - ich teile mir die Kräfte ein, die mir der Herr gegeben hat.
Im übrigen verläuft die Gesprächsfront zwischen Naturwissenschaft und Philosophie. Der Glaube bleibt außen vor.- 

 

 

- Unter den Hundertjährigen gibt es mehr Philosophen als Zehnkämpfer.  Bereits in der antiken Denkschule war die Erziehung mit geistigen Künsten neben gymnastischen Übungen die führende Idee, damit gesundes Leben mit moralischer Güte in schönen Körpern gelingt. Diese Form der Persönlichkeitsbildung hat leider nicht nachhaltig gewirkt, wenn später der römische Satiriker Juvenal das gierige Streben nach Reichtum, Macht und Ruhm um ihn herum so kommentierte: Man sollte darum beten, dass ein gesunder Geist in einem gesunden Körper  sei.
- Zwar liegt die Akropolis in Trümmern, doch ihr Weltkulturerbe wirkt noch im deutschen Idealismus nach. So wies Johann Gottlieb Fichte  seine Studenten an, die Gesundheit der Seele wie die Gesundheit des Körpers wären ausschliessliche Bedingungen aller geistigen Entwicklung. Diese Anlage müsse allerdings durch "Selbstthätigkeit" gebraucht werden, sonst bliebe es bei der Bedingung.
Wenn Denker von heute das selbsttätige Leben beobachten, fällt ihnen eine eher passive Naturdynamik auf: die Rückwirkung aller Bewegungen auf den Beweger, sogar aller Handlungen auf den Handler.

 

 

" Zehnkampf formt den Zehnkämpfer " bestätigt der Zehnkämpfer wohlmeinend mit Blick auf den nach Luft ringenden rennradelnden Denker:

"Sie kämpfen sicher zum Ausgleich. "

" Was sehen Sie denn?! " schimpft der vorschnell und intuitiv, "Glauben Sie wirklich, Sie würden gesünder, wenn Sie zum Ausgleich denken? Sport ist kein dynamisches Prinzip des Lebens, sondern ein Eigenwert. Beschleunigung muss Spass machen.
Im übrigen ist niemand zweigeteilt, wir haben nur Denkschwierigkeiten, die Einheit von Körper, Geist und Seele in Worte zu fassen.

" Ich trainiere für meine Gesundheit, um den Rücken zu kräftigen, damit meine Bandscheiben nicht herausrutschen, den Nerv quetschen und ich operiert werden muss. "

" Sie sehen zuviel Werbung und fallen auf das klassische Denkmuster Muskelschwäche-Verschleiss-Schmerz herein. Gesundheit kann niemand trainieren, nur ermöglichen.
Die Frage, was man tun oder geschehen lassen muss, hängt mit den Körperbild zusammen, das man von sich hat. Der Mensch ist aber keine Maschine, sondern Teil der irdischen Biosphäre. "

" Mit dieser Ansicht stehen Sie aber draussen vor der Tür!" 

"Nein, nur mit einem Blick von aussen auf die Erde. Es gibt bekanntlich keinen Blick von nirgendwo. Der Mensch sieht nur das, was er weiss. " fährt der Denker nun langsam und abwägend fort, " Der Mensch sieht nur das, was er weiss. Wir sind zwar in unserer Perspektive verortet, aber Kinder der Natur. Die ist vernunftfrei und hat Geschichte, egal ob unbelebt oder belebt. Mutter Erde ist ein selbstregulierendes lebendiges System, indem Organismen und ihre Umwelt sich gegenseitig beeinflussen, wobei Zusammenarbeit bis zur Verschmelzung die Regel ist.
Treten Sie mal gegen einen Stein und dann gegen einen Hund, merken Sie den Unterschied von Physik zu Biologie."
"Das ist Tierquälerei und keine Sachbeschädigung mehr! "
" Da sehen Sie es! Erst ab 1990 wurde die Rechtsstellung der Tiere im bürgerlichen Recht verbessert. Inwischen wurde im Grundgesetz aufgenommen, dass Tiere als fühlende Wesen Schutz vor Leiden und Misshandlung verdienen. Offenbar wurde anerkannt, dass Tiere Bewusstsein haben und Mitgeschöpfe einer gemeinsamen Welt sind."
" Trotzdem, was hat der arme Hund mit Kräftigung von Muskeln zu tun?"
"Das Beispiel zeigt zunächst den Unterschied zwischen belebter und unbelebter Materie. Biologie ist keine zweite Physik. Während der Stein mit physikalischen Gesetzen der Mechanik auf den Tritt reagiert, zeigt der Hund eine biologische Reaktion. Meistens rennt er weg, indem er biologische Prozesse wie Muskelkontraktion und neuronale Steuerung einbezieht, die wir nicht messen können. Manchmal beisst er jedoch zu, je nach Vorerfahrungen mit Herrchen. Wir können also weder die mentale, noch die biologische Reaktion vorhersagen, nur durch alltägliche Erfahrung einschätzen. Belebte Materie reagiert eben nicht vorhersagbar. Nur in der klassischen Physik folgen Bewegungen deterministischen Gesetzen. " " Wenn man alle Anfangsbedingungen vom Tritt bis zum Stein wie Startposition, Winkel, Geschwindigkeit und Luftwiderstand perfekt kennen würde, könnte man theoretisch die exakte Endlage des Steins bestimmen. Mit gesundem Menschenverstand ist allerdings nicht verständlich, wie ein Teilchen an zwei Orten gleichzeitig sein kann, dass jede Beobachtung das Verhalten des Objekts verändert, warum zwei Teilchen über weite Entfernungen miteinander kommunizieren und Teilchen solang nicht an einem Ort existieren, bis die gemessen werden. Das bedeutet aber nicht, dass Quantenphysik irrational ist - im Gegenteil. Die neue Physik ist extrem wahrscheinlich, mathematisch hochelegant und hat den Zufall eine andere Bedeutung gestellt. Mathematik ist die Sprache der Physik, wobei neben den subatomaren Teilchen die Schwerkraft, die elektromagnetische Kraft, schwache sowie starke Atomkraft ihr Standardmodell bilden."

" In der Biologie haben wir die Sprache der Mathematik nicht. Da wo nichts ist sondern wird, herrscht Staunen und Evolution. Die übliche analytische oder synthetische Methode der Naturwissenschaft ist auf das Beissverhalten von Säugetieren wie uns, nicht anwendbar. "  " Noch nicht, denn im Dschungel der Interpretationen gibt es eine Spur: sowohl der Physiker Erwin Schrödinger, als auch der Biologe  haben jeweils in ihren gleichnamigen Schriften  Was ist Leben dargelegt, wo der Weg zur Antwort hinführt."

 

 

 

Hier bei uns in der dualen Welt der Pole nimmt man sich zwar ebenfalls die Zeit, geht aber erst physikalisch, dann anatomisch vor und schneidet die gesamte Körperwelt in kleine Stücke. Versucht man den Körper als biochemisches Objekt zu denken, so ist  der Organismus nicht ein Gebilde aus Organen, Zellen, Molekülen und Atomen, sondern man findet  Organe, Zellen, Moleküle und Atome, sobald man den Vorgang hinter dem Vorgang sucht. Der Körper zerbröselt also nur für den objektiven Weltblick in diese Vielheit.
" Die Annahme, die Natur ist gut und der Mensch böse ist doch falsch! "
" Ja,  der Mensch ist keine Maschine, sondern Teil einer irdischen Biosphäre. Darin sind lebendige Wesen wie wir mehr als die Summe von willkürlichen Bewegungen: offen für Neues durch Zufall, Symbiose und Notwendigkeit bauen wir uns selber ununterbrochen um, reparieren, regulieren und vervielfältigen uns selbst und erhalten ständig unsere innere Ordnung aufrecht gegen zerstörerische Kräfte der Umwelt, durch Austausch von Information, Stoffen und Energie.
Bezogen auf das Muskelskelett müssen wir, statt nur auf Muskelkraft und Mechanik zu achten, die Reaktionsweisen des Bindegewebes und des Microbioms mit einbeziehen. Bewegung wirkt nicht nur auf Muskeln, sondern beeinflusst das Microbiom, reduziert Entzündungen im Bindegewebe und verbessert die Gesundheit des Nervenkostüms. Chronische Beschwerden können nicht nur mechanisch betrachtet werden, sondern als Ungleichgewicht im Zusammenspiel der Zellen und deren Moleküle. Bindegewebszellen im Gehirn und Rückenmark sind nicht nur Stützmaterial für Nervenzellen. Sie kommunizieren aktiv, regulieren Entzündungen und beeinflussen die Wahrnehmung von Schmerz. Die Billionen Microben in und auf uns sind keine Passagiere, sondern aktiver Mitgestalter unserer Gesundheit.
Gesundheit kann niemand trainieren, nur ermöglichen, um bewusst als Mensch zu überleben. Wer das übersieht, wirkt nicht kultiviert.

" Östliche Kulturen sehen die Mitte deutlicher." Der Zehnkämpfer ist nicht nur olympisch weltweit unterwegs. " Zum Beispiel liegt in der Meditation die tiefe Erfahrung des "Einen ". Dieses kosmische Bewusstsein aus Körper, Geist und Umwelt beherrscht ihre ganze Wirklichkeit, Teil eines Ganzen zu sein und ist zugleich das biologische und geistige Gesetz der Evolution. So versteht die ayurvedische Medizin Indiens die Gesundheit als Zusammenspiel verschiedener Lebensenergien. Auch die traditionelle chinesische Medizin betrachtet den Menschen als Teil eines harmonisch energetischen Fließgleichgewichts im Einklang mit der Natur."

" Inzwischen hat sogar das Ganze für uns System: unser wohlig gesundes biologisches Befinden im Leben der Anderen ist ein Puzzle aus biochemischen Netzwerken mit dynamischen Prinzipien, bei dem alle Teile sich gegenseitig organisieren und zur gemeinsamen Form zusammenwirken müssen. Wie eine parallele Verschaltung wirke sich eine Störung in einem Bereich auch auf anderen Ebenen aus, sowohl biologisch, als auch mental."
" Wissen Sie, was ich denke?" 
" Nein. Niemand kann in andere hineinsehen. Spiegelneurone hin, Empathie her. Ich kann nur Ihre Sätze interpretieren. Ihre Worte sind die Bilder der Wirklichkeit, aus der sie stanmen"

" Das denke ich nicht. Wirklichkeit ist nicht nur die vernünftige Auflösung verstrickter Kausalfäden der physischen Welt, sondern auch das, was wir gerade darüber denken," baut sich der Zehnkämpfer auf, schließlich wurde er vom Gegenwind bis zur Erschöpfung immer wieder belohnt: "Gedanken des Menschen sind das Ergebnis der physikochemischen Arbeit von Nerven im Gehirn. Die Wirklichkeit ist nur eine durch das Gehirn konstruierte Simulation. "
"Sie fesseln die Rolle des Denkens." erwidert der Denker erholt, langsam und bedächtig. " Training ist Simulation des Ernstfalls, Denken nicht. Vor jeder Willkür ist fraglich, wie denn der Ernstfall wirklich oder real gedacht ist. Über Realität  können sich alle  Gehirne einigen, etwa über physikalische Phänomene. Mit scharfen Linsen krümmen Wissenschaftler den Raum bis hin zu dem Punkt, der tatsächlich der Fall ist und nicht nur so tut, als ob.  Die Wirklichkeit  dagegen ist immer nur in einem  Gehirn zuhause und tut so, als ob etwas der Fall sei. Jeder beobachtet die Wirklichkeit durch seine üeigene Brille. Die Unterscheidung zwischen subjektiver Wahrnehmung und tieferer Existenz gibt es in allen Kulturen. Hier bei uns ist die Debatte sehr ausgeprägt, denn subjektiv stammt von subjacere und bedeutet, sich der objektiven Realität zu unterwerfen. Das ist oft schwer zu akzeptieren, denn wir sind Ursachen gewohnt, möchten Lösungen haben und nicht Teil des Problems sein." 

" Jetzt entfernen Sie sich aber von den körperlichen Tatsachen und werden zu geistreich."

"Seit jeh haben Dichter, Denker und Ärzte sich mit den Gedanken, Gefühlen, Verhalten, Erinnerungen und Ideen der Leute beschäftigt, die uns zu dem machen, was wir sind, was wir angerichtet haben und noch tun wollen. Die alten Griechen hatten ständig über das Wesen des Geistes nachgedacht und mit Beginn der Aufklärung in Europa wurde von der Leitidee ausgegangen, den Körper vom Geist zu trennen, um ungestört, gefühllos und seelenruhig den Vorgang hinter dem Vorgang zu erforschen. Erst mit der neuen Physik, welche den Zufall neu bewertet und die Unbestimmtheit der kleinsten Vorgänge zum Ausgangspunkt des Denkens macht, wurde aus der raumgreifenden Vorstellung "ich denke, also bin ich" die zeitliche Umkehr: wenn ich denke, bin ich zwar zweifelsfrei körperlich am Leben. Aber ohne neuronales Korrelat, ohne die biologische Matrix, kann ich gar nicht denken, was notwendig ist, was zufällig ist oder was ich selbst überhaupt will. Damit war die zeitliche Reihenfolge also real geklärt: erst kam die Physik, danach Biologie, erst am jüngsten Tag das Gefühl, der Geist oder was sonst noch so anliegt, wenn der Mensch tiefenverspannt als Patient erscheint.
Das gipfelte in der übertriebenen These von Francis Crick, einem Entdecker des Doppelstrangs unser Gene in den Zellen, dass es sich bei unseren Freuden und Leiden, unseren Erinnerungen und Zielen und unserem Sinn für das was uns ausmacht, um nichts anderes handele, als das Verhalten einer riesigen Ansammlung von Nervenzellen und den dazugehörigen Molekülen. Der Rest bestand in der feinsten materiell-energetischen Aufklärung der Reizwege, Nervenleitungen und Signalkanäle auf denen die Informationen über den Zustand des Körpers in die Nervenzellen des Gehirns gelangen, um von dort die Stellung im Raum zu korrigieren oder auf Schadreize unwillkürlich zu reagieren und Muskeln ungehemmt zu steuern, ehe es zu spät ist.
Das schwierige Problem, nämlich wie  aus diesem kompliziert gefalteten Gehirngewebe ganz allgemein das Bewusstsein entsteht, dass ich nur es bin, der weiss, wie unangenehm es ist, wenn es am Rücken zwickt und zieht, bleibt ungeklärt "

" Uns was hat das Gefühl oder der Gedanke real mit meinem Training zu tun?"

"Interessanterweise das meiste. Wir Menschen bewegen uns nun mal im Geist. Folgt man Berufsphilosophen wie Markus Gabriel  oder Brigitte Falkenberg  auf ihre Lehrstühle, sei die biologische Weltsicht, dass der Geist zwangsläufig ein Vorgang nach dem Vorgang sei, ein weiterer Mythos. Die Naturwissenschaft könne mit ihren Methoden gar kein festes Körperbild entwerfen. Demnach schauen wir immer auf die Wirklichkeit nur von einem Punkt aus und können den Körper gar nicht neutral von aussen betrachten. Es gibt keinen Blick von nirgendwo, wie der der amerikanische Analytiker Thomas Nagel  mit Bezug auf Immanuel Kant und Ludwig Wittgenstein bemerkte, welche schon vorher die Grenzen objektiver Erkenntnis feststellten. Der Beobachter bleibt in seiner Perspektive mitsamt seinen Vorstellungen, Bedeutungen und Einbildungen verortet. Entscheidend sei dabei, welcher Sachverhalt auf welcher Bühne für uns gerade Sinn macht. Nimmt man den Geist und das bewusste Erleben auf unserer Bühne weg, entschwindet aller Sinn."

" Sie meinen, wer trainiert, setzt damit den Simulanten in die Welt und drückt ihm den Stempel seines eigenen, willkürlichen Tuns auf? "
" Keine Bewegung entgeht dem Prinzip der rückwirkenden Prägung. Und was zurückwirkt, wirkt auch voraus, wie der Zeitgeist Peter Sloterdijk schrieb. Demnach erzeuge jede Tat den Tätigen, jedes Gefühl den Mitfühlenden, alle Reize den Gereizten und das Funktionieren den Funktionär. Es sind die Gewohnheiten, die unsere Kultur verkörpern. "
" Ja das stimmt, aber nicht nur. Zwar sei jeder Tätige, Mitfühlende, Gereizte oder Funktionär je nach Talent bereits in der Lauge seiner Gewohnheiten livide verfärbt. Aber jeder Vernünftige könne seine Fähigkeiten selbst in die Hand nehmen und seine Lebensweise ändern. Indem er alte Geschichten neu erzählt und eine Wirklichkeit einübt, die besser zur Realität passt. Man kann allerdings nicht blind nach vorn stürzen und mit einer einfachen Willenserklärung das ändern, was längst verwöhnt oder verwirkt ist." verspricht nun der Denker verschmitzt.
" Oft üben wir auf etwas hin, das wir uns vorstellen, aber diese Vorstellung ist selbst eine Konstruktion. Nicht jede Übungskultur ist automatisch sinnvoll und gern üben wir uns in eine Scheinwelt hinein. So ist Übung immer ein Dialog mit dem Körper im Rahmen des Möglichen. Aber bitte keine Gewalt gegen ihn, um unbedingt das Ideal eines starken Helden oder glatter Göttin zu erreichen. Die Zellen mögen keinen Kampf, sie möchten überredet werden."

Was willentlich getan und wie es gestaltet werden muss, hängt sehr davon ab, in welcher Wirklichkeit wir die Körperwelt verstehen. Das klassische Denkmuster "schwacher Muskel-Verschleiss-Schmerz" und Gerätetraining  als Lösung für einen gesunden und schönen, weil durchtrainierten Bewegungsapparat, setzt ein mechanistisches Körperbild  voraus. Es isoliert einzelne Muskelgruppen wie Einzelteile einer Maschine, reduziert die Bewegung auf künstliche Abläufe und unterstellt eine einfache Beziehung zwischen Schmerz und Kraft. "
" In "Wirklichkeit" geht die Wirkung von Bewegung gegen Widerstand weit über das Maschinenmodell hinaus. Die Rückkehr zur Körperkontrolle belohnt aktives Handeln statt passives Vermeiden. Ein Körpergefühl macht was mit einem. Negativer Stress macht reizbar auf allen Ebenen, sei es nun biologisch, psychisch oder sozial. Auch ein Lob nützt nichts ohne die Ausschüttung von Hormonen. Der positive Stress eigenen Tuns sorgt für mehr Durchblutung und Stoffwechsel zur Immunabwehr. Die Flut von Glückshormonen überspült die Schmerzwahrnehmung. Enorme Belastungen führen sogar zu einem Kraftreservoir, das über dem vorherigen Fitnessstatus liege. Vorausgesetzt, es war keine Überlast und genügend Pause zur Erholung dabei. Das Erhöhen unserer Leistungsfähigkeit sei offenbar in dem Geheimnis der Verausgabung verborgen. Bei sehr feinen Bewegungen komme noch hinzu, dass sich in Nerven, Muskeln und Geweben durch regelmäßige Stimulation eine Art vorauseilender Bereitschaft einstellt. Der Könner steigert seine Empfindlichkeit durch täglichen Gebrauch. " Der Zehnkämpfer gibt nicht auf.

" Die entscheidende Frage ist also nicht Ob, sondern Wie, denn die Biologie ist keine zweite Physik: in einfachen, ausschliesslich auf Naturgesetzen beruhenden technischen Apparaten können energetische Signale aufgrund der Verdrahtung gezielt an den Bestimmungsort gebracht werden. Die Sprache dazu wird weltweit verstanden und heißt Mathematik.
Während Muskeln und Gehirne stur biologischen Gesetzen folgen. Aber Biologie noch keine Sprache. Wir müssen uns bis jetzt mit dem Begriff der Komplexität begnügen, wenn wir uns klar ausdrücken müssen."
"In biologischen Systemen wirkt sich ein reizendes Signal auf alle Moleküle in Zellen aus, die einen entsprechenden Receptor aufweisen. Wenn dann die gleichen Reaktionen an verschiedenen Stellen eines Schaltkreises auftauchen, kommt es oft zu unerwünschten Wechselwirkungen. In der Sprachwelt herrscht die Komplexität, eine Organisation zwischen völliger Ordnung und völligem Chaos. In diesem Milieu gedeiht Leben und Bewusstsein am besten. Es bleibt meist unklar, welches dynamische Prinzip die Mechanismen für das Überleben im Ernstfall ankurbelt und ab welcher Schwelle die Organisation aus der Form gerät und die Stimmung kippt."
"Aber klar ist, dass das Maschinenmodell  des Menschen, das die Wirklichkeit strikt aus seinen Gedanken konstruiert, längst überwunden ist. Ein Körperleben in der Schwerkraft existiert auch unabhängig von unserer wachen Gedankenwelt. Wir bewegen uns zwar im Geiste, aber unsere Gedanken erfassen nur einen Teilbereich über die objektive Welt. Genauso wenig, wie wir in andere Körper hineinsehen und den Organen, Geweben, Zellen und Molekülen bei der Arbeit beobachten können, können wir den anderen nicht in den Kopf blicken. Der Körper zeigt seine Zeichen der Zeit in Symptomen, der Geist verrät sich in der Sprache oder Bildern. Da wir nie vollständig wissen können, wie es ist, er zu sein, kommt es auf den Beobachter an, der das Gefühl und die Vernunft seines Gegenüber mit seinem Gefühl und seiner Vernunft deutet. Einen Sender, der Morsezeichen und einen Empfänger, der automatisch die Morsezeichen empfängt und entschlüsselt, gibt es in der biologischen Welt nicht. Wir schauen auf die Wirklichkeit immer von einem bestimmten Punkt aus. Jeder Beobachter bleibt in einer Perspektive verortet. Den Blick von nirgendwo können wir gar nicht erreichen. Darin sind sich die Denker von heute einig. Wenn es nach denen geht, sehen wir nur Ausschnitte von etwas, das unendlich ist. Natürlich können wir darüber die Orientierung verlieren, sagt der zeitgenössische Berufsphilosoph. Unsere Wirklichkeit ist immer bezogen auf unsere Perspektive und weder mit Wahrheit noch mit der mechanistischen Realität der kalten Heimat da draussen identisch. Entschwindet unsere Mischung aus Geist und Gefühl, die unsere Wirklichkeit bestimmt, entschwindet aller Sinn. 
Trotzdem sind wir mehr wert als biologische Maschinen. Unsere Stimmungen, Atmosphären, Deutungen, Ängste und Schmerzen besitzen, ohne dass wir uns das Für und Wider vorher zurechtgelegt haben, ihren eigenen Wert und Würde. Wenn ich Spass empfinde oder den Witz verstehe, lässt sich dieses Hochgefühl nicht auf das Feuern von Nervenzellen herunterbrechen und reduzieren. Man muss auch gelten lassen wie es ist und wie es sich anfühlt, wenn wir bedrohliche Situationen, diverse Unstimmigkeiten oder ein Hauch von Unwohlsein spüren. Und sollten die Erlebnisse nicht wieder in private Innenwelten verbannen. Bloss weil wir uns unwillkürliche Lebenserfahrungen nicht absichtlich zurechtgelegt haben.

Menschliche Intelligenz ist viel mehr als mathematisch logische Verarbeitung einer Vielzahl winziger Ja-Nein-Entscheidungen in Sprachen und Bilder. Geist ist nicht nur in der Lage, etwas zu tun, sondern auch zu sein und zwar nur in einem Gehirn und nicht in mehreren zugleich. Darin den Zustand bewusst  zu erleben, gesund zu sein oder Schönheit zu geniessen, ist auch den weichgespültesten Rechnern völlig fremd. Auch zukünftige Quantencomputer werden durch ihre Software keine zwischenmenschlichen Beziehungen aufbauen, nicht in die Debatte über Bewusstsein mit eigenen Vorschlägen eingreifen und keine merkwürdigen Stimmungen im Vater-Sohn-Verhältnis deuten. Die Algorithmen werden sich nicht an frühkindlich ungünstig erlebte Erfahrungen erinnern oder mit gefälligem Verhalten an lautstarke Mächte anpassen. Sie wissen meist gar nicht, wie sehr der boshafte Nachbar, die Schwiegermutter oder der Vorgesetzte nervt. Künstliche Intelligenz kann zwar Muster erkennen, aber nicht Zufälle mit zwangsläufigen Vorgängen kombinieren und damit Neues erfinden. Sie brauchen immer Daten und Berechnungen, denken nicht über sich selbst nach und wissen nicht einmal, dass sie existieren. Nur wir wissen von Anfang und Ende. Dieses  ureigene Gefühl für bewusstes Erleben von Zeit macht Falten. 
Denken ist absichtlich und bezieht sich immer auf irgendwas. Ein Gefühl bezieht sich auf nichts anderes als den Körper, ähnlich den Sinneseindrücken. Ein schöner Ausblick verleiht Freude oder andere höheren Glücksgefühle, ein erratischer Präsident ruft eher tiefes Unwohlsein hervor. Ihm fanatisch zu glauben oder zur Hölle wünschen nimmt Denken und Fühlen pendelnd in Beschlag, je nachdem ob wir am helllichten Tag aufmerksam und energiegeladen oder abends ermattet den Gefühlen freien Lauf lassen. Ein starkes, unerwartetes Gefühl, dem es völlig an Absicht fehlt, kann jederzeit die gewohnten Wellen auslöschen oder steigern."
"An dieser Stelle muss man Empfindung von Wahrnehmung  trennen. Was ich empfinde, sind die unscharfen Informationen aus der äußeren Welt, die auf die Sinnesleitungen meiner Augen, Ohren und Finger treffen. Was ich wahrnehme, ist wesentlich umfassender: es ist eine Wirklichkeit, die all diese unscharfen Signale mit dem Reichtum vergangener Erfahrung kombiniert. Wir ergänzen also das Wissen mit unseren früher gelernten und im Gedächtnis gespeicherten Erfahrungen und setzen es in Beziehung zu den Menschen und den Umgebungen in denen wir leben."

Der Mutterwitz jeder Therapie ist, alte Geschichten neu zu erzählen und darin ein idealisiertes Selbstbild aufgeben, das unerreichbar ist.
Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte Pehr Ling eine schwedische Heilgymnastik, weil durch aktiv, passiv und gegen Widerstand geführte Übungen bei Soldaten eine Verbesserung der allgemeinen Gesundheit, bessere Körperhaltung und mehr Muskelkraft und Durchblutung zu beobachten war. Die Behandlung durch Heilgymnastik mit freien Übungen war für den Therapeuten sehr anstrengend, deshalb wurden in Schweden die Offiziere zur zweijährigen Ausbildung geschickt. Die meisten deutschen Ärzte forderten zwar, dass die Gymnastik gegen Widerstand eine rein ärztliche Maßnahme sei, aber nur für begabte Ärzte zu empfehlen, die " mit rüstigem Geiste und völlig gesundem, an Tätigkeit und Anstrengung gewohnten Körper ausgestattet " waren. Das begrenzte das Angebot erheblich.
Deshalb kam damals der Vorschlag von Gustav Zander, Gesundheit durch maschinell dosiert geführte Bewegung herzustellen und gleichzeitig Heilgymnasten und Patienten durch medicomechanische Geräte zu entlasten, sehr gelegen. Parallel trafen die philosophischen Auffassungen Charles Darwins in den Köpfen der mechanistischen Orthopäden ein, wonach die an herrschende Umstände angepassten Körper die größten Fortpflanzungschancen hätten. Der Chirurg Julius Wolff zeigte dazu in Berlin die Anpassung der inneren Struktur und äusseren Form des Knochens an mechanische Belastung. Hohe Belastung führt zu dichten Aufbau des Knochens und wenig Belastung zu Abbau von Knochensubstanz. Dieses dynamische Prinzip der Transformation des Knochens überzeugte und wurde sogar auf Muskeln, Blutgefäße und Nerven übertragen. Conrad Röntgen bestätigte später strahlend diese Befunde auf seinen Schwarzweiss-Bildern.

Es war zeitlich eine Jahrhundertwende auf allen Ebenen des kulturellen Lebens in Wachstum, Wissenschaft und Fortschritt. Im wirtschaftlichen Umfeld wurde die bis dahin typische Arbeit auf dem Feld abgelöst durch einseitige Arbeiten in der industriellen Fertigung. Eine zunehmende Anzahl von Angestellten, Beamten, Bürodienern, Lehrern und anderen aufsichtsführenden Kräften in der Verwaltung waren körperlich kaum noch gefordert. Die physische Anspannung wurde durch die psychische ersetzt. Ausgleichende Bewegungen, sportliche Beanspruchung und verbesserte Leistungsbereitschaft durch Fitness waren schon Themen, die auch dem Bewegungsmangel bei Schulkindern, älter und gebrechlicher werdenden Menschen entgegenwirken konnten. Mit der Einführung der Unfallversicherung kam das staatliche Interesse an der bestmöglichen Wiederherstellung von Unfallverletzten und sogar die AOK leistete sich einen eigenen Gerätepark. Somit wurden die Zander-Institute europaweit die Wegbereiter moderner Trainingstherapie.
Zum Groll und erbitterten Widerstand der manuellen Zünfte und traditionellen Bewegungstherapeuten, die darauf bestanden, dass man vieles erzählen und mit den Händen zu fertigen vermöge, was Maschinen nicht zustande bringen. Es war nur noch nicht klar, was, wo, wie, von wem und wozu genau. Immerhin gab es idealistische Vorbilder: um eine Verbindung zur Heimat zu schaffen, setzte der als Turnvater bekannte Friedrich Ludwig Jahn die Körperertüchtigung in "freier Natur" ein und entwickelte Übungen an Barren, Pferd und Ringen, um die Jugend körperlich und geistig wehrhaft auf nationale Kämpfe vorzubereiten und die Bevölkerung insgesamt kriegstüchtig zu machen. In weiter östlich gelegenen Kulturen war die  "Faust des höchsten Prinzips", wie chinesische Kampfkunst Tai Chi Chuan dort genannt wird, ursprünglich auf Selbstverteidigung ausgelegt, und eignet sich durch langsame und fließende Bewegung auch für gesunde und meditative Zwecke, wie auch Qigong aus überlieferten schamanischen Praktiken und buddhistischen Motiven entstand. Ursprünglich als Mittel zur spirituellen Erleuchtung und Selbsterkenntnis in Indien entwickelt, umfasst Yoga vor allem körperliche Haltungen, Atemübungen und Meditation, die auch für Kampfkünste in militärischer Ausbildung genutzt wurden.
Während seiner Internierung in England formte der Düsseldorfer Brauereigehilfe und Hobbyartist Joseph Pilates ein ganzheitliches Körpertraining für Rumpf und Becken, dass zunächst für internierte Soldaten, dann für die Hamburger Polizei und später in New York für die obere Gesellschaftsschicht zu einer guten Kondition und Haltung beitragen sollte, wobei auch Geräte mit leichtem Widerstand unter Seilzug eingesetzt wurden. Auch der israelische Ingenieur und Kampfsportler mit schwarzem Gürtel Moshe Feldenkrais versuchte durch bewusste Wahrnehmung die Bewegungsmuster zu verbessern und dadurch das allgemeine Wohlbefinden zu steigern. Im Gegensatz zu Methoden, die auf Muskelaufbau oder Ausdauer abzielen, soll die Achtsamkeit für lang so same Bewegungen geschärft werden, um neue, effizientere Bewegungsabläufe zu erlernen und eingefahrene Muster durchbrechen. 

Seit Beginn des ersten Weltkrieges standen allerdings Infektionen und Prothesen nach Kriegsverletzungen im medizinschen Vordergrund und das Interesse an individueller Vervollkommnung und Turnen als Gebot nationaler Gesundung nahm nicht nur aus Geldmangel oder Inflation dramatisch ab. Man hatte andere Sorgen bis weit nach dem 2. Weltkrieg.  
Im wissenschaftlichen Untergrund legte der Engländer Sir Charles Scott Sherrington  den Grundstein für das Verständnis der Steuerung von Muskeln durch Nerven und die reflexartige Verschaltung von Nervenzellen und die unbewusste Steuerung von Bewegung und Muskelaktivität. Er prägte nicht nur den Begriff der Propriozeption für die Wahrnehmung der Körperstellung im Raum, sondern zeigte, wie Informationen aus Muskeln, Gelenken und der Haut für die Koordinierung der Bewegung genutzt werden. Zudem wies er nach, dass bei der Aktivierung eines Muskels der Gegenspieler gehemmt wird. Aus der Integration dieser Sensomotorik  entstanden schon damals zahlreiche Konzepte der Bewegungstherapie, die bei funktionellen Störungen angewendet wurden.
Mit dem Wirtschaftswunder nahm die Zurückhaltung ab und der Vorwärtsdrang über Trimm-Dich-Pfade und gleichzeitig die Häufigkeit chronischer Rückenschmerzen zu. Die tchechischen Ärzte Vladimir Janda und Karl Lewitt  sowie der Schweizer Neurologe Alois Brügger  überlegten, wie unter den neurophysiologischen Grundlagen manuelle Techniken und gezielte Übungen eingesetzt werden konnten, um die schmerzhaften Funktionsstörungen am Muskelskelett schulmedizinisch zu beheben. Sie verließen sich auf Beobachtungen anderer namhafter Fachärzte in Europa, dass es die isolierte Aktion eines Muskels nicht gibt ( Duchenne ),  das Gehirn gar keine Muskeln kenne, sondern nur Bewegungen ( Jackson ) und die Gelenke allesamt in Wechselbeziehungen miteinander stehen ( Haglund ).
Das Muskelsklett wurde erstmals ernsthaft als Erfolgsorgan des Nervensystems betrachtet und bildet ein Gefüge von Bewegungsabschnitten, die vom Rumpf aus mit der Halswirbelsäule und dem Becken mit den Extremitäten und deren Komponenten zusammenwirken. Übernommen wurde das alte biologische Prinzip  der Franzosen Lamarck und Saint-Hilaire, von dem man glaubte, dass es wahr ist: nämlich dass die Morphologie, als die sichtbare Struktur eines Organs, sich nach der Funktion ausrichte, die es zu übernehmen hat.
Für Brügger war dazu die Einnahme einer aufrechten Körperhaltung ökonomisch wesentlich, weil die Wirkungen der Schwerkraft bei einer gekrümmten Körperhaltung die Strukturen überfordern und Biegespannungen auftreten würden. Diese würden im zentralen Nervensystem einen Gegenzug der Muskulatur auslösen, der die Biegespannungen in Druckspannung umwandelt, welche zu schmerzhaften motorischen Behinderungen führen, den Tendomyosen. Die Schmerzhaftigkeit entstehe durch die noziceptive Aktivierung der neuronalen Matrix für Bewusstsein. Nozizeption  ist ebenfalls ein Begriff von Sherrington, der aus dem lateinischen "nocere" ( schaden ) abgeleitet ist und in der Medizin das Frühwarnsystem beschreibt, wie Wahrnehmung von potentiell schädlichen Reizen durch spezialisierte Zellen überall im Gewebe in das Bewusstsein eintaucht. Diese Entdeckung Sherringtons war bahnbrechend, da sie einerseits die körperliche Entstehung  von schädlichen Reizen beschreibt und andererseits von der bewussten Verarbeitung dieses Reizes durch das Gehirn trennt. Da nach Brügger der Bewegungsapparat die Rolle des Ausführungsorgans spielt, schmerzhafte Bewegungsverluste ihren Ursprung im Nervensystem haben und in Schonprogrammen münden, könne die zugrundlegende Fehlhaltung durch Lernprogramme geändert werden.

Inzwischen dämmerte in vielen ärztlichen Köpfen die Erkenntnis, dass Medizin keine Naturwissenschaft, sondern Wissenschaft von der Natur des Menschen ist. Durch zunehmend ärztliche Fallberichte über Fehlfunktionen wurde evident, dass degenerative, entzündliche oder traumatische Veränderungen im Muskelskelett sehr häufig nicht massgebend sind, um schmerzhafte Bewegungseinschränkungen zu erklären.
Diese Beobachtung schliesst die gleichzeitige Hinzunahme von psychologischen, sozialen und kulturellen Einflüssen auf Gesundheit und Krankheit ein. Die Naturwissenschaften hatten bereits ihr Standardmodell der Teilchenphysik und den vier wechselwirkenden Kräften, während die Biologie die Evolution  und das molekulare Dogma in Zellen als Rahmentheorie, um das Verständnis ihrer ihrer physikochemischen  Vorgänge biomedizinisch  zu umreissen. Das plausibelste Modell eines theoretischen Rahmens für die Medizin kommt aus der allgemeinen Systemtheorie  für den Austausch von Informationen auf jeder Ebene, von der Zelle bis zur Gruppendynamik nach dem Prinzip einer parallelen Verschaltung, nur mittels emergenter Kaskaden. Emergenz  bedeutet, dass das Ergebnis mehr ist, als die Summe der einzelnen Vorgänge.
Die erste Konzeption geht auf den amerikanischen Psychologen G. Engel  zurück, der vorschlug, den Weg von der Biomedizin zur biopsychosozialen Medizin  in die praktische und klinische Tätigkeit der Ärzte zu integrieren. Die Schwierigkeit, die der Normalmediziner damit hat, hängt mit dem nicht vollzogenen Wechsel unserer Denkmuster durch neue Erkenntnisse zusammen. Wer bisher meinte, alles im Körper sei entsprechend der zwangsläufig deterministischen  Vorgänge vorbestimmt, kann durch neue Erfahrungen zu einer offen Weltsicht gelangen und nun meinen: "Ich habe Einfluss auf mein Leben".

So schrieb der Freiburger Weinkenner, Internist und Psychosomatiker Thure von Üxküll  an seinen Schweizer Kollegen Rolf Adler, den weiteren Protagonisten der Theorie der Einheit von Körper und Geist, man habe die Bedeutung der Entdeckung der Beobachters noch nicht begriffen. Wir wollen nicht akzeptieren, dass wir keinerlei Zugang zu einer objektiven Realität haben. Alles, was wir wissen, beruht auf menschlichen Konstruktionen. Ich versuche, von einer Einheit des Überlebens von Organismus und Umwelt auszugehen. Für den Begriff Umwelt greife ich auf die Arbeiten meines Vaters, dem estländischen Biologen Jacob von Üxküll zurück. Auf die einfachste Formel gebracht, handelt es sich um die Feststellung, dass jedes Lebewesen ein beobachtendes System  ist, das seine Umgebung für seine Bedürfnisse und sein Verhalten interpretieren und dementsprechend in Form bringen muss, wenn es überleben will. Daher muss der menschliche Beobachter, der das Verhalten eines anderen Menschen verstehen will, wiederum dessen Interpretation der Umwelt verstehen. Wenn man demnach zu fragen hat, wie denn die Umwelt aussieht, nach dem das Selbst eines Kranken sich und seine Umgebung deuten muss, kann eine strikte Unterscheidung zwischen krank und gesund nicht mehr aufrecht erhalten werden.

Die Kostenträger entdeckten in den 1990er Jahren diesen therapeutischen Ansatz, der sich zudem sportmedizinische Prinzipien zunutze macht und sich nicht nur besonders wirksam für die Behandlung von chronischen Rückenschmerz erwiesen hat, sondern auch nach amerikanischem Vorbild die Krankenakten abgebaut und die Arbeitsfähigkeit aufgebaut hat. Mit dem gerätegeführten Krafttraining zur Wiederherstellung der körperlichen Funktion werde nicht nur Schmerz gelindert, sondern auch die Verringerung der Arztbesuche mit unnötigen oder langwierigen Behandlungen erreicht. Flankierend führten pyschologische Strategien zur Bewertung und Bewältigung biopsychosoial bedingter Fähigkeitsstörungen.
Technische Innovationen und biomechanische Erkenntnisse hatten inzwischen zur Verfeinerung der Methoden von Zander und Ling geführt, um mit wechselnden Widerstanden die Muskeln automatisch anzupassen oder spezifische Muskelgruppen anzusprechen.
Besonders die amerikanischen Gerätehersteller betonten mit gesteigertem Interesse die Notwendigkeit, nicht nur strukturelle Defekte nach Verletzungen oder Operationen, sondern auch chronisch funktionelle Störungen zu behandeln. Die Formel " ein starker Rücken kenne keinen Schmerz ", war zwar erkennbar falsch und biomechanisch gequirlter Unsinn, aber die griffige Propaganda und das maschinelle Trainingsprogramm sollte die Bewegungssteuerung wiederherstellen, die Belastbarkeit durch kontrollierte Bewegungen erhöhen und die Chronifizierung durch Reaktivierung von Muskeln vermeiden oder unterbrechen. Obwohl niemals nachgewiesen wurde, dass ein schwacher Muskel Beschwerden verursacht. Die Kostenträger sahen in diesem einfachen Ursache-Wirkung-Konzept die Möglichkeit zum Handeln und übernahmen grosszügig Krankengymnastik am Gerät.  Psychologen entwickelten zusammen mit Schmerztherapeuten multimodale  Strategien: die Kombination von biomedizinischer Behandlung der erkennbar körperlichen Defekte mit Medikamenten oder Operationen, physiotherapeutischer Bewegungsableitung, psychotherapeutischer Hilfe zur Vermeidung der Bewegungsvermeidung, Nachhilfe in ergonomischen Alltagsbewegungen und Achtsamkeit auf den Körper und Umwelt zur Vermeidung von Stress. Besonders das Göttinger Intensivprogramm ( GRIP ) hat hierzulande an der Verbreitung beigetragen, wobei anzumerken ist, dass der Göttinger Anästhesist und Schmerztherapeut Hildebrandt als Initiator dem Gerätetraining mehr als kritisch gegenüberstand: " Hilfe! Wir werden von der Kraftmeierei angesteckt!".

Damit steht die übermäßige Spezialisierung auf Geräte in der Kritik. Die isolierten Bewegungen an Geräten spiegeln weder alltags-, noch sporttypische Bewegungsmuster wider. Warum soll man sich an die Geräteführung anpassen, wenn diese im alltäglichen Zusammenspiel mehrerer Muskelgruppen und deren Bewegungskontrolle keine Relevanz hat. Weil die Übertragung der an Geräten entwickelten Kraft auf vielseitige Bewegungen wie Treppensteigen und Heben ziemlich eingeschränkt ist. Zudem nehmen Geräte die wichtige Aufgabe der Stabilisation ab, sodass intermuskuläre Koordination und propriozeptive Fähigkeiten unzureichend geübt werden. Die quere Rolle der Kraftübertragung der Faszien wird gar nicht berücksichtigt. Aber positive Effekte wie die Ausschüttung von Belohnungshormonen und Rückkehr der Körperkontrolle sind dagegen ein therapeutischer Gewinn, allerdings nur dort, wo der Kontrollverluste die chronische Beschwerden beherrscht.
 

Freie gymnastische Übungen fördern dagegen vielseitige Bewegunsmuster unter gleichzeitiger Eigenwahrnehmung, die direkt auf den Alltag übertragbar sind, wie Heben, Drehen, Aufstehen oder Balancieren. Funktionelle Kraft und Koordination werden gleichzeitig trainiert. Zudem erfordern freie Übungen die Stabilsierung von Kopf bis Fuß durch das gesamte Muskelskelett. Die Eigenwahrnehmung des Körpers, die Propriozeption ist wichtig für die Fähigkeit, auf instabile oder unerwartete Belastungen zu reagieren. Dieses ist besonders wichtig in der Rehabilitation, um Rückfälle zu vermeiden. Allerdings ist die exakte Dosierung von Widerständen schwieriger. Was in frühen Reha-Phasen problematisch sein kann, wenn das geschädigte Gewebe nur geringe Belastungen toleriert. Da freie Übungen eine korrekte Technik und ein gewisses Maß an motorischer Kontrolle erfordern, eignen sich entsprechende Übungen erst in späteren Reha-Phasen.

In der Rehabilitation ist die Kraftausdauer, also die Föhigkeit über längere Zeit eine ordentliche Kraftleistung zu erbringen, wichtiger als die Maximalkraft. Denn der Alltag erfordert beim Gehen, Heben und Treppensteigen viele wiederholte Bewegungen mit moderaten Kräften und keine maximalen Anstrengungen bis zur Verausgabung. Funktionelle Bewegungen sind oft eine Kombination aus Kraft, Ausdauer und Koordination, die nicht durch Pumpen im Maximalkrafttraining erreicht wird. Damit ist die Kraftausdauer die Grundlage für eine nachhaltige Wiederherstellung der Belastbarkeit des Muskelskeletts, gleichgültig ob die Störung der muskulären Ansteuerung durch einen Gewebedefekt oder durch Fehlanpassung ausgelöst wurde. Zudem birgt ein Krafttraining mit hohen Lasten und wenigen Wiederholungen ein hohes Risiko für lokale Überlast und Verletzungen, insbesondere bei geschwächtem Gewebe im Kokontraktions- oder Hemmungs-Erregungs-Zustand. In der Rehabilitation sind beide Methoden individuell einsetzbar und können je nach Phase und Ziel individuell kombiniert werden.

 

Wenn Muskelkraft oder Kontrolle eingeschränkt ist, können Schutzreaktionen vorliegen. Das Nervensystem bremst bestimmte Muskeln ab, etwa den Oberschenkelmuskel bei Knieschäden. Dies ist zunächst ein sinnvoller Schutz, kann aber zu lange anhalten. Es ist, als würde der Organismus eine Sicherung herausdrehen. Das feine Gitternetz aus Bindegewebe, die Faszien, wird weniger geschmeidig. In der Rückmeldung arbeiten die tiefen Rückenmuskeln nicht mehr optimal gegenläufig zusammen, woraus zusätzlich asymmetrische Verspannungsketten  von Kopf bis Fuß entstehen. Daraus entwickelt sich eine besondere Art der Reizflut: die feinen Nervenenden im Geweben setzen Schmerzchemie frei, was zu Schwellung und weiteren Entzündungsreaktionen führt. Das Gewebe wird überempfindlich und schlecht durchblutet.
 

- Eine feingewebliche Entzündung durch myofasziale  Dysfunktion  muss ganzheitlich behandelt werden, während eine aktivierte Arthrose  oft gut durch örtliche begrenzte Behandlung der Entzündung entlastet wird. Die Therapie der rheumatoiden Arthritis  ist wegen der immunologischen Natur der Entzündung nicht lokal begrenzt, deshalb wirkt die systemische Medikation nicht sofort für ein Gelenk entlastent. Frauen sind im Vergleich zur Bevolkerung frühzeitig zu 2,5 %, Männer zu 1% von dieser Immunkrankheit betroffen, ab den Wechseljahren kommt so ein Schub 4 bis 5 mal häufiger als Männer.
Die Geschlechtsverteilung der aktivierten Arthrose  in der täglichen Versorgung ist dagegen anders auffällig: Frauen sind 2-3 mal häufiger als Männer und besonders deutlich bei Knie- und Fingergelenken ab dem 60ten Lebensjahr betroffen. Bei Hüftgelenken ist im gleichen Jahrgang der Unterschied geringer, während der Umbau der Wirbelgelenke an den Übergängen zum Becken und zum Hals annähernd gleich verläuft, aber schon ab dem 30. Lebensjahr zu 30 % beobachtbar ist.
Bei der aktivierten Arthrose entsteht die Entzündung primär durch mechanische Überlastung des bereits umgebauten Gelenks. Der Umbau selbst ist tatsächlich zunächst eine gutgemeinter Anpassungsversuch des gesamten Organismus für die lokale Ebene. Dies kann anfangs funktional sein, denn über Alarmsignale in der Propriozeption, also der Eigenwahrnehmung über die Gelenkpositionen in jeder Situation, versucht das System Mensch die Instabilitäten auszugleichen, was im Laufe der Zeit über Auf- und Abbau von Knorpelzellen zur strukturell Verbreiterung der Gelenkflächen führt und morphologisch erkenn bar ist. Solange das Muskelskelett die tägliche Belastung bei Arbeit, Sport und Spiel ausgleichen kann, bleibt die Situation stabil. Problematisch wird es erst, wenn der Umbau zu stark wird und die Beweglichkeit einschränkt.
Die Aktivierung tritt oft erst ein, wenn die Fähigkeit zur Kompensation überfordert wird und zusätzliche Faktoren wie hormoneller Stress, überzuckerte Ernährung oder Unfälle die neuromuskuläre Steuerung stören. Dann schütten die Gewebe der Innenseite der Gelenkkapsel reichlich Entzündungschemie aus, während die Produkte des Knorpelabbaus den Prozess noch triggern

 

 

- Wie alle Zellen, wird mit der Zeit auch die Zelle des Bindegewebes alt. Das heisst, der Fibroblast  hört auf sich zu teilen. Da nur die Krebszellen unsterblich sind, muss in dem Mechanismus des Zellalterns  das biochemische Geheimnis der Alterssteife verborgen sein. Eingeweihte Kreise sprechen von replikativer Seneszenz., wobei die Anzahl der alternden Zellen im Gewebe während der normalen Alterung ansteigt. Da diese Zellen noch ihren Stoffwechsel beibehalten, wirken sie immunreaktiv und entzündungsfördernd.
Bei jedem Zellzyklus, der mit Fibroblasten bis zu 50mal stattfinden kann, verkürzen sich beide Endstücke unserer Chromosome, die Telomere, stückchenweise, wodurch die Anzahl der Zellteilungen begrenzt wird. Diese Verkürzung der Telomere trägt zur Dysfunktion des Gewebes und damit zu chronischen Krankheiten und Zelltod bei.

- Es ist jedoch, Evolution sei Dank, nicht alles in den Genen festgelegt und nicht alles gleich, bloß weil es so ähnlich erscheint. Preisgekrönte Forscher zeigen auf ein Enzym, Telomerase  genannt, dass gar nicht vorzeigbar ist, aber die Länge der Endstücken an unseren Genen kontinuierlich wieder herstellt und damit die Erbinformation bei Verdopplung der DNA während der Zellteilung erhält. Tatsächlich geht chronischer Stress mit kürzeren Telomeren einher, während regelmäßige körperliche Aktivität mit längere Telomeren korreliert. Auch ruhiger Schlaf und Mittelmehrkost zeigen parallele Zusammenhänge. Allerdings variieren die Messmethoden, die Informationen in den Genen selbst spielen ein wichtige Rolle und die Ursache-Wirkung- Logik ist in der Biologie zweifelhaft.
Während die Funktion der Telomerase gut belegt ist, bleibt unklar, womit wir wirksam unser Leben ändern sollen, um die Telomete bei Länge zu halten. Bis dahin helfe eine alte Glücksbotschaft erstmal weiter: Laute Menschen in grossen Dieseln meiden, denn die machen nur Verdruss. Frieden mit dem Nachbarn schliessen. Viel vornehmen aber wenig machen und das Wenige bis zum Ende erledigen. Zügig und kontinuierlich in frischer Luft bewegen. Zwei Tüten Gemüse amTag ist Pflicht, aber tolerant sein, wenn man uns Hühnchenfleisch auf den Teller legt. Der Wein kommt nicht weg, den trinken jetzt andere. Falls noch jemand kommt.

 

 

 

.....wird fortgesetzt und noch geordnet....

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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